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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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Rauchwolke seines Pfeifentabaks schauten sie sich dann in die Augen und lächelten verhalten. Es war eine Art stillschweigendes Einverständnis, das Vater und Tochter in den letzten Wochen des Jahres 1812 immer fester miteinander verband. Alles andere als erfreut, dass seine seit Jahren abwesende Tochter so unerwartet und überraschend, dafür schwanger, bei ihm Zuflucht suchte, begann sich Prohaska im Lauf der Zeit ganz allmählich und sehr vorsichtig auf sein Enkelkind zu freuen. Mittlerweile war er regelrecht vernarrt in die kleine Friederike.
    Auf Zehenspitzen näherte sich Eleonora der hölzernen Wiege. Kein Laut war bislang aus den Kissen zu ihr gedrungen. Vorsichtig lüpfte sie den leichten Mousselinevorhang, der das Kind vor Sonne und lästigen Fliegen schützte. Dieser Betthimmel war ein Geschenk von Marie und Heinrich gewesen. »Eine Prinzessin braucht auch einen schützenden Schleier«, hatte Heinrich gebrummelt, als er das selbstgeschmiedete Gestell am Kopf der Wiege anbrachte.
    Friederike Ulrika schlief tief und fest, das Köpfchen auf die Seite gedreht, beide Ärmchen entspannt nach oben gestreckt. Eleonora steckte den Zeigefinger in die rosige rechte Faust. Sekundenschnell schlossen sich deren winzige Finger darum. Ein erstaunlich fester Griff. »Du wirst dir nichts so schnell aus den Händen nehmen lassen«, flüsterte Eleonora und lächelte. Ein Gefühl wohliger Wärme durchströmte sie. Bislang hatte sie nicht viel für ihre kleine Tochter empfunden. Selbstverständlich fühlte sie sich verantwortlich. Wenn sich der Vater nicht zu seinem Kind bekannte, musste sie eben alleine für Rieke da sein.
    Rieke? Es war das erste Mal, dass Eleonora sie so nannte. Aber klang es nicht viel liebevoller und zärtlicher als das lange, sperrige, schwierig auszusprechende Friederike Ulrika? Ganz bewusst hatte sie sich aber für diese beiden Vornamen entschieden. Ihre Tochter war nach der Schwester von Friedrich dem Großen und nach der jüngeren Schwester der schönen, tugendhaften Königin Luise getauft worden.
    »Gute Wahl, auch wenn Friederike etwas leichtlebig ist«, lautete der brummelige Kommentar ihres Vaters.
    Gerade darum. Es war auch eine Reminiszenz gegenüber der unvergessenen Gräfin Dorothea. Aus ihrem Faible für die skandalumwitterte Schwester der tugendhaften Luise hatte diese niemals ein Hehl gemacht. »Sie ist charmant, sie ist klug und überaus schön und vor allen Dingen echt.« Als die Gerüchte einer Affäre zwischen ihr und Prinz Louis Ferdinand bis zum Sophienhof drangen, lachte sie nur. »Da haben sich die beiden Richtigen gefunden. Endlich einmal ein Hohenzoller, der nicht ennuyant ist. Also, wenn ich jünger wäre …«
    Es war der Schrei ihrer Tochter Friederike, der Eleonora in die Gegenwart zurückholte. Sie zuckte zusammen und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. Weit, weit weg war sie soeben mit ihren Gedanken gewesen. Wie lange lag es zurück, dass sich Alexander und sie zufällig wieder über den Weg gelaufen waren? Daran wollte sie nicht mehr denken.
    Sie saß in der Schlafkammer auf dem Hocker vor der Kommode, die ihr auch als Wickeltisch diente. Ihr Vater hatte ihr einen kleinen runden Spiegel darüber angebracht.
    »Nicht ganz so feudal wie bei Grafens, aber ich weiß doch, wie gerne ihr Frauenzimmer in den Spiegel schaut«, hatte er verlegen gesagt.
    Eleonora betrachtete ihr eigenes Spiegelbild. Wie schmal sie geworden war, fast schon hager.
    »Du musst essen, essen, du musst jetzt für zwei essen«, predigte ihr Marie jeden Tag. »Deine Rieke hat einen gesegneten Appetit. Wenn es so weitergeht, saugt sie dir noch das ganze Leben aus dem Leib. Willst du es nicht langsam mit ein bisschen Haferschleim versuchen?«
    »Ach, Marie, solange ich stillen kann, werde ich mein Kind stillen«, erwiderte Eleonora. »Es gibt nichts Besseres und Gesünderes als Muttermilch. Das hat Gräfin Dorothea auch immer gesagt.«
    »Ach, du und deine geliebte Gräfin Dorothea«, zog Marie Eleonora immer auf, wenn diese von ihrer einstigen Gönnerin schwärmte.
    »Ich habe ihr viel zu verdanken«, erwiderte Eleonora dann ernst. Das entsprach nun einmal den Tatsachen. Ohne die Fertigkeiten und Kenntnisse, die diese ihr im Lauf der Jahre vermittelte und ermöglichte, hätte sich Eleonora niemals so gut im großen Berlin und seiner Umgebung durchschlagen und über Wasser halten können. »Um in dieser schäbigen Kate zu landen«, murrte sie und schlug sich im gleichen Moment beschämt auf den

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