Flamme von Jamaika
das änderte nichts an der Tatsache, dass sich seine Befürchtungen bewahrheitet hatten. Er musste Lena finden und verhindern, dass sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. Unter keinen Umständen durfte sie diese Insel verlassen. Er benötigte eine Ehefrau, jetzt dringender denn je. Noch einmal konnte er nicht nach London reisen, um sich eine Braut zu suchen. Erst recht nicht, wenn es Lena gelang, ihn dort öffentlich zu diskreditieren.
Abgesehen davon, dass sich ein Scheidungsprozess elendig lange hinziehen konnte, bestand sein Vater auf einem baldigen Erben. Er würde kein Verständnis dafür haben, wenn Edward seine Frau nicht rechtzeitig in die Schranken wies. Er hatte bereits mehrmals damit gedroht, ihn zu enterben, wenn es ihm nicht endlich gelingen würde, den Fortbestand der Familie zu sichern.
Aber da war der Fluch, und die Leute redeten schon jetzt viel zu viel. Also musste er alles daransetzen, Lena zu finden und endlich zu schwängern. Wenn sie erst mal ein Kind von ihm empfangen hatte, würde sie es nicht wagen, ihn einfach zu verlassen.
Er ließ von Maggie ab und ging zu Trevor. Unter den zornigen Blicken der Gesellschafterin zog er seinen Oberaufseher in eine Ecke und murmelte ihm etwas zu. Trevor war schon immer ein Mann fürs Grobe gewesen. Edward dachte an den Tod der Sklavin seines Vaters und an Hetty MacMelvin. Der Aufseher hatte in seinem Auftrag die Leiche seiner Verlobten gefunden und den Schuldigen auf Edwards Geheiß hin der Justiz benannt. Der Mann war später gehängt worden, weil Trevor bezeugte, dass er ihn habe flüchten sehen.
Er würde es also ihm überlassen, wie er die lästige Gesellschafterin loswurde. Nachdem Trevor offenbar verstanden hatte, worum es ging, wandte Edward sich an Maggie, die sein falsches Lächeln mit einer äußerst unfreundlichen Miene erwiderte.
«Es tut mir leid, dass ich Sie so hart angefasst habe», begann er scheinheilig und ohne Übergang zu einer respektvolleren Anrede. «Sie müssen mir glauben, dass ich Lena zutiefst liebe und verehre und nur aus Sorge gehandelt habe. Die Geschichte mit der Sklavin muss ein Irrtum sein. Vielleicht war es einer unserer Aufseher, den sie mit mir verwechselt hat. Ich war in der Nacht nicht außer Haus, mein Vater wird dies bestätigen können. Wir haben bis zum frühen Morgen mit dem Gouverneur über die Vorfälle des Nachmittags debattiert. Wenn Sie es nicht glauben, können Sie gerne seine Frau fragen. Wen immer Lena beim Beischlaf gesehen hat, sie muss sich getäuscht haben. Ich war es nicht.»
Maggie warf ihm einen verblüfften Blick zu. «Und das soll ich glauben?»
«Ich bitte darum. Und was Trevor betrifft», fuhr er fort, noch bevor sie weiter protestieren konnte, «er hat sich bei Larcy inzwischen offiziell entschuldigt und wird ihr eine hohe Entschädigung zahlen. Darüber hinaus haben mein Vater und ich beschlossen, dass wir ihr die Freiheit schenken. Nicht wahr, Trevor, so ist es doch?»
Trevor stierte nur dumpf, doch dann nickte er im letzten Moment, bevor Maggie Verdacht schöpfen konnte, dass an der Sache was faul war.
«Ich fass es nicht. Sollten Sie am Ende doch noch zur Vernunft gekommen sein.» Völlig entgeistert sah sie ihn an.
«Denken Sie nach», begann Edward von neuem und ergriff ihre Hände. «Warum hätte ich ausgerechnet Lena als Ehefrau auswählen sollen, wenn ich mich nicht auf der Stelle in sie verliebt hätte? Zu jener Zeit gab es genug Mädchen in London, die weiß Gott was darum gegeben hätten, meine Gesellschaft genießen zu dürfen. Glauben Sie mir, ich mache mir sehr große Sorgen um meine Frau. Mein größter Wunsch ist es, Lena gegenüber all diese üblen Missverständnisse aufklären zu können. Doch dafür müssen wir sie zunächst einmal finden. Ich kann nur hoffen, dass ihr nichts Schlimmes widerfahren ist. Also kommen Sie und beruhigen Sie sich. Dann erzählen Sie mir noch einmal, was genau vorgefallen ist.»
Edward mimte perfekt den besorgen Ehemann, und sein gesamter Auftritt war so überzeugend, dass Maggie überraschend schnell wieder Vertrauen fasste. Sie berichtete ihm in aller Ausführlichkeit, wie sie mit Lena am frühen Morgen in der Wildnis auf mehrere Neger gestoßen war, von denen einige auf Mauleseln ritten.
«Während mir die Flucht gelungen ist, wurde Lena allem Anschein nach entführt. Ich bin später an die Stelle zurückgekehrt, aber sie blieb wie vom Erdboden verschluckt.»
«Es ist durchaus möglich, dass sie von Rebellen entführt wurde»,
Weitere Kostenlose Bücher