Flamme von Jamaika
begleitet, das unter der strengen Aufsicht von unseren Gouvernanten stattfand. Es gab lediglich Limonade, und um zwölf Uhr nachts durften wir uns das Feuerwerk anschauen. Es war wunderbar.» Ihre Stimme klang verträumt.
«Ich wünschte, ich könnte mir so etwas auch mal ansehen», erklärte er lächelnd, doch sein Blick wurde gleich wieder ernst. «Ich war noch nie in London, und es sieht auch nicht danach aus, als ob ich irgendwann mal dort hinkäme.»
«Du könntest mit uns mitkommen. Spätestens, wenn ich diese Sache hier erfolgreich hinter mich gebracht habe, werde ich Edward verlassen und mit Maggie von der Insel in Richtung London verschwinden. Wir könnten uns an irgendeinem Hafen treffen, und ich übernehme für dich die Passage.»
Er schnaubte kurz und verbissen.
«Wie sollte das gehen? Ich werde gesucht, und außerdem besitze ich nichts, womit ich dir deinen Großmut vergelten könnte.»
«Ich könnte dich als meinen Sklaven ausgeben. Keiner würde daran zweifeln, dass es so ist. Und wenn wir erst in meiner Heimat angekommen sind, könntest du ein neues Leben beginnen. Als freier Mann. Dort würde bestimmt niemand nach dir suchen, geschweige denn dein Leben bedrohen. Vielleicht könntest du sogar im Kontor meines Vaters als Schreiber arbeiten?»
«In deiner Heimat.»
Er setzte ein ungläubiges Lächeln auf.
«Und was wird aus meiner Mutter? Soll ich sie noch einmal zurücklassen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass du dein großzügiges Angebot auf sie ausweiten würdest. Baba ist nicht unbedingt deine Freundin, hab ich recht?» Er lachte verhalten. «Und außerdem, was würde aus meinem Kampf für die Rechte der Sklaven auf dieser Insel? Soll ich sie einfach im Stich lassen?»
«Natürlich nicht», erwiderte sie und fühlte sich mit einem Mal beschämt. «Tut mir leid, dass ich so oberflächlich dahergeredet habe. Ich weiß, wie wichtig dir das Schicksal all dieser gequälten Menschen ist.»
Plötzlich hatte sie diese Idee, auch wenn sie ziemlich abenteuerlich und zugegeben wahnsinnig war.
«Ich könnte ebenso gut zu dir zurückkehren, nachdem der Austausch stattgefunden hat. Ganz gleich wie die Sache ausgeht, ich will nicht bei Edward bleiben. Vielleicht könnte ich am Ende sogar mein eigenes Vermögen einsetzen, dass ich in Kingston auf einer Bank angelegt habe, um euch zu helfen. Wir könnten meinen Schmuck verkaufen, um heimlich Schiffe zu chartern, die eure Flüchtlinge in Sicherheit bringen.»
«Und was wird aus deiner Gesellschafterin?»
«Ich würde sie auszahlen, und sie kann hingehen, wo immer sie will.»
Er antwortete nicht, sondern sah sie nur lange an. «Du bist wirklich ein besonderes Mädchen, Lena. Du meinst es tatsächlich ernst, hab ich recht?»
«So wie ich es sehe, haben wir einen gemeinsamen Feind», erklärte sie mit überzeugter Miene. «Außerdem habe ich die Sklaverei schon für barbarisch gehalten, da kannten wir uns noch gar nicht. Nun weiß ich erst recht, dass sie keine Zukunft haben darf. Also, was sagst du?»
Kapitel 19
September 1831 // Jamaika // Abgrundtief
D ie Tage vergingen, und Jess wartete zusammen mit Lena angespannt auf eine Entscheidung aus Spanish Town.
«Wenn nicht bald etwas geschieht, wird die Kleine dran glauben müssen», mehrten sich die Stimmen jener im Ältestenrat, die Jess und seiner Idee von einem Austausch eine vernichtende Niederlage prophezeiten.
Die Unruhe wuchs, als endlich eine weitere Meldung in der
Kingston Gazette
bestätigte, dass man seitens des jamaikanischen Parlamentes die erbrachten Beweise über die Echtheit der Geisel und deren Zustand anerkannte.
«Diesmal ist die Meldung als eine winzige Taufankündigung in den örtlichen Kirchennachrichten getarnt», wusste Samson, Catos beleibter Schreiber zu berichten.
Er war in die Hocke gegangen, um das Blatt umständlich vor Cato auf dem Boden auszubreiten.
«Zu finden am unteren Ende des vorletzten Blattes», führte er weiter aus und deutete auf eine unbedeutende Anzeige. «Darin steht, dass das neugeborene Mädchen einer anglikanischen Familie in zwei Wochen in der Kapelle des heiligen Franziskus in Anwesenheit von drei Paten auf den Namen Helena Sophie getauft werden wird.»
«Was nichts weiter bedeutet», fuhr Samson mit einem mürrischen Blick in die Runde der Krieger fort, «als dass die Freilassung der drei Delinquenten erst zu diesem Zeitpunkt stattfinden wird.»
«Warum, verdammt, dauert es so lange, bis die Wahlmänner zu einem Urteil finden?», knurrte
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