Flamme von Jamaika
die damaligen Ereignisse zu sprechen, und Edward hätte sich gewünscht, er hätte es gelassen. Nur er selbst wusste, was sich tatsächlich zugetragen hatte. Hetty hatte ihm auf jenem verhängnisvollen Spaziergang durch den Park ziemlich gnadenlos erklärt, sie wolle die Verlobung lösen, weil sie ähnlich wie Lena vermutete, dass er es regelmäßig mit seinen Sklavinnen trieb. Irgendjemand hatte ihr zugetragen, dass ein paar Negerinnen von ihm schwanger seien. Als er sich zu rechtfertigen versuchte und sich dabei in Widersprüche verstrickte, hatte sie ihn angeschrien, dass sie sich bei seiner Hurerei am Ende noch die Syphilis holen könne oder gar Schlimmeres. Alles Beschwichtigen hatte zu keinem Ergebnis geführt. Dann hatte Edward plötzlich die Nerven verloren und sie hinter ein Gebüsch gezerrt, weil er ihr in einem überfallartigen Liebesakt beweisen wollte, dass es kein Zurück gab, weil sie ihm bereits mit Leib und Seele gehörte. Doch sie hatte sich gewehrt und noch heftiger zu schreien begonnen. Während er sie niederdrückte, um sie zu beruhigen, hatte er ihr den Mund zugehalten. Dabei war er wohl etwas zu kräftig vorgegangen, wobei ihm nicht aufgefallen war, dass er ihr den Atem nahm.
Als er mit ihr fertig war, lag sie erschlafft auf dem Boden, und er hatte es mit der Angst zu tun bekommen. Sie hatte das Bewusstsein verloren und regte sich nicht. Als er feststellen musste, dass sie tot war, beauftragte er Trevor in Panik, die Sache möglichst sauber für ihn zu erledigen. Trevor hatte die Leiche daraufhin zu den Zuckerpfannen getragen, um alles wie einen Unfall aussehen zu lassen. Dabei wurde er von einem jungen, kräftigen Sklaven überrascht, der von einer Nachbarplantage an Redfield Hall ausgeliehen worden war – und schon war der Schuldige gefunden. Trevor behauptete eiskalt, er habe den Jungen überrascht, nachdem dieser Hetty getötet und anschließend geschändet hatte.
Edwards Vater durfte die wahren Hintergründe niemals erfahren, und Trevor war durch diese Geschichte auf ewig an Edward und Redfield Hall gebunden, so wie er an seinen Vater gebunden war.
Als Mitwisser würde er ihn niemals entlassen können, ganz gleich, was geschah. Edward hatte ihm einen Freibrief erteilt, was sein Benehmen auf der Plantage betraf, und Trevor würde als Gegenleistung dichthalten.
Bolton, der von solchen Machenschaften noch nicht einmal etwas ahnte, nickte einsichtig.
«Aber das heißt noch lange nicht, dass der Mörder Ihrer Verlobten auch ein Rebell war. Diese Bezeichnung verdienen nur die gefährlichsten Banditen. Gegen das, was diese Halunken vorhaben, ist ein Mord oder eine Vergewaltigung ein Kinderspiel. Aber noch zu einer anderen Sache. Der Gouverneur berichtete mir, dass Sie seltsamen Besuch auf der Hochzeit Ihres Sohnes hatten. Eine verdächtige Person, die einen Fluch bekräftigt haben soll und anschließend geflüchtet ist. Ich hörte, dass bei der Verfolgung dieses Phantoms zwei hervorragende Scharfschützen ihr Leben gelassen haben. Denken Sie, dass die Entführung von Lady Helena mit diesen Geschehnissen etwas zu tun hat?»
Lord William kniff die Lippen zusammen und schaute durch das Terrassenfester in die Ferne, wo der Sturm noch zugelegt hatte und sogar die Trauerweiden rund um den abgelegenen Friedhof in Mitleidenschaft zog.
«Wissen Sie, seit dieser Geschichte sind wir in aller Munde, weil auf unserer Familie angeblich ein Fluch lastet, der sämtliche Frauen der Blakes betrifft. Ich halte das für einen ausgemachten Blödsinn und glaube nicht daran, dass da eine Verbindung zu Lenas Entführung besteht. Es sei denn, die Verrückte, die uns die Feierlichkeiten verdorben hat, wäre auch eine Rebellin.»
«Seit wann schmeißen Rebellen mit Hühnern?», schleuderte ihm Edward verärgert entgegen. Dann wandte er sich an Bolton.
«Sie haben doch eben selbst gesagt, diese Burschen wären aus einem anderen Holz geschnitzt. Warum bei der Verfolgung dieser Frau anschließend zwei Soldaten ihr Leben lassen mussten, ist natürlich eine interessante Frage. Aber die sollten nicht wir beantworten, sondern
Sie
! Schließlich sind
Sie
der vom Gouverneur eingesetzte militärische Ermittler. Wenn wir am Ende selbst herausfinden müssen, wer die Verbrecher in diesem Lande sind, können wir uns die Steuern für Ihren Sold auch sparen!»
Edward spürte, wie eine unkontrollierte Wut in ihm hochkochte. In solchen Fällen war er fähig zu töten, wie nicht nur Hetty MacMelvin sondern auch schon einige seiner
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