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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Spur zu halten, während die von Nebel überzogenen Zuckerrohrfelder an ihnen vorbeizogen. Hoch am Himmel drehten derweil die ersten Truthahngeier ihre Kreise.
    «Ich hasse die Art und Weise, wie die Weißen das Schicksal der Schwarzen bestimmen und uns knechten, als ob wir keine Menschen, sondern Tiere wären. Dabei ist es in Wahrheit umgekehrt. Dass sie immer bekommen, was sie wollen, und dass sie andere dafür schuften lassen, ganz gleich, wie hoch der Preis ist, das ist menschenunwürdig. Und ja, ich hasse weiße Frauen deines Schlages, die ein Dasein im Luxus führen, ohne darüber nachzudenken, dass nur einen Steinwurf entfernt Menschen dafür auf grausame Weise mit ihrem Leben bezahlen.»
    «Ich wage nicht zu sagen, dass ich nie dazugehört habe», bekannte Lena ehrlich. «Aber ich habe mich geändert. Und das verdanke ich Jess, der mir gezeigt hat, was auf dieser Insel wirklich geschieht.»
    «Er ist ein guter Mann», erwiderte Baba und schaute Lena mit ihren durchdringenden Augen an, die denen von Jess so verdammt ähnlich waren. «Ich bin so froh, dass er, was den Charakter betrifft, nichts von seinem Vater geerbt hat.»
    «Ich liebe ihn so unendlich», bekannte Lena, während ihr die Tränen in die Augen schossen. «Ich würde niemals etwas tun, das ihm schaden könnte.» Warum sagte sie das? Um sich zu rechtfertigen, dass sie Jess, ohne es zu wollen, an Lord William verraten hatte?
    «Ich weiß», sagte Baba noch einmal. «Und trotzdem hatte ich Angst, dass du nicht Wort halten würdest und ihn ins Verderben stürzen könntest.»
    «Deshalb das Gift», entgegnete Lena und lieferte sich selbst die Erklärung für Babas Verhalten. «Warum hast du mich nicht getötet?», fragte sie emotionslos. «Das wäre sicherer gewesen.»
    «Ich bin keine Mörderin», erklärte Baba beinahe beleidigt. «Auch wenn ich mir Lord Williams Tod zweifellos zuschreiben muss. Aber das ist Notwehr gewesen. Ich kenne ihn seit meiner Jugend und weiß, was für ein gerissener Hund er ist. Er hat immer so getan, als könne er kein Wässerchen trüben. Aber hinter seiner belanglosen Fassade verbarg sich eine gefühllose Fratze, die nur den eigenen Vorteil im Sinn hatte. Auch wenn sie eine weiße Lady wie dich nicht gefoltert hätten, um herauszubekommen, wo du während deiner Gefangenschaft warst, William hätte es früher oder später auf höchst hinterlistige Weise aus dir herausbefördert.»
    «Danke», sagte Lena schlicht und drückte Baba die Schulter. «Für so viel Weitsicht. Doch was hätte ich tun sollen? Schließlich war es nicht meine Idee, von Jess entführt zu werden.»
    «Wenn du uns nicht davongelaufen wärst, hätte er solche Gefahren nicht auf sich nehmen müssen», erinnerte Baba sie. «Normalerweise hätte er dich töten sollen, weil du sein Gesicht und das meinige dazu gesehen hast. Aber ich wusste, dass er das niemals über sich bringen würde. Nur gut, dass Cato nicht so viel Menschenkenntnis besitzt und sich von ihm hat täuschen lassen.»
    Auch das klang wie eine Entschuldigung. Und zu mehr würde sich Baba wohl nicht hinreißen lassen. Die letzten drei Meilen vor Spanish Town sprachen sie kein Wort mehr. Während Lena anfangs noch gegen ihre wiederkehrende Erschöpfung kämpfen musste, steigerte sich jetzt ihre Aufregung mit jedem Augenblick.
    Obwohl Lord William fast jede Woche als Landesvertreter im weiß-roten House of Assembly tagte, hatte Lena seit ihrer Ankunft erst zweimal die alte Kolonialstadt besucht, die schon zu Zeiten der spanischen Besatzung existierte. Als Erstes fielen dem Betrachter die breiten Boulevards, der prachtvolle Gouverneurspalast mit seinen antiken Säulen und die anglikanische Saint Catherine’s Cathedral ins Auge. Umgeben von hohen Palmen, bildete die Kirche das Zentrum des stolzen Städtchens.
    Inzwischen brannte die Sonne hoch vom Himmel, und die Zuckerrohrverkäufer wetteiferten mit den Händlern von Trinkkokosnüssen am Straßenrand darum, wer den vorbeifahrenden Kutschen als Erster seine Erfrischung anbieten durfte. Lena zückte unterdessen eine Flasche Limonade aus ihrer Ledertasche, die ihnen Estrelle mit auf den Weg gegeben hatte. Sie teilte den Inhalt mit Baba nicht nur, um ihren Durst zu löschen, sondern auch um die steigende Nervosität zu dämpfen.
    «Ich würde lieber die Flasche Brandy köpfen», murrte Baba und sprach damit aus, was Lena dachte. «Aber die ist für Jess.»
    Wenig später trafen sie vor dem auffälligen Gerichtsgebäude ein. Es handelte sich um ein

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