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Flamme der Leidenschaft - Roman

Flamme der Leidenschaft - Roman

Titel: Flamme der Leidenschaft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Eva Malsch
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wo ich bin«, seufzte sie schweren Herzens.
    Giles zuckte mit den Schultern, ärgerlich über ihr Desinteresse an der Rolle, die er bei der Blumenübergabe gespielt hatte. »Vermutlich. Falls er Parks’ Laufburschen gesagt hat, was er mir ausrichten soll.«
    Wie war das möglich? Die Leute, die Lord Edgingtons Kutsche am Covent Garden und in St. Giles gesehen hatten, wussten nicht, wer er war und dass er dieses Haus besaß. Es sei denn, jemand hatte die Kutsche verfolgt. Besonders schnell waren sie nicht gefahren. Bei dem Tempo hätte jeder gesunde Junge mithalten können. Ihre Nackenhaare prickelten. Meistens merkte man nicht, wenn man beobachtet
wurde. Das wusste sie nur zu gut. Und doch, in diesem Moment …
    Sie trat ans Fenster und zog den Vorhang beiseite. In dieser Straße standen die Gaslampen dicht beisammen, dunkelbrauner Nebel umwallte die hohen dunklen Pfosten. Nur die Männer, die gerade von der Arbeit nach Hause kamen, zwei Einspänner und ein halbes Dutzend Gents mit Hüten und Mänteln ließen sich blicken. Aber Maggies Aufmerksamkeit galt einer kleinen, schäbigen Gestalt an der Straßenecke, in einer übergroßen Jacke, die fast bis zum Boden reichte. Über der Schulter lag ein Besen. Ein Stra ßenkehrer? Einer von Dannys Handlangern? Wer konnte es sich in diesen Tagen leisten, nicht für ihn zu arbeiten? Der Kopf des Kindes wandte sich in ihre Richtung. Sekundenlang hätte sie schwören können, der Junge würde das Haus des Barons eingehend mustern. Dann kehrte er ihr den Rücken.
    »Halt dich von Danny fern, hörst du, Giles?«, befahl sie und ließ den Vorhang los.
    »Ja, Mum«, antwortete er gleichmütig. Dass man nirgendwo in London vor Danny sicher war, wenn er es ernsthaft auf einen abgesehen hatte, wusste er ebenso gut wie Maggie. Sie hatte gehofft, in Lord Edgingtons Haus drohte ihr keine Gefahr. Offensichtlich war das ein Irrtum.
    Plötzlich erschien ihr das Schlafzimmer eher grotesk als geschmacklos. Sie sehnte sich nach ihrer vertrauten Umgebung in der Church Lane zurück. Dort wusste sie, welche Geräusche Gefahren ankündigten, und sie konnte den Lärm des Straßenverkehrs identifizieren, wie ein alter Seebär,
der einen Wetterumschwung in seinen Knochen spürte. Aber diese Vertrautheit war trügerisch, nur eine Illusion ihrer Sicherheit. Vorerst durfte sie sich nicht mehr in die Nähe ihrer Freunde wagen. Wenigstens würde ihnen nichts zustoßen, wenn Danny über sie herfiel.
    Bei diesem Gedanken wandte sie sich wieder zu Giles. »Geh jetzt nach Hause.«
    Sorgsam wischte er den Rest der Bratensauce mit einem Stück Brot vom Teller und schob es zwischen die Zähne. »Ja, Mum«, wiederholte er mit vollem Mund und kaute genüsslich. »In St. Giles soll es eine neue Kneipe geben. Da will ich rechtzeitig hin. Mal sehen, ob ich was abstauben kann.« Zufrieden tätschelte er seinen Bauch und schlenderte zur Tür hinaus.
    Könnte sie doch seine Nonchalance teilen … Ohne den geringsten Hunger zu verspüren, starrte sie den leeren Teller an. Was mochte Danny von ihr wollen? Vermutlich alles . Was immer er von ihr verlangte - zweifellos hing es mit dem Leben zusammen, das sie vor vier Jahren, in jener Nacht auf der Brücke, beendet hatte. Jene Zeiten, erfüllt von Diebereien und Verzweiflung, gehörten zu einer Vergangenheit, in die sie niemals zurückkehren würde.
    Langsam ging sie zu ihrem Bündel, das auf dem Bett lag, und wickelte es auseinander. Dann trug sie ihre Sachen in die Ankleidekammer. Ihr Kleid vom letzten Jahr, die beiden Hemden zum Wechseln und die drei Unterröcke - im Augenblick trug sie keinen - bildeten ihre gesamte Garderobe, abgesehen vom Little-Peg-Kostüm, das sie nicht mitgenommen hatte. In dem riesigen Schrank füllten sie nicht
einmal ein einziges Fach. Ihren alten Schildpattkamm, die passende Bürste und die Haarnadeln verstaute sie in einer Schublade des Toilettentisches, auch die Halskette aus Schmelzfarbglas, die ihr einer von Little Pegs Bewunderern geschickt hatte. Jetzt lag nur noch die dumpf schimmernde Pistole in der Mitte des Schals.
    Maggie griff danach. Schwer und beklemmend lag die Waffe in ihrer Hand, der Perlmuttgriff fühlte sich kalt an. Sie wollte den Revolver in das Schubfach des Sekretärs in ihrem Schlafzimmer legen. Doch sie besann sich anders und schob ihn unter die Rosshaarmatratze des Betts - in Reichweite, damit sie ihn notfalls sofort hervorziehen konnte. Schon längst hätte sie ihn verkaufen sollen. Aber seit sie Johnny in jener Nacht

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