Flamme der Leidenschaft - Roman
waren.«
Beim letzten Knopf an ihrem Hals hielt sie inne, und ihre Hand sank hinab. »Was bedeutet das?« Ihre Worte waren
fast unhörbar, als fürchtete sie, er würde ihre Neugier tadeln.
Ein ironisches Lächeln verzog seine Lippen. »Nun, alle Edgingtons sind unersättliche Genussmenschen und selbstsüchtige Lüstlinge gewesen. Such dir irgendein Laster aus - gewiss war ihm irgendeiner meiner Ahnen rettungslos verfallen.«
Verwirrt hob Maggie die Brauen. »Aber du stehst keineswegs im Ruf, alle Opernsängerinnen zu verführen. Mit einigen Primadonnen hattest du kurze Affären. Aber keine Einzige spricht schlecht von dir.«
Verächtlich zuckte er mit den Schultern. »Weil sie nicht wissen, wie sich ein echter Gentleman benimmt. Ein paar Schmeicheleien und Geschenke genügen vollauf. Damit geben sie sich zufrieden. Sie erwarten kein ehrbares Handeln, keine Loyalität. Und sie hegen keine Hoffnungen.«
»Ich auch nicht«, betonte Maggie, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
»Genau.« Mit allen Fingern strich er durch sein Haar, und sein Lächeln nahm bittere Züge an. »Weißt du, wie ich herausfand, dass mein Vater meine Mutter betrog? Damals war ich sechs Jahre alt. Ein Reitknecht führte mich auf meinem Pony durch den Hyde Park. Da sah ich meinen Vater mit einer schönen Frau in einer Karriole vorbeifahren. Ich rief nach ihm, da warf er mir einen eigenartigen Blick zu, den ich in jenem Moment nicht verstand. Später erkannte ich, was seine Miene ausgedrückt hatte - Schuldgefühle. Aber was ich in seinem Gesicht gelesen hatte, verschwand sofort wieder. Lachend steuerte er die Karriole zu mir, und
es bereitete ihm ein sichtliches Vergnügen, mich einer besonderen Freundin vorzustellen - Miss Dorcas Pershing.«
»Meinst du etwa - Mrs Pershing?«, fragte Maggie ungläubig.
»Dieselbe. Sie war die vierte oder fünfte Bewohnerin des Hauses in Chelsea. Als sie in Ungnade fiel, benutzte sie den Rest seines Wohlwollens, um sich die Position einer Haushälterin zu sichern. Davon erfuhr ich erst viel später.«
»Eine Haushälterin, die den neuen Mätressen ihres einstigen Liebhabers dient?« Das konnte sich Maggie nicht vorstellen.
Charles sank in die Polsterung zurück. »Nun, Mrs oder Miss Pershing war schon immer praktisch veranlagt. Ich glaube, sie hat meinen Vater nie geliebt und sich ein gebrochenes Herz erspart, denn er liebte nur eine einzige Person, nämlich sich selber.« Träumerisch erinnerte er sich an jene langen heißen Sommertage, die erwartungsvolle Freude, die er bei jedem Ritt durch den Hyde Park verspürt hatte, die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit der schönen, freundlichen Miss Pershing. »Wann immer sie mich sah, kaufte sie mir Eiscreme, ich hielt sie für eine gute Fee oder einen Engel. Mein Vater schenkte mir Spielzeug, kleine Bögen und Pfeile und natürlich Ponys, weil der künftige Lord Edgington all diese Dinge besitzen musste. Aber er kam niemals auf den Gedanken, dass ich im Hyde Park gern Eiscreme esse.«
In diesem Moment hielt die Kutsche, und Charles betrachtete die rote Ziegelfassade seines Hauses in Chelsea.
»Da sind wir.« In Maggies Stimme schwang ein spröder Unterton mit. »Werde ich dich später wiedersehen? Oder
kommst du schon jetzt mit hinein?« Die Frage klang so hoffnungsvoll, dass neues Verlangen und eine seltsame Freude in ihm aufstieg.
Durch das Oberlicht über der schwarzen Tür und zwischen den geschlossenen Fenstervorhängen drang Gaslicht heraus und verlieh der Fassade ein schrecklich konventionelles und zugleich gemütliches Flair. Sekundenlang genoss er das Fantasiebild, er würde Maggie seinen Arm bieten und sie in die Eingangshalle führen, hinauf in das geschmacklos ausgestattete Schlafzimmer. Aber er gehörte nicht hierher, er hatte ein eigenes Haus, das ihn erwartete, ein eigenes Leben und seine Pflichten, die er wegen der unvorhergesehenen Ereignisse dieses Abends vernachlässigte. »Nein«, erwiderte er, »ich werde daheim dinieren. Außerdem muss ich einige Lakaien hierher schicken, die Wache halten sollen.« Er öffnete den Wagenschlag. »Nun, dann wünsche ich dir eine gute Nacht.«
Eine Zeit lang schaute sie ihn forschend an. Dann nickte sie und kletterte hinaus. »Bis Morgen, Mylord?« Diesmal verriet ihre Stimme keine Sehnsucht.
»Natürlich, bis morgen«, versicherte er.
Da schenkte sie ihm ein merkwürdiges, fast rätselhaftes Lächeln, bevor sie die Kutschentür schloss und die Eingangsstufen hinaufstieg. Er wartete, bis die Haustür
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