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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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einem feuchten Mieder herumlaufen, dessen Schnüre nicht mehr aufgingen, weil sie nass geworden waren.
    Als sie nach ihrem selbsternannten Samariter Ausschau hielt, sah Lena, dass er in einiger Entfernung tatsächlich in eine völlig andere Richtung schaute und so tat, als ob er aufmerksam die Umgebung inspizierte.
    «Hallo, Mister, können Sie noch mal zurückkommen?»
    Überrascht schaute er sich um. Sie hatte sich unterdessen ihres Reitkleides entledigt und stand nun schulterfrei in weißem Mieder und Unterrock da. Abgesehen von dem merkwürdigen Gesichtsausdruck ihres Bewachers, war es ein herrliches Gefühl, den warmen Wind auf den nackten Schultern und Armen zu spüren. Wie würde es erst sein, wenn sie wie von Gott geschaffen im erfrischenden Wasser saß?
    «Gibt es ein Problem?», fragte ihr Begleiter mit leicht verwirrtem Blick, wobei er unzweifelhaft auf ihre halb verhüllten Brüste starrte, die aus dem Mieder hervorlugten.
    Ein wenig beschämt kreuzte Lena die Arme vor der Brust und deutete unbeholfen auf ihren Rücken.
    «Alleine bekomm ich die Schnüre nicht auf, können Sie mir vielleicht helfen? Es reicht, wenn Sie die obersten Reihen lösen, den Rest schaff ich selbst.»
    «Ja … äh … gut», erwiderte er mit rauer Stimme und räusperte sich. Lena erschauderte, als sie seine Finger auf ihrer Haut spürte, und auch ihm konnte nicht entgehen, dass seine zarten Berührungen ihr eine Gänsehaut bescherten.
    «Wie heißt du eigentlich?», fragte sie, um ein wenig von der seltsamen Situation abzulenken. «Oder darf ich das nicht wissen?»
    «Meine Freunde nennen mich Jess», erwiderte er und sagte dann nichts mehr, weil er sich offenbar auf die Schnüre und Ösen konzentrierte.
    «Jess?», fragte sie weiter. «Von Jesaja?»
    «Nein, Jess von Jesús.»
    Immer noch spürte sie seine warmen Finger auf ihrer Haut, die damit rangen, die Schnüre zu weiten.
    «Jesús?» Sie kicherte hell. «Wie der Name unseres Herrn und Erlösers?»
    «Ja und, was soll daran so komisch sein?»
    Er hielt inne.
    War er verärgert?
    «Nichts», beeilte sie sich zu sagen. «Nur als ich dich das erste Mal sah, dachte ich, dass du die gleichen Augen hast wie er. Jedenfalls so, wie ich sie von den Heiligenbildern meiner Eltern kenne.»
    «Genau das dachte sich meine Mutter auch», erwiderte er und ließ von ihrem Kleid ab. «So, fertig, nun müsstest du eigentlich alleine zurechtkommen.»
    «Danke», sagte sie leise und drehte sich zu ihm um, wobei sie ihr Mieder auf Brusthöhe lieber festhielt, damit es nicht herunterrutschte.
    Der Blick, den er ihr zuwarf, war alles andere als harmlos.
    Sie überlegte einen Moment, ob es ein Fehler gewesen war, ihn nach seinem Namen zu fragen und die förmliche Anrede ihm gegenüber aufzugeben.
    Aber erstens hielt er sich selbst nicht daran, und zweitens war ein förmliches ‹Sie› oder ‹Mister› eher hinderlich, wenn es darum ging, ihn auf ihre Seite zu ziehen.
    Dass er an ihr interessiert war und sich bemühte, den Aufenthalt in dieser Abgeschiedenheit so angenehm wie möglich zu gestalten, war unverkennbar und erschien ihr ein ernstzunehmendes Zeichen dafür, dass es möglich war, ihn zu ihrem Verbündeten zu machen. Sie musste ihn einfach dazu bringen, dass er sie laufen ließ. Auch wenn sie ihm dafür zwangsläufig näherkommen musste. Doch das konnte nur gelingen, wenn sie sich mit ihm auf eine Ebene stellte und die Schranken niederriss, die sie unzweifelhaft trennten.
    «Mein Name ist Helena. Aber die meisten sagen Lena zu mir.» Sie wartete nicht ab, ob er ihre Vorstellung als Angebot auffasste, sie ab sofort beim Namen zu nennen. «Aber das weißt du ja vermutlich schon.»
    «Ja», sagte er nur und schaute ihr mit einem undurchsichtigen Blick in die Augen.
    Sie nickte lächelnd und wandte sich ab, ein Zeichen dafür, dass sie seiner Hilfe nicht mehr bedurfte. Als sie das Ufer erreicht hatte, hörte sie erneut seine tragende Stimme.
    «
Kämpf um Helena selbst und die sämtlichen Schätze den Zweikampf. Wer von beiden nunmehr obsiegt und stärker erscheinet, nehme die Schätze gesamt mit dem Weib und führe sie heimwärts …»
    Er lachte verhalten. «Dein Name erinnert mich an die schöne Helena aus der Dichtung. Durchaus passend, wie ich finde.»
    Er zitierte Homer! Lena blieb überrascht stehen und wandte sich nochmals zu ihm um, wenn auch nur halb.
    «Du hast Homer gelesen?»
    Es hatte keinen Zweck, ihre Verblüffung zurückzuhalten. Sklaven war das Lesen strengstens verboten,

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