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Flamme der Leidenschaft - Roman

Flamme der Leidenschaft - Roman

Titel: Flamme der Leidenschaft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Eva Malsch
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Frauen seines Bekanntenkreises. Die reiferen Damen äußerten sich kokett oder boshaft, die Unschuldslämmer blökten einfach nur und gehörten mit der Zeit, nach mehreren Enttäuschungen, der ersteren Kategorie an. Welch ein Unterschied zu Maggies Ausdrucksweise, als würde eine Querflöte neben einem Gewehrschuss trillern.
    »Darüber will ich nicht mit dir reden«, verkündete Millie. »Wie gesagt, ich müsste dir böse sein, weil du Mama so aufgeregt hast. Zum Glück war sie zwischen ihren Riechsalz- und Laudanumexzessen imstande, mit den Vorbereitungen für die diesjährige Hausparty zu beginnen.«
    Verdammt. Charles richtete sich auf. Bei dieser Party sollte Maggie eine Lady spielen. Normalerweise kümmerte sich seine Mutter erst im März um die nötigen Arrangements, er hatte gehofft, den Termin des Ereignisses den Fortschritten des Mädchens entsprechend zu beeinflussen. »Wann findet das Fest statt?«
    »In diesem Jahr möchte Mamma den Spätfrühling auf dem Land verleben«, antwortete seine Schwester arglos. »Also wird sie die Party möglichst bald veranstalten.«
    » Wann, Millie?«, wiederholte er.
    Sie schnitt eine Grimasse. »In sechs Wochen.«
    Würde die Zeit reichen?, überlegte er. Es musste gelingen.
    »Aber das ist es nicht, was mich so fasziniert. Diesmal hat sie sich ein ganz besonders kühnes, brillantes Motto für die Party ausgedacht. Willst du’s wissen?«

    Eigentlich nicht. Aber er zwang sich zu nicken. »Gewiss.«
    »Eine Ekloge!«, triumphierte sie. »Eine mythologische Pastorale, wie im alten Rom! Kannst du dir das vorstellen? Die Männer erscheinen als Satyrn und Schäfer oder als Götter in Hirtenkleidern und die Frauen als Nymphen und Schäferinnen.«
    »Oder Göttinnen in der Kleidung von Schäferinnen«, ergänzte Charles.
    »Jungfräuliche Jägerinnen«, korrigierte sie ihn sittsam. »Und Mama hat ganz wundervolle Ideen, wer von uns welche Rollen übernehmen soll.«
    »Lass mich raten. Du bist Diana, und ich trete als Apollo auf.«
    Ärgerlich zog sie einen Schmollmund. »Oh, mit dem Hinweis auf die Jägerinnen habe ich es dir zu leicht gemacht. Aber ist das nicht himmlisch? Du wirst die Sonne sein, schön und golden, neben der bleichen, kalten Schönheit deiner Schwester, die dem Mond gleicht. Natürlich ist Mama unsere Mutter Leto.«
    »Dann ist unser teurer verstorbener Vater der edle Jupiter. Wie subtil von Mutter.« Nur dass der teure Vater nicht mit ihr die Ehe gebrochen, sondern sie betrogen hatte. Dabei würde Charles nicht mitmachen. Spiele und Mottos waren schön und gut. Aber er würde sich nicht in einem Apollo-Kostüm lächerlich machen.
    Millie zählte mehrere Aktivitäten auf, die man für die Party planen könnte, zum Beispiel Wettbewerbe, von der Olympiade inspiriert. Seinen Einwand, die habe nicht in
Rom, sondern in Griechenland stattgefunden, tat sie sarkastisch ab. Dann malte sie sich eine kleine Theaterszene aus, in der Apollo diversen Nymphen nachstellte. Mit diesem Vorschlag wollte sie sich vermutlich für seine mangelnde Begeisterung über ihre anderen Ideen rächen.
    Natürlich hatte sie die Wette nicht vergessen. Das bekundete sie mit einigen Anspielungen, und sie betonte, die Party wäre eine großartige Gelegenheit für die Präsentation einer Frau von fragwürdiger Herkunft.
    Das alles hörte er sich kommentarlos an. Schließlich stand er auf und zog sich in seine eigene Suite zurück, wo die Gaslampen die weißen Wände mit schattenlosem Licht übergossen. Erschöpft von den Ereignissen des Tages, ging er sofort zu Bett. Doch der Schlaf bot ihm keine Erholung, weil ihn ein absurder Traum heimsuchte. Als lüsterner Satyr rannte er hinter zahllosen Nymphen her, die alle wie Maggie King aussahen. Sobald er ein Mädchen einfing, schlüpfte es zwischen seinen Fingern hindurch und verwandelte sich in einen Vogel oder eine Blume - oder eine rasende Mänade, die ihn bei lebendigem Leib zu verspeisen suchte.
     
    Für Maggie verlief der nächste Tag noch verwirrender als der vorangegangene. Sobald sie erwachte, begannen die Lektionen und dauerten ohne Atempause bis sieben Uhr abends. Keine einzige Minute durfte sie für sich selbst erübrigen, obwohl Nan, Sally, Moll und Jo um die Mittagszeit ankamen. Durch das ganze Haus hallte schrilles Stimmengewirr.
    Maggie wurde von einem lebhaften Gespräch zwischen
Mrs Pershing, Sally und Moll, das in der Eingangshalle stattfand, dermaßen abgelenkt, dass die sonst so unerschütterliche Miss West entnervt aufstand

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