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Flamme der Leidenschaft - Roman

Flamme der Leidenschaft - Roman

Titel: Flamme der Leidenschaft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Eva Malsch
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die Unterröcke. Dann streifte sie das Kleid über den Kopf, das Madame Rochelle ihr nur als Notlösung aus Gründen der Schicklichkeit überlassen hatte. Als sie die Treppe hinabstieg, wehte ein grober Halbwollstoff um ihre Fußknöchel. Erwartungsvoll betrat sie den Salon, um den Neuankömmling zu begrüßen.
    Zu ihrer Erleichterung hatte man die Staubtücher entfernt, der Raum wirkte ganz anders als am vergangenen Abend. Trotzdem schien sich immer noch ein Geist des Barons
darin aufzuhalten. Eine junge Frau stand von einem Stuhl mit gerader Lehne auf und stellte sich vor. Wie Maggie erfuhr, war ein »Chaperon« die höfliche Umschreibung einer Gouvernante, die ihr Manieren beibringen sollte.
    »Soviel ich weiß, stammen Sie aus einfachen Kreisen und sollen in die Gesellschaft eingeführt werden«, begann Miss West freimütig, aber liebenswürdig und streckte ihre Hand aus. Offensichtlich eine kluge junge Dame.
    Maggie musterte sie, schätzte den Wert ihrer Kleidung ein und gelangte zu einer respektablen, aber nicht zu hohen Summe. »Ja, das stimmt«, bestätigte sie vorsichtig und schüttelte ihr die Hand.
    »Nur keine Bange, Miss King. Meine Agentur ist darauf spezialisiert, Frauen und Töchter von Gentlemen auszubilden, die plötzlich in höhere Gesellschaftskreise emporgestiegen sind. Darin bin ich wirklich geübt.«
    Ohne weitere Umschweife packte Miss West ihren Koffer aus und erläuterte die Einzelheiten des Unterrichts. Ihre Schülerin musste gutes Benehmen und tanzen lernen, ein bisschen Literatur und Französisch und sich oberflächliche Kenntnisse in Geografie, Geschichte und Politik aneignen. Außerdem waren arithmetische Fähigkeiten erforderlich, die über Maggies bescheidene Rechenkünste hinausgingen. Zunächst würden sie hier im Haus arbeiten.
    Sobald Maggie Fortschritte machte, würde sie sich unter dem wachsamen Auge ihrer Gouvernante auch in der Öffentlichkeit bewegen.
    »Und wann werde ich singen?«, fragte Maggie. »Ich soll auch Gesangsunterricht nehmen.«

    »Ach ja …« Miss West studierte den Stundenplan. »Jeden Morgen komme ich zu Ihnen, um Punkt neun. Meine Mittagspause dauert von elf bis ein Uhr. In dieser Zeit wird die Gesangslehrerin eintreffen. Danach essen Sie zu Mittag, am Nachmittag stehen Geografie und Mathematik auf dem Programm. Ich gehe um sieben Uhr abends, nach Ihrem Dinner, und Sie machen Ihre Hausaufgaben für den nächsten Tag.«
    »Oh - ich verstehe«, erwiderte Maggie unsicher.
    Nun betrat Mrs Pershing den Salon. »Da ist Mrs Arabella Ladd, die Gesangslehrerin.«
    »Ausnahmsweise schaue ich zu«, verkündete Miss West, »um Ihr Benehmen zu beobachten, Miss King.«
    Von Mrs Ladd hatte Maggie schon gehört, so wie jeder, der sich in der Londoner Opernwelt auskannte. Arabella Newcombe war als neue Jenny Lind gefeiert worden, bis sie nur fünf Jahre nach dem Beginn ihrer Karriere die Stimme verloren, geheiratet und eine Gesangsschule gegründet hatte - die beste und renommierteste in ganz England.
    Ehrfürchtig blickte Maggie der formidablen Dame entgegen, die in den Salon rauschte. Erstaunlich, dass Lord Edgington gerade sie engagiert hatte, noch dazu über Nacht.
    Mrs Ladd verschwendete keine Zeit, ließ Maggie mehrere Übungen singen und begleitete sie am Piano, das vor dem Erkerfenster stand. Ein paar Minuten später wies sie auf ein halbes Dutzend Mängel in der Stimme ihrer neuen Schülerin hin und erklärte, sie müssten ganz von vorn anfangen. Zwei Stunden lang übte Maggie, richtig zu atmen. Danach schmerzten ihre strapazierten Bauchmuskeln, ihr
Rücken hatte sich versteift, und ihre Füße spürte sie kaum noch.
    Beim Lunch machte Miss West Konversation mit Maggie, korrigierte ihre Aussprache und diverse taktlose Kommentare und wies auf verschiedene Aspekte der Etikette hin. Die Regeln schwirrten sinn- und ziellos durch Maggies Gehirn. Aber sie versuchte sich alles zu merken. Am Abend fühlte sie sich völlig ausgelaugt und konnte kaum noch die Augen offen halten. Inständig sehnte sie das Ende der Lektionen um sieben Uhr herbei. Es war schon zehn Minuten nach sieben, als ein Geräusch an der Tür erklang. Sie blickte auf und erwartete, Mrs Pershing würde eintreten. Bei Lord Edgingtons unerwartetem Anblick stockte ihr Atem. Mühsam bezwang sie ihre heftigen Herzschläge, und Erinnerungen an den letzten Abend stürmten auf sie ein - sein Mund auf ihrem, die Hitze seiner Hände auf ihren Brüsten …
    Verwirrt sprang sie auf. »Oh - eh - Lord Edgington«,

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