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Flamme der Leidenschaft - Roman

Flamme der Leidenschaft - Roman

Titel: Flamme der Leidenschaft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Eva Malsch
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edler Pferde übergegangen. Der gesamte Grundbesitz gehörte unwiderruflich ihm, aber alle Häuser - für fünf oder zehn oder neunundneunzig Jahre vermietet - waren mit Krediten gebaut, die Mieteinnahmen waren schnell vergeudet worden. So hatten die finanziellen Verpflichtungen der Baronie schwindelerregende Höhen erreicht. Nun blieb ihm nur eine einzige Möglichkeit. Er musste noch mehr Häuser bauen, die neuen Einnahmen nutzen, um alte Schulden zu begleichen, und seine Ausgaben in vernünftigen Grenzen halten, ohne dass neugierige Beobachter irgendwelche Probleme registrierten. Zum ersten Mal seit mehreren Generationen überstiegen die fabelhaften Ausgaben des Edgington-Landguts die fabelhaften Einnahmen. Stein um Stein hatte Charles das Wrack des Familienvermögens wiederaufgebaut. Er brauchte keine kostspieligen, Kräfte raubenden Verwicklungen, sondern Klarheit, Entschlossenheit, Integrität. Wenn er das alles zu einem erfolgreichen Ende brachte, durfte er hoffen, sein Selbstwertgefühl zu retten. Denn er fürchtete, es war ihm irgendwann zwischen der Schulzeit und dem Antritt seines Erbes abhandengekommen, und er wusste nicht, wie man zu sich selbst fand.
    Als er diese Gedanken beendete, tauchte das Tor von Edgington House vor ihm auf. Isoliert stand es im Rest des einstigen Parks, umgeben von den Villen und glitzernden Vergnügungstempel der Reichen. Die großen Ländereien der Edgingtons lagen in Lancashire. Doch die Familie hatte
die Londoner Ausschweifungen dem gesünderen ländlichen Lebensstil vorgezogen. Deshalb hatte dieses Herrschaftshaus dem ursprünglichen Familiensitz schon vor langer Zeit den Rang abgelaufen.
    Der Pförtner lief herbei. Knarrend schwang das Tor auf. Am Ende der Zufahrt polterte die Kutsche die Brücke entlang, die den Fluss überspannte, und folgte der Eibenallee. Feiner Kies knirschte unter den Rädern. Auf dem Gipfel eines Hügels ragte das Haus empor, die Seitenflügel umschlossen einen gepflasterten Hof. Die Kalksteinfassade, ein grandioses barockes Kunstwerk, pulsierte hinter den wechselnden Farben der Nebelschleier. Vom Grünspan befleckt, der vom Kupferdach herabgekrochen war, wirkte der Bau ätherisch und zugleich streng in seinen klaren Linien.
    Zu antiquiert, nannte Charles’ Mutter das Haus und rümpfte die Nase angesichts der alten Gemälde und Gobelins, die immer noch zahlreiche Wände schmückten. Und zu kalt, was zweifellos zutraf. Sogar im Hochsommer, wenn ganz London schmachtete und die Themse von den Ufern zurückwich und stinkenden Schlamm entblößte, loderten Flammen in den Kaminen des Edgington House. In den Räumen mit den hohen Decken strahlten die Mauern die Kälte von Jahrhunderten aus.
    Die Hufe klapperten auf dem Kopfsteinpflaster des Hofs. Dann hielt die Kutsche vor der geschwungenen Eingangstreppe, über der die Doppeltür fest geschlossen war, wie die verkniffenen Lippen eines alten Mannes. Charles stieß den Wagenschlag auf und sprang leichtfüßig hinaus.

    Ungeduldig, hörte er in Gedanken seine Mutter tadeln. Würdelos. Welche Sünden ihre Kinder begingen, schien sie nicht zu bekümmern, solange dies alles würdevoll geschah.
    Er stieg die Stufen hinauf. Noch bevor er den Treppenabsatz erreichte, schwangen die Türflügel auf. Seine Mutter trat heraus, gefolgt von den beiden Gesellschafterinnen in ihrem ewigen schwarzen Bombasin, mehreren aufgeregten Dienstmädchen und zwei Lakaien, die vergeblich den Eindruck zu erwecken suchten, sie hätten die Tür so schnell geöffnet.
    »Charles!«, rief sie und eilte ihm auf der Treppe entgegen.
    »Mutter«, erwiderte er und musterte sie kühl. Früher war sie die »liebe Mama« gewesen, immer freundlich, wenn auch geistesabwesend, stets bereit, ihre Sprösslinge in parfümierten Umarmungen zu herzen, zu lachen, den kindlichen Nöten zu lauschen und Mitgefühl zu bekunden, Trost zu spenden und das Leid mit Süßigkeiten zu lindern. Doch dann hatte er das Internat in Rugby besucht. Jedes Jahr, wenn er die Ferien daheim verbracht hatte, war sie ihm verändert erschienen. Allmählich ging das Gelächter in Klagen über, die Umarmungen wurden von Nörgeleien oder Ratschlägen begleitet. Die kleinen Geschenke hatten sich in Bestechungen verwandelt, um Lady Edgingtons Hoffnung auszudrücken, er würde »oft an seine liebevolle Mutter denken«. Jetzt wurde ihm beim Anblick der vogelartigen, plappernden Frau bewusst, dass er sie zwar liebte, aber längst aufgehört hatte, sie zu mögen.
    »Wo warst du denn,

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