Flamme von Jamaika
Expeditionen in die Umgebung verboten. Er fürchtet, du könntest uns nach deiner Freilassung verraten, wenn du zu viel gehört hast. Wobei er noch nicht einmal weiß, dass du in Wahrheit bereits mehr gesehen hast, als uns allen lieb sein kann.»
«Und du? Was denkst du?», fragte sie aufgebracht. «Glaubst du auch, ich würde euch verraten?»
Er zögerte einen Moment.
«Wenn ich dir nicht vertrauen würde, säße ich nicht hier», bezeugte er bedrohlich leise. «Aber manchmal läuft es eben nicht so, wie man es sich wünscht. Und ich könnte verstehen, wenn du versuchen würdest zu fliehen, sobald weiße Soldaten vor unserem Lager auftauchen. Oder wenn du dich später an uns rächst, weil wir dich gefangen genommen und mit dem Tode bedroht haben.»
Er räusperte sich und schaute ihr tief in die Augen.
«Ich habe mich gefragt, was
ich
in so einer Situation tun würde. Ich meine …» Stockend rang er nach Worten. «Ich empfinde ebenso Loyalität für meinen Anführer und unsere Sache, obwohl ich ihn und sein Verhalten im Grunde nicht ausstehen kann. Warum sollte es dir mit Edward und deinen Leuten nicht ähnlich ergehen?»
Weil ich mich in dich verliebt habe, dachte sie. Und weil ich sehr genau weiß, was richtig und falsch ist. Doch sie sagte es nicht.
«Weil es etwas ganz anderes ist», untermauerte sie ihren Entschluss, zu ihm zu halten. «Du und dein Anführer – ganz gleich, was für ein Mensch er ist –, ihr steht auf der Seite des Guten. Ich hingegen bin einen Pakt mit dem Teufel eingegangen, indem ich Edward geheiratet habe, ohne mich vorher zu erkundigen, was genau auf seiner Plantage geschieht. Nur eine Verrückte würde so etwas gutheißen.»
«Vielleicht sind wir ja alle verrückt und tun Dinge, die uns der Teufel befiehlt», argumentierte Jess leise. «Ich bin nicht so engelhaft, wie du glaubst», bekannte er heiser. «Auch ich habe schon Menschen getötet, um an meine Ziele zu gelangen, und ich würde es wieder tun. Du wärst wahrscheinlich enttäuscht, wenn du den ganzen Jess kennenlernen würdest und nicht nur den, der sich um die Gunst einer wichtigen Geisel bemüht.»
«Was willst du mir damit sagen?», fragte sie in einem Anflug plötzlichen Argwohns.
«Dass ich ziemlich egoistisch bin und alles tun würde, damit du mir hilfst, meine Ziele zu erreichen. In diesem Fall, die Rettung der drei jungen Männer.»
«Das heißt, du würdest dafür sogar mit mir schlafen, wenn ich es wollte?»
Aus schmalen Lidern sah sie ihn an. Der Gedanke, dass er sich wie ein Candy Jones prostituierte, um sie auf perfide Weise für seine Zwecke einzuspannen, war ihr noch gar nicht gekommen.
«So war das nicht gemeint …», lenkte er ein und hob entwaffnend die Hände.
«Wie war es denn gemeint?»
Sie blickte ihn mit einem katzenhaften Lächeln an, wobei sie inständig hoffte, dass all seine Zärtlichkeit nicht nur ein Kalkül gewesen war, um sie von etwas zu überzeugen, das ihm wichtig war. Aber genau wusste sie es natürlich nicht. Ohne Zögern stellte sie ihm die alles entscheidende Frage: «Liebst du mich?»
Sie schaute ihn herausfordernd an. Selbst wenn sie nicht mit einer Antwort rechnete, war es ihr wichtig zu sehen, wie er darauf reagierte.
«Verdammt, Lena», stieß er hervor und wandte sich ab, um ihr nicht in die Augen sehen zu müssen. «Ich hab dir gesagt, dass Liebe kein Thema zwischen uns sein darf. Nicht jetzt und nicht in der Zukunft. Das hier ist kein romantischer Ausflug, sondern harte Realität. Du kannst mir nachsagen, was du willst, aber darüber habe ich dich nie im Unklaren gelassen.»
«Weißt du was?», log sie kühl. «Es ist mir egal, was du für mich empfindest. Ich werde meinen Teil der Abmachung halten und dir zuliebe mit wehenden Fahnen zu Edward zurückgehen.»
Überrascht blickte er auf, was sie nutzte, um ihm beschwörend in die Augen zu schauen. Sie hegte die verzweifelte Hoffnung, er würde spüren, wie sehr sie ihn liebte. Und dass er sich auf sie verlassen konnte, ganz gleich, was er selbst für sie empfand.
«Ich gehe zurück, weil ich meine eigene Mission für die drei Gefangenen erfüllen will. Danach werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um dich und deine Leute zu unterstützen. Egal, ob es dir passt oder nicht.»
Ein Blick auf seine schönen Hände, die er zu Fäusten geballt hatte, verriet die Anspannung, die ihn durchflutete. Die Art jedoch, wie er lässig neben ihr saß und nichts auf ihr Bekenntnis erwiderte, ließ sie nervös
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