Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
zugefügt hat. Zu meiner Entschuldigung bleibt mir nur zu sagen, dass ich bisher so gut wie keine Einblicke in Lord Williams Machenschaften hatte. Nie hätte ich auch nur ahnen können, dass sich vor mir solche Abgründe auftun. Obwohl mir einige Beobachtungen bereits eine Ahnung davon verschafft haben, dass nicht alles vorbildlich läuft, besonders, was die Behandlung der Sklaven betrifft. Hinzu kommt, dass ich mich bereits in England zu den Gegnern der Sklaverei hingezogen fühlte. Aber es ist natürlich etwas ganz anderes, die Meinung irgendeiner Wohltätigkeitsorganisation zu übernehmen, als das Elend direkt vor Ort zu erleben. Dabei habe ich mir kurz vor meiner Hochzeit tatsächlich eingebildet, ich könnte sämtliche Missstände auf der Plantage mit entsprechendem Einsatz und etwas gutem Willen in Kürze verändern. Deine Geschichte hat mich zweifelsfrei eines Besseren belehrt. Und nun bin ich ehrlich entsetzt über meine schreckliche Naivität und Dummheit.»
    «In Wahrheit ist alles noch viel schlimmer», erwiderte Jess tonlos. «Aber ich glaube nicht, dass ich dir heute noch einen weiteren Beweis über die Barbareien der Blakes und ihrer Gleichgesinnten zumuten kann.»
    «Du musst mich nicht schonen. Ich bin keine Mimose», stellte sie unmissverständlich klar und schaute ihm fest in die Augen. «Nach allem, was du mir erzählt hast, will ich nun erst recht wissen, was auf dieser Insel geschieht und welche Rolle
mir
in diesem grausamen Spiel zugedacht ist.»
    «Gut», entschied er mit bedächtiger Miene. «Aber mach mich hinterher nicht für deine Albträume verantwortlich.»

Kapitel 16
    September 1831 // Jamaika // Vertrauenssache

    D ie Drydenfarm lag zwanzig Meilen nordöstlich vom
Rovers Inn
entfernt. Brad Dryden war ein Schotte und wie McMurphy in Edwards Augen zu vertrauensselig, was die Behandlung von Negern anging.
    Er beschäftigte ein paar ehemalige Sklaven, denen er schon vor Jahren die Freiheit geschenkt hatte und denen er nun für ihre Arbeit einen Lohn auszahlte. Mit ihnen baute er etwas Mais an, aber bei weitem nicht genug, um von einer Plantage sprechen zu können. In erster Linie hielt er Fleisch- und Milchvieh.
    In seinem Besitz waren etwa fünfzig Schwarzrinder und eine größere Herde von Schafen und Ziegen, die Edward und seine Leute blökend empfing, als sie mit ihren Pferden in den morastigen Hof ritten. Das Herrenhaus, wenn man es denn überhaupt als solches bezeichnen konnte, war nur zwei Stockwerke hoch und ganz aus Holz errichtet. Es war umgeben von alten Cashewnussbäumen und einem Gemüsegarten, in dem der Besitzer offenbar Tomaten, Paprika und Melonen züchtete.
    Zwei große Scheunen und mehrere lang gezogene Viehställe befanden sich in nächster Nähe der Behausung. Ein paar schwarze Gesichter zogen sich ängstlich in ihre baufälligen Hütten zurück, als Edward und Trevor mit ihrem Gefolge an ihnen vorbeitrabten. Der Anblick der Peitsche, die lässig eingerollt am Sattelknauf des ersten Aufsehers befestigt war und auf ihren nächsten Einsatz zu lauern schien, weckte anscheinend düstere Erinnerungen. Weiße waren keine zu sehen. Ein paar kläffende Hütehunde verteidigten aufgebracht ihr Revier, trauten sich jedoch nicht, die fremden Reiter anzugreifen.
    Als Edward sich der Veranda des Hauses näherte, entdeckte er eine der beiden Fuchsstuten, die er seit vorgestern auf Redfield Hall vermisste. Sie stand angebunden in einem Unterstand direkt neben dem Haus und tat sich an einem Bund getrocknetem Steppengras gütlich.
    Er schnalzte mit der Zunge und stoppte seinen Hengst. Nachdem er abgestiegen war, warf er Trevor einen wissenden Blick zu.
    «Du kommst mit mir, die anderen sollen hinten bei den Ställen auf uns warten. Ich will nicht, dass es aussieht, als ob wir einen Überfall planten.»
    Sein Oberaufseher nickte und besprach sich kurz mit seinen Männern, die sich gemäß der Anweisung hinter einen klapperigen Kuhstall zurückzogen.
    Bevor Edward an die Tür klopfte, rückte er seinen Rock zurecht und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Er wusste nicht, was oder wer ihn hier erwartete, aber er wollte nicht aussehen wie ein Wilder, falls er unvermittelt auf Lena traf. Er atmete noch einmal tief durch, um sich zu sammeln. Keinesfalls wollte er sich seine Verärgerung anmerken lassen, geschweige denn seine Sorge. Sollten die beiden Frauen tatsächlich hier sein, würde er seinen Unmut unterdrücken und sich um Freundlichkeit bemühen. Für

Weitere Kostenlose Bücher