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Flamme der Leidenschaft - Roman

Flamme der Leidenschaft - Roman

Titel: Flamme der Leidenschaft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Eva Malsch
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Bühne ging. Wahrscheinlich ein halbwüchsiger Bühnenarbeiter, der vor der nächsten Darbietung die Rampenlichter justierte …
    Doch sie wandte sich zum Zuschauerraum, und der Lichtschein fiel auf ein erstaunlich charaktervolles Gesicht, das man diesem zarten Körper nicht zugetraut hätte.
    Nein, das war kein Junge, sondern eine weitere Sängerin, die sich um ein Engagement bemühte. Sie hatte schwarzes Haar, schwarze Augen, eine helle, in der Beleuchtung sogar fahle Haut und ebenmäßige Züge. Bei einer anderen Frau hätten sie hübsch gewirkt. Aber dieses Wort genügte nicht, um den Eindruck zu beschreiben, den Charles gewann. Was ihn verblüffte, war die innere Kraft, die das schmale Gesicht ausstrahlte.
    Herausfordernd stand sie da, während ihr Blick blindlings über die Zuschauerreihen schweifte. Durch das Rampenlicht suchte sie ihr Publikum - ein kühnes Unterfangen. Sie trat vor und erhob sich auf die Zehenspitzen. Um zu fliehen oder anzugreifen? Das erriet Charles nicht.
    Am Proszenium hielt sie inne. Der schwarze Schal glitt
von ihren Schultern und enthüllte ein schlichtes, braunes Kattunkleid. »Soll ich anfangen?«, rief sie.
    Erstaunt vernahm Charles den makellosen Akzent. Das ist gewiss keine Lady, entschied er und neigte sich unwillkürlich vor.
    »Ja, natürlich, meine Liebe«, antwortete Mr Larson.
    »Wer ist das?«, flüsterte Charles.
    Mr Larson inspizierte das Blatt Papier im Schoß seines Sekretärs, der an seiner anderen Seite saß. »Moment mal, Sir - Margaret King. Hier steht, sie habe vor vier Jahren schon einmal vorgesungen. Aber ich erinnere mich nicht an sie. Damals muss sie noch ein Kind gewesen sein. Sie sagt, seither sei sie in diversen Varietés aufgetreten. Perle Blanc bürgt für ihre Integrität.«
    Überrascht hob Dines die Brauen, und Charles las die Gedanken des Gentleman. Perle Blanc war der unangefochtene führende Sopran am Covent Garden, so berühmt wie La Grisi und Madame Viardot in ihren Glanzzeiten und so eitel wie alle Primadonnen. Wieso setzte sie sich für eine gewöhnliche, mindestens zehn Jahre jüngere Varietékünstlerin ein?
    Das Mädchen starrte in die ungefähre Richtung der Zuhörer und kündigte an: »Nun werde ich die Arie der Odabella aus dem Prolog von ›Attila‹ singen.«
    Interessant, dachte Charles. Seit Jahren war »Attila« nicht mehr in London aufgeführt worden, obwohl dieses Werk von Verdi stammte. Und in diesen Tagen betrachtete man alles, was jemand anderer komponiert hatte, nicht einmal als Oper. Noch ungewöhnlicher fand er die Wahl des
Odabella-Parts. Für solche Arien entschieden sich die Sängerinnen nur selten, da sie entweder naiv oder extravagant erscheinen wollten. Zurzeit waren diese beiden Qualitäten besonders beliebt.
    Sekundenlang schloss Margaret King die Augen und holte tief Luft, um sich zu konzentrieren. Als sie die Lider wieder hob, zeigte ihr Blick einen intensiven, stechenden Ausdruck. Dann begann sie unvermittelt zu singen. Der erste Ton klang so klar und kraftvoll, dass ein Schauder über Charles’ Rücken rann. Mühelos konnte er sich vorstellen, diese junge Frau wäre den Hunnenhorden auf einem Schlachtfeld entgegengetreten, ein Schwert in der Hand, die Stirn kampflustig gerunzelt. Auch jetzt, in der Niederlage, stand sie erhobenen Hauptes vor dem barbarischen König und verachtete die Frauen, die sich hinter ihren Männern verschanzten, statt ihre Häuser und Kinder zu verteidigen. Eine exzellente Schauspielerin. Perfekt …
    Genau die Person, die er suchte.
    Sie besaß keine bemerkenswerte Stimme. Vor schwierigen Passagen musste sie das Tempo verlangsamen, ihrer Mittellage fehlte es an Durchschlagskraft. Trotzdem pochte Charles’ Herz schneller, als sie den unsichtbaren Attila herausfordernd anstarrte. Dieser Vortrag durfte noch nicht verhallen. Automatisch erinnerte er sich an die Antwort des Hunnenkönigs und stand auf. Was er tun musste, um die einzigartige Darbietung zu verlängern, wusste er.
     
    Am Ende der Arie legte Maggie alle ihre Gefühle in die letzten Takte, dann verstummte sie. Erst jetzt merkte sie, dass
sie die Hände geballt hatte, einen Arm über dem Kopf erhoben. Zu ihren Füßen lag der schwarze Schal. Sie bückte sich, wollte ihn aufheben. Da durchbrach eine sonore Männerstimme die tiefe Stille.
    » Bella è quell’ira, o vergine … «
    Attilas Antwort auf Odabellas Kampfansage … Offenbar war das kein professioneller Sänger, das stellte sie sofort fest. Aber in seiner Stimme schwangen

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