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Flamme der Leidenschaft - Roman

Flamme der Leidenschaft - Roman

Titel: Flamme der Leidenschaft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Eva Malsch
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einen Schluck. In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
    »Herein, Kendall!«, rief er, und sein Kammerdiener betrat das Zimmer. »Gute Nacht, Millie«, verabschiedete er sich von seiner Schwester in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Steifbeinig erhob sie sich, ohne eine Miene zu verziehen, und trippelte zur Tür hinaus.

    So quält der Tyrann seine Familie, dachte Charles trocken und inspizierte das Tablett, das Kendall auf den Tisch neben dem Polstersessel stellte. »Ah, gebratene Ente in Aprikosensauce! Unsere Köchin wagt sich an immer kühnere Kompositionen heran.« Mit einem Enthusiasmus, der ihn beinahe selber überzeugte, begann er zu essen. Während der Mahlzeit erschien in seiner Fantasie eine kleine Frau, die auf einer Bühne stand und mit ihrem Gesang die Tyrannei der ganzen Welt bekämpfte.
     
    Schon am frühen Morgen begann Maggies Tag, als Mrs Pershing die Vorhänge auseinanderzog und erstaunlich helles Licht ins Zimmer strömte, das nicht zur Jahreszeit passte.
    Zwischen zahlreichen Laken und Decken richtete Maggie sich auf. Dabei versanken ihre Hinterbacken noch tiefer im dicken Federbett. Gähnend rieb sie sich die Augen. Sie hatte nicht gut geschlafen, denn die Matratze war zu weich, die Bettwäsche zu glatt, das ganze Bett zu groß, zu leer für eine einzige Person - zweimal so groß wie die eiserne Bettstatt, die sie mit Sally und Nan teilte. Auch die Stille in der Nachbarschaft erschien ihr seltsam und beklemmend. Seit die Kirchenuhr am letzten Abend zehnmal geschlagen hatte, lag die Straße in lautlosem Schlummer, abgesehen von einem polternden Müllwagen oder den Schritten eines Streifenpolizisten.
    Nach Mitternacht war Maggie aufgestanden, um die Vorhänge zu öffnen und zur Straßenecke zu spähen. Dort lungerte der Straßenkehrer immer noch herum. Der Polizist
blieb stehen und sprach mit ihm. Danach verschwand der Junge und tauchte wieder auf, sobald der Beamte seinen Rundgang fortsetzte.
    In der nächsten Stunde beobachtete Maggie dreimal, wie sich dieses Ritual wiederholte. Schließlich kroch sie erschöpft ins zu große, zu weiche Bett zurück. Viel zu lange hatte sie den Baldachin aus rosa Seide angestarrt, bis sie endlich einschlummert war.
    »Guten Morgen, Miss King«, grüßte Mrs Pershing und band die Vorhänge geschickt mit Kordeln zusammen.
    »Guten Morgen«, murmelte Maggie und betrachtete den blassblauen Himmel. Von niemandem konnte man erwarten, vor zehn Uhr Erbsensuppe zu kaufen. Da Little Pegs Auftritte meistens bis spät in die Nacht gedauert hatten, wusste sie nicht, wie die Morgendämmerung aussah. Sie war immer erst gegen Mittag aufgestanden, um den Karren mit den Suppentöpfen bis zum Abend zu übernehmen. Wie sie jetzt feststellte, hatten ihr diese frühen Tagesstunden nicht gefehlt. »Wie spät ist es?«
    »Fast neun, Miss«, erklärte die Haushälterin freundlich. »Ich habe Sie schlafen lassen, bis Madame Rochelles Gehilfin eingetroffen ist, und das Frühstück heraufgebracht«, fügte sie hinzu. Maggie entdeckte ein Tablett auf dem kleinen Tisch. »Beeilen Sie sich mit dem Essen. Sie müssen sich nicht anziehen. In ein paar Minuten schicke ich das Mädchen herauf.«
    So fing der aufregendste Tag in Maggies Leben an. Ihre Maße wurden genommen und ihre Figur taxiert, zuerst von dem hochgewachsenen bleichen Mädchen, dann von der
Schneiderin Madame Rochelle selbst, die versicherte, sie würde sich persönlich in allen Einzelheiten um Maggies Garderobe kümmern, von der Wäsche bis zu den Schuhen.
    An ihrer Haut roch Maggie immer noch den Baron, und sie fürchtete, die Gehilfin würde es merken. Falls das zutraf, ließ sich das Mädchen nichts anmerken.
    Wieder allein, genoss Maggie den neuen Luxus eines Bads. Bis zu den Brüsten versank sie im heißen Wasser - ein eigenartiges Gefühl und seltsam tröstlich, obwohl ihr dieser Komfort unnatürlich erschien. Sie konnte zwischen verschiedenen französischen Seifen wählen und experimentierte, bis sie zwei Düfte fand, die ihr am besten gefielen. Wenn die Seifenstücke über ihren Körper glitten, kam es ihr fast wie eine Liebkosung vor. Welch ein Kontrast zu den Kernseifen, die man in kochendes Wasser reiben musste, um sie aufzulösen. Diese Lauge brannte auch nicht auf der Haut, wenn sie einen Kratzer am Handrücken benetzte.
    Viel zu früh klopfte Mrs Pershing an die Tür des Badezimmers und verkündete, ihr Chaperon sei angekommen. Ein Chaperon? Neugierig schlüpfte Maggie in ihr Hemd, ins Korsett und

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