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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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meine schwarze Dienerin mitnehmen. Wenn Sie erlauben.»
    «Schon in Ordnung», sagte er. «Aber beeilen Sie sich. Ich möchte nicht, dass jemand die Sklavin sieht.»
    Mit einem Wink rief Lena Baba zu sich heran, die sichtlich erleichtert ihrem Aufruf folgte. Der Soldat nickte einem älteren Kameraden zu, der anscheinend einen niederen Rang bekleidete.
    «Durchsuch die beiden auf Waffen, dann geleite sie zu dem Neuankömmling in Block C.»
    Mit einem anzüglichen Grinsen tastete der Soldat Lenas Taille und ihre Beine durch den Stoff des Kleides ab. Auch Mama Baba musste sich dieser Prozedur unterziehen, und Lena war froh, dass sie offenbar auf die Mitnahme ihres Dolches verzichtet hatte. Als der Soldat die Abdeckung des Korbs lüftete, bemerkte Lena seinen begehrlichen Blick.
    «Oh, was haben wir denn da? Den sollten wir beschlagnahmen», raunte er seinem Kameraden zu.
    Als er Baba den Korb abnehmen wollte, schritt Lena energisch dazwischen.
    «Ich habe Ihnen beiden keinen Monatslohn spendiert, damit ich Sie auch noch durchfüttern muss, verstanden?»
    Ihre Stimme war undamenhaft laut geworden, was die Soldaten irritiert zurückweichen und auf die Herausgabe des Korbs verzichten ließ.
    Mit einem beklommenen Gefühl in der Brust näherte Lena sich anschließend den Zellen, wobei sie unwillkürlich Babas freie Hand ergriffen hatte, um sich ihres Beistands zu versichern. Sämtliche Verliese schienen belegt zu sein. Vorwiegend waren es dunkelhäutige Insassen, die mit leeren Blicken hinter den dicken Eisenstäben kauerten. Hier und da war auch ein weißes Gesicht zu erkennen, meist bärtig und ungepflegt.
    Der Weg, den der Soldat einschlug, führte zu einem abgelegenen Trakt, der mit doppelten Mauern versehen war. In die Gänge zwischen den Zellen fiel nur wenig Licht herein, und die Fenster waren wie kleine Schießscharten. Als sie vor einer hölzernen Tür ankamen, die im oberen Drittel ein kleines vergittertes Guckloch aufwies, blieb der Soldat stehen.
    «Eine Viertelstunde und keinen Schlag mehr», raunte er.
    «Dann schließen Sie schon auf, oder denken Sie, wir wollen die Zeit, die uns bleibt, auf dem Gang verbringen?»
    Mit einem verärgerten Schnauben drehte der Kerl den Schlüssel im Schloss herum und öffnete die knarrende Tür. Was dahinter zu sehen war, verschlug Lena die Stimme.
    «Jesús!», keuchte Mama Baba und war schon bei ihrem Sohn, der ausgestreckt auf dem Bauch halbnackt auf einer kargen Pritsche lag.
    Wimmernd beugte sie sich über ihn, offenbar nicht wissend, wie und ob sie ihn anfassen sollte. Lena war schockiert an der Tür stehen geblieben, doch nun trat sie näher heran. Die bleierne Angst, ob der Mann, den sie über alles liebte, nach dieser Tortur überhaupt noch am Leben war, nahm ihr den Atem.
    «Heiliger Heiland hilf!», flüsterte sie. «Was haben sie nur mit ihm angestellt?»
    Die Hüften nur notdürftig mit einem zerschlissenen Laken bedeckt, war es vor allem der Zustand seines breiten Rückens, der sie entsetzte. Zu den bereits vorhandenen Narben hatten sich unzählige rot geschwollene, blutige Striemen gesellt, die seine bronzefarbene Haut in ein regelrechtes Schlachtfeld verwandelten. Zu allem Übel tummelten sich etliche Fliegen auf dem blutigen Fleisch, die Baba mit energischer Geste verscheuchte. Ohne lange zu fackeln, machte sie sich daran, den Brandy und das Verbandmaterial aus dem Korb zu holen.
    Derweil ging Lena vor Jess in die Hocke und streichelte zögernd über sein bärtiges Gesicht. Seine Augen waren geschlossen und die dichten Wimpern von gelblichen Rückständen verklebt. Es sah aus, als ob er geweint hätte. Überwältigt von Mitleid, unterdrückte sie eisern die eigenen Tränen.
    «Er ist noch nicht tot», hörte sie sich selbst sagen und tastete mutig seinen breiten Hals ab. Die dicke Ader darauf pulsierte kräftig.
    «Du hast recht», krächzte Baba und nahm ihr damit die größte Furcht. «Es sieht aus, als hätte ihn eine gnädige Ohnmacht befallen.» Inzwischen hatte sie sich darangemacht, seine Wunden mit dem Brandy zu waschen, was Jess ein leises Stöhnen entlockte.
    «Jesús», zischte sie ihm energisch ins Ohr, wobei sie sachte an seiner unverletzten Schulter rüttelte. «Jesús, kannst du mich hören?»
    «Er braucht einen Arzt», erklärte Lena fassungslos, während ihr nun doch einzelne Tränen über die Wangen liefen. «Jess, ich flehe dich an, komm zu dir», bettelte sie und küsste ihn mutig auf die Stirn. «Deine Mutter ist hier. Wir wollen dir

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