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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Letzte, der die Frauen lebend gesehen hat, und er war der Einzige, der Zugang zu ihren privaten Gemächern auf Rosenhall hatte.»
    «So gesehen muss ich dir recht geben, Edward», pflichtete Lord William bei, der offensichtlich mit einem Mal die Bedeutung dieses Verdachts erkannte. «Er scheint tatsächlich ein gerissener, habgieriger Bursche zu sein. Wir vermuten schon eine ganze Weile, dass er Lady Fortesque in unlauterer Absicht mit Weingeist und Laudanum versorgt. Was ihrer Gesundheit nicht eben zuträglich ist, wie man sich denken kann. Er bringt sie damit nicht nur um ihren Verstand, wenn ich es recht betrachte, sondern eines Tages gewiss auch um ihr Erbe. Und die arme Frau bemerkt es nicht einmal. Vielleicht hat er sich ja von den Rebellen bezahlen lassen, dass er ihnen den Weg zu meiner Schwiegertochter ebnet.»
    «Das ist ein interessanter Gedanke», bestätigte Bolton. «Was halten Sie davon, wenn wir ihn festnehmen und nach Spanish Town bringen lassen, um ihn zu verhören?»
    «Da will ich dabei sein», sagten Lord William und sein Sohn wie aus einem Munde.
    Edward weidete sich an dem Gedanken, diesem verhassten Kerl eine gehörige Abreibung zu verpassen. Es juckte ihn nicht, dass Lenas ursprüngliches Verschwinden allem Anschein nach ganz andere Gründe hatte. Schließlich waren es Gründe, die niemanden etwas angingen. Noch nicht mal seinen Vater. Eine Verurteilung von Candy Jones wegen Verrats und Mithilfe zur Entführung einer weißen Lady würde jeden Zweifel an der Integrität seiner Frau zerstreuen. Jeder würde glauben, dass Lena gar keine Chance gehabt hatte, ihren Entführern zu entgehen. An eine Mitschuld würde man nicht mal im Traum denken.
    Wenn es ihnen gelänge, den Liebhaber seiner Tante in Verdacht zu bringen, war nicht nur das Problem der untreuen Ehefrau gelöst. Auch die womöglich fehlgeleitete Erbschaft ließe sich auf diese Weise elegant verhindern. Sollte Lady Elisabeth irgendwann einmal an einer Überdosis von Laudanum und Brandy das Zeitliche segnen, wäre Edward der rechtmäßige Erbe der Plantage. Lady Fortesque konnte das Testament zwar ändern, aber ihre Zuneigung zu ihrem Lieblingsdiener war sicherlich getrübt, wenn man nachweisen konnte, dass er etwas mit Lenas Entführung zu tun hatte.
    Im Nachhinein würde man Candy Jones und seinen vermeintlichen Rebellen auch wunderbar Miss Blumenroths Verschwinden anhängen können. Edward grinste in sich hinein und rieb sich die Hände. Wie einfach es doch war, Unglück in Glück zu verwandeln, wenn man nur die passenden Ideen verfolgte.

    Reiß dich zusammen, Mädchen!, sprach Lena sich selbst Mut zu.
    Sie wollte Jess gerne glauben, dass er nicht fähig war, sie umzubringen. Blieb die Frage, ob er mutig genug war, sich den Befehlen seiner Oberen zu widersetzen und sie zu verteidigen, wenn sie etwas Derartiges von ihm verlangten. Als er am Abend mit einer weiteren Schüssel Suppe und einem Stück Brot vor ihr stand, hatte sie ihm bereits verziehen.
    «Darf ich?», fragte er, und als sie nickte, zückte er den Schlüssel und trat in ihr Gefängnis ein.
    Dankbar nahm sie den Blechnapf entgegen. «Was ist das?», fragte sie und schnupperte an der Suppe.
    «In der Brühe befindet sich das Huhn, das mit seinem Blut für deinen Brief herhalten musste», sagte er und lächelte säuerlich.
    Lena grinste schwach.
    «Es hatte offenbar weniger Glück als ich und keinen so engagierten Beschützer.»
    Sie spürte, wie sein Blick auf ihrem Gesicht ruhte, während sie vorsichtig ihre Suppe schlürfte.
    «Ein Bote hat deinen Brief hinunter nach Spanish Town gebracht», erklärte er und schaute ihr aufmerksam beim Essen zu. «Mein Anführer war hochzufrieden.»
    «Ist das ein gutes Zeichen?», erwiderte Lena und nahm noch einen Schluck von der Suppe.
    «Vorerst ja», gab Jess mit gedämpfter Stimme zurück. «Es heißt, dass wir einen Aufschub bekommen haben.»
    «Kein Wein heute?», fragte sie mit einem hintergründigen Lächeln.
    «Nein», gab er schmunzelnd zurück und zückte erneut eine Flasche aus seinem Lederbeutel. «Limonade. Das ist harmloser und schmeckt auch nicht schlecht. Ein Gemisch aus Zucker, Quellwasser und dem Saft einiger Limonen, die hier oben wild wachsen.»
    Lena stellte den Teller zur Seite und nahm einen Schluck aus der Flasche.
    «Himmlisch», flüsterte sie. «Es erinnert mich an meinen ersten Abend zusammen mit Maggie in Vauxhall Gardens in London. Sie hat mich zusammen mit ein paar jungen Damen zu einem Tanzkränzchen

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