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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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hatte. Nach dem Abendessen erging sich die Hofgesellschaft noch in einer kleinen Promenade draußen im Park, ehe in das Schreibzimmer der Königin gebeten wurde, wo ein altes Hammerklavier stand.
    Es war eine so intime familiäre Atmosphäre, dass Eleonora völlig unbefangen auftrat. Sie hatte mit Balduin Schilling ein kleines Programm zusammengestellt. Es lehnte sich vorwiegend dem Vorbild der »Weberschen« an. So erinnerte man sich in Musikerkreisen der beiden Schwestern aus Mannheim, die in Mozarts Leben eine wichtige Rolle spielten, Konstanze, die Ehefrau, und Aloysia, die begnadete Sängerin, zeitweilige Geliebte und Schwägerin zugleich. Nach dem viel zu frühen Tod ihres »Wolfers« sah sich die junge Witwe gezwungen, mit ihrer Schwester auf Tournee zu gehen. Die beiden jungen Frauen hatten dabei einige gesangliche Preziosen zum Besten gegeben, die nun Eleonora vortragen wollte.
    Kapellmeister Himmel schaute sehr skeptisch, als Eleonora ihm die Noten aus
La Clemenza di Tito
und
Idomeneo
vorlegte. Etwas zögerlich begann er ein paar Läufe auf dem an der Wand stehenden Hammerklavier zu spielen und verzog schmerzlich das Gesicht.
    »Jaja, ich weiß, es muss unbedingt neu gestimmt werden«, meldete sich Königin Luises helle Stimme aus dem Hintergrund. »Ich verspreche Ihnen, bei Ihrem nächsten Besuch wird es frisch gestimmt sein.«
    Wer war mit diesem Versprechen gemeint? Eleonora hatte nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, denn Friedrich Heinrich Himmel begann schon mit dem Auftakt ihrer ersten Arie. Fast automatisch setzte Eleonora ein. Etwa eine Stunde sang sie so Arie auf Lied, als Reminiszenz an ihren alten Meister eine kleine Canzone von Farini, gefolgt von einem besinnlichen Kirchenlied. Es war nur ein kleines, aber umso illusteres Publikum, das Eleonoras Darbietung genoss, absolut konzentriert, zum Teil mit großer Kennerschaft.
    Inzwischen war es dunkel geworden. Auf Zehenspitzen schlichen sich zwei Diener herein, um diskret die an den Wänden hängenden Kerzenleuchter zu entzünden. Einer pirschte sich an die beiden Musizierenden heran und stellte vorsichtig einen sechsarmigen Leuchter auf das Klavier. Himmel nickte dankend und spielte weiter.
    Eleonora beschloss ihren Vortrag mit einem schlichten Abendlied von Paul Gerhard. »Nun ruhen alle Wälder« passte vielleicht noch nicht so ganz in die Jahreszeit, aber in die Stimmung dieser Abendstunde. Der letzte Ton verklang. Kapellmeister Himmel nahm die Hände von der Tastatur und legte sie in den Schoß. Eleonora neigte den Kopf und verharrte ehrerbietig in dieser Stellung. Sekundenlang herrschte absolute Stille, ehe Beifall geklatscht wurde. Kein frenetisches Händeklatschen, sondern ein diskretes Applaudieren. Eleonora hob den Kopf und schaute in die überschaubare Runde ihrer vornehmen Zuschauer. Da kam Königin Luise auf sie zugeeilt. Ehe sie sichs versah, fühlte sie sich umarmt, von zarten, aber dennoch kräftigen Armen umfangen und an sich gezogen.
    »Ma chère Demoiselle Prohaska, Sie haben mir mit Ihrem Liedvortrag eine große Freude bereitet, ich bin zutiefst berührt«, rief die junge Königin. Sie küsste Eleonora links und rechts auf die Wangen. Sie schien wirklich sehr angetan. Zum ersten Mal nahm Eleonora bewusst die süddeutsche Sprachmelodie wahr. In Momenten der emotionalen Berührung klang bei Königin Luise das liebenswerte Darmstädter Hessisch immer noch durch.
    Über die Schulter der Königin hinweg bemerkte Eleonora das Gesicht der Gräfin von Voss, die dieses Intermezzo mit einem Ausdruck tiefster Missbilligung beobachtete. Das war wohl wieder einer dieser spontanen Auftritte ihrer geliebten Königin, der ihr, weil überhaupt nicht comme il faut, fast körperliches Unbehagen bereitete. Gleichzeitig beobachtete Eleonora aber auch, wie Gräfin Dorothea begütigend ihre schmale Hand auf den Arm ihrer Freundin legte, sich zu ihr neigte und ihr etwas zuflüsterte. Gräfin Sophie Marie von Voss lauschte. Schließlich glitt ein erst zögerliches, aber dann umso entspannteres Lächeln über ihr Gesicht. Zu gerne hätte Eleonora jetzt erfahren, was Gräfin Dorothea da geflüstert hatte. Wie vertraut die beiden miteinander wirkten. Nun ja, sie verband eine mittlerweile über vierzig Jahre währende Freundschaft.
    »Kommen Sie, Demoiselle Prohaska, Sie müssen sich jetzt stärken«, forderte Königin Luise sie auf. »Sie sind doch bestimmt völlig erschöpft und durstig nach diesem Auftritt. Wie wäre es mit einem Gläschen

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