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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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eingeht. Sie wollen einen Beweis, was ich als durchaus angemessen empfinde. Vielleicht haben sie einfach noch nicht begriffen, um was es hier geht», beschwichtigte Jess sie und deutete nochmals auf Zettel und Tinte. «Deshalb solltest du besser tun, was man von dir erwartet.»
    Lena schüttelte den Kopf.
    «Ich weigere mich, so etwas zu tun! Wenn noch nicht einmal Edward bereit ist, sich beim Gouverneur für meine sofortige Freilassung einzusetzen, und auch der Gouverneur offenbar kein Mitleid mit mir hat, was sollte sich da durch einen Bittbrief ändern?»
    «Mein Anführer will, dass du mit deinem eigenen Blut schreibst», bemerkte Jess mit einem bedrohlichen Blick. «Ich habe ihn davon überzeugen können, dass wir das Blut eines Huhns nehmen. Also bitte tu jetzt, was ich dir gesagt habe.»
    «Nein», sagte sie stur. «So einen Blödsinn mache ich nicht mit.»
    Ihre Augen blitzten im Schein der brennenden Fackeln, die er in eine Halterung gesteckt hatte.
    «Das ist mir zu verrückt.»
    «Du spielst mit deinem Leben», sagte er rau. «Und mit meinem. Vergiss das nicht.»
    Einen Moment lang war sie sprachlos.
    «Bedeutet das etwa, man würde uns beide umbringen, nur weil ich mich weigere, einen solchen Brief zu schreiben?»
    «Es bedeutet, dass man mir den Auftrag erteilen würde, dich zu töten», sagte er vollkommen ruhig.
    «Und du würdest das tun?»
    Das letzte Wort war nur ein Hauch. Lena empfand pures Entsetzen bei dem Gedanken, dass er bereit sein könnte, für seine Ziele so weit zu gehen.
    «Nein, würde ich nicht.»
    Er sah sie mit ausdrucksloser Miene an.
    «Aber du weißt inzwischen, dass ich nicht allein verantwortlich bin. Viele der Ratsangehörigen bevorzugen durchaus einen härteren Umgang mit Weißen. Ich könnte nicht für unser Leben garantieren, wenn ich mich den Anweisungen von Cato widersetze. Wir müssten versuchen zu fliehen, und das wäre sehr gefährlich. Also schreib», sagte er rau. «So weit muss es ja gar nicht kommen.»

    Mit zitternden Fingern befolgte sie seine Anweisungen. Ihre Schultern zuckten verräterisch, während sie den Kopf nach unten beugte und schrieb, was er ihr diktierte.
    «Lieber Edward … ich befinde mich in höchster Not. Es geht um mein Leben …»
    Ihr Gesicht konnte er nicht sehen, da es von einem Wust herabhängender, blonder Haare verdeckt war.
    «Hey», sagte er und fasste sie bei der Schulter. «Du weinst doch nicht etwa?»
    Als sie aufschaute, bestätigte sich seine Befürchtung. Ihr tränenverhangener Blick schnitt ihm mitten ins Herz.
    «Was hast du denn?»
    «Nichts», schluchzte sie und setzte tapfer den Brief fort.
    «Du brauchst keine Angst zu haben», erwiderte er unbeholfen. «Du kannst mir vertrauen.»
    «Vertrauen?»
    Verwirrt schaute sie auf, und ihre Miene verfinsterte sich.
    «In was für einem Irrenhaus befinde ich mich hier eigentlich? Erst deine Mutter, die Lord William einen geköpften Hahn an den Kopf wirft. Dann du, der mich entführt und in diesen dreckigen Käfig sperrt. Ohne zu wissen, was folgt, wohlgemerkt. Und nun kommst du und sagst, ich soll dir vertrauen, obwohl du die Dinge gar nicht mehr in der Hand hast? Du bist nicht weniger verrückt als deine Mutter!»
    Eine dicke Träne kullerte ihre Wange hinunter.
    Sie hatte vollkommen recht mit dem, was sie sagte. Die ganze Situation war verrückt. Er war verrückt gewesen, sie als Geisel zu nehmen. Erst hatte er sie eingesperrt, dann ihren Fluchtversuch vereitelt, und danach hatte er Schuldgefühle entwickelt und versucht, ihr das Leben in diesem Käfig so angenehm wie möglich zu gestalten. Nun hatte er ihr mit seinen Erläuterungen zum Stand ihrer Freilassung eine Höllenangst eingejagt. Aber wie sonst hätte er sie dazu bringen sollen, eigenhändig einen solchen Brief zu schreiben? Und nur das machte Sinn, weil die Blakes ihre Schrift anhand anderer Dokumente vergleichen konnten. Spätestens dann sollte ihnen klarwerden, dass Lena sich tatsächlich in höchster Not befand.
    «Es tut mir leid», flüsterte er in aller Sanftheit. «Bitte … du musst mir glauben, ich werde dich beschützen, auch wenn es für dich absurd klingen mag. Ich schwöre …»
    Er hätte beim Leben seiner Mutter schwören können, doch das ließ er lieber bleiben. Ausgerechnet Baba zu erwähnen, wäre mehr als unklug gewesen. Und jemand anderen hatte er nicht, der ihm wichtig genug erschien, um einen Schwur zu leisten.
    «Du musst mir nichts schwören», erwiderte sie schroff und tauchte die Feder ins

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