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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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glasklare Wasser des kleinen Auffangbeckens, in dem allenfalls eine Handvoll Menschen Platz hatte.
    «All diese Blumen …» Ihr faszinierter Blick saugte die grüne Umgebung auf, die von Bäumen und Büschen mit Blüten geradezu überfrachtet war. «Sind das Kolibris?», fragte sie und deutete auf ein paar winzige, grünschwarze Vögel, die sich am Nektar verschiedener Blüten labten.
    Jess war verwundert darüber, dass sie so wenig von der Natur dieser Insel wusste.
    «Das ist ein Wimpelschwanz. Man erkennt ihn an dem grünschwarzen Gefieder und seinem roten Schnabel. Manch einer von uns verehrt ihn als Glückssymbol, weil er genauso wie wir sein Territorium mit aller Macht verteidigt.»
    Sie überging seine Anspielung und erklärte leise: «So hab ich mir immer das Paradies vorgestellt.»
    Aber sicher ohne einen Teufel wie mich, dachte Jess und bemühte sich um ein zustimmendes Lächeln.
    «Wie machen wir’s?», fragte sie mit einem unschuldigen Augenaufschlag. «Sie drehen sich um, während ich mich ausziehe, und vertrauen darauf, dass ich nicht unbekleidet davonlaufe?»
    «Äh … von mir aus», raunte er heiser. «Ich setze mich dort drüben auf den großen Stein und gebe acht, dass du von niemandem gestört wirst.»
    «Damit ich mich ausziehen kann, muss das Seil gelöst werden.»
    Ihre Augen waren immer noch unschuldig und so klar, dass Jess am liebsten in ihnen versunken wäre.
    «Selbstverständlich», sagte er und versuchte seine Verlegenheit zu überspielen, indem er ihr zuzwinkerte. «Denk nur immer daran, dass ich dich spielend einholen kann, falls du davonlaufen willst.» Als er bemerkte, dass sie den Knoten nicht aufbekam, erklärte er: «Lass mich das machen.»
    Seine Stimme klang ein bisschen gepresst. Entgegen seiner abgeklärten Natur spürte er, wie sein Herz heftiger pochte, als er sich zu ihr hinabbeugte. Das Seil hatte sich durch die Laufbewegung fest zusammengezogen, und so hatte selbst er Schwierigkeiten, den Knoten zu lösen. Für einen Moment war er ihr so nah, dass er sie mühelos hätte küssen können. Allerdings war er sich nicht sicher, ob ihr das gefallen hätte, und so verzichtete er auf jeglichen Annäherungsversuch. Aber es gab noch einen anderen Grund, warum er niemals auf die Idee gekommen wäre, ihr den Hof zu machen. Sie war eine weiße Lady, und sie würde es immer bleiben. Er hingegen war im Grunde immer noch ein Sklave und würde es in der Welt der Weißen bis zum Ende seines Lebens bleiben, ganz gleich was geschah.

    Lena war nicht entgangen, dass ihr Peiniger versuchte, gute Manieren an den Tag zu legen. Sie hatte darum gebeten, Seife und Kamm mitnehmen zu dürfen, und um ein großes Leinentuch hatte er sich bemüht. Alles eingerollt zu einem dicken Paket, hatte er ihr die Sachen übergeben. Trotzdem war sie auf der Hut. Er dachte offenbar nicht daran, ihr die Freiheit zu schenken, ansonsten hätte er es in diesem Moment getan. Die Tatsache, dass er mit dieser Alten gemeinsame Sache machte, hatte sie auf den erschreckenden Gedanken gebracht, dass er vielleicht sogar derjenige war, der Captain Peacemakers Männer erschossen hatte.
    «So», sagte er und löste endlich das Seil.
    Dann ging er davon und überließ sie sich selbst. Mit einem Seitenblick überzeugte sich Lena, dass er ihrer Aufforderung nachkam, sich abzuwenden, während sie aus ihren Kleidern stieg. Hoffentlich hielt er sein Wort und stieg ihr nicht nach, wenn sie ins Wasser ging. Aber anstatt auf Abstand zu gehen, kam er zurück.
    «Ich hab noch was für dich», sagte er kaum hörbar.
    Er kramte in der Felltasche, die er am Gürtel trug. Dann streckte er ihr eine harte, weiße Kugel entgegen, die so groß wie eine Faust war.
    «Kokosseife», erklärte er beiläufig. «Ich hab mir sagen lassen, sie duftet nach Blumen.»
    Lena war sprachlos. Was war denn das? Ein Rebell, der sich mitten im Urwald um duftende Seife und Handtücher kümmerte? Und das ohne jeden Hintergedanken?
    «Äh … sehr aufmerksam von Ihnen», presste sie ungläubig hervor. «Sie sind wirklich … ein Schatz!»
    Gebannt schaute sie zu ihm auf, doch er senkte den Blick.
    «Nun mach schon», brummte er und drehte sich um.
    Als Lena ihr Kleid aufzuknöpfen begann, fiel ihr ein, dass sie jemanden benötigte, der die Schnüre ihres Mieders löste. Die plötzliche Erkenntnis, dass außer ihrem hünenhaften Begleiter niemand anwesend war, der dafür in Frage kam, schockierte sie. Doch dann überwand sie sich. Sie konnte schließlich schlecht mit

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