Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
später einem Soldaten ins Innerste des Gefängnisses folgten.
    «Jetzt weiß ich auch, wieso mir Ihr Name bekannt vorkam», flüsterte der Advokat zurück.
    Lena sah ihn fragend an.
    «Über Ihre Entführung stand etwas in der
Kingston Gazette
. Darin wurden die Umstände natürlich etwas anders geschildert.» Er legte den Kopf schief. «Sie vermögen es, mich ernsthaft zu beeindrucken. Wenn mich mein Verstand nicht täuscht … Ich meine, eine reiche Pflanzersgattin und ein vermeintlicher Sklavenrebell! So was hört man nicht alle Tage.»
    Lena zog es vor zu schweigen. Die Angst, dass man Jess noch Schlimmeres angetan haben könnte, hatte sie fest im Griff – auch als sie endlich die braune Holztür erreichten, hinter der er sein grauenvolles Dasein fristete. Und doch war sie froh, ihm wenigstens einige Minuten nahe sein zu dürfen.
    Am liebsten hätte sie Gómez gebeten, draußen zu bleiben und auf sie zu warten, als der Wächter die Tür öffnete und ihnen zehn Minuten Besuchszeit gestattete. Aber natürlich musste der Advokat sehen, wen er verteidigen sollte.
    Zögernd traten sie ein. Jess hockte angekettet am Boden. Wenigstens hatte man ihm einen grauen Gefängniskittel und eine Hose überlassen, damit er nicht nackt in der Zelle saß.
    «Lena?»
    In seinen bernsteinfarbenen Augen erschien ein undefinierbares Leuchten, als er zu ihr aufschaute. Gleich darauf fixierte er den Fremden an ihrer Seite mit einem misstrauischen Blick.
    Ungeachtet ihrer Kleidung, fiel Lena vor Jess in den Staub und warf sich in seine Arme. Es war ihr egal, was ihr Begleiter denken mochte, sie musste Jess anfassen, seinen Atem spüren, sicher sein, dass es ihm den Umständen entsprechend gut ging. In den vergangenen Stunden war sie vor Sehnsucht nach ihm beinah gestorben. Wieder und wieder küsste sie seine spröden Lippen und streichelte über sein müdes Gesicht.
    «Baba geht es gut», wisperte sie, weil sie sich denken konnte, dass er sich nicht nur um sie, sondern auch um seine Mutter sorgte. «Sie ist dorthin zurückgegangen, wo sie hergekommen ist», erklärte sie kryptisch.
    Jess nickte beiläufig, zögerte jedoch, ihre Küsse zu erwidern. Sein kritischer Blick verharrte auf Gómez, der noch immer an der Tür stand und sie neugierig beobachtete.
    «Wer ist das?», fragte er abweisend.
    Lena unterbrach ihre Liebkosungen für einen Moment und wandte sich ihrem Begleiter zu, den sie fast vergessen hatte. Mit knappen Worten erklärte sie Jess, dass Gómez ihr Anwalt sei und ihnen helfen würde, Widerspruch gegen das Todesurteil einzulegen. Dann berichtete sie Jess von Edwards plötzlichem Tod und dass Bolton ihr die Sache anhängen wollte.
    «Hat er irgendetwas gegen dich in der Hand?», fragte Jess sichtlich beunruhigt.
    «Nein, wenn man von Trevors Lügengeschichten einmal absieht. Edward … hat sich versehentlich selbst … erschossen», erklärte sie zögernd und senkte den Blick.
    Allein die Tatsache, dass sie ihm bei ihren Worten nicht in die Augen schauen konnte, musste Jess verraten, dass die Wahrheit woanders lag. Glücklicherweise stellte er keine weiteren Fragen, sondern winkte den Advokaten herbei.
    «Hören Sie, Sir», begann er in einem sachlichen Ton, bemüht darum, seine stoische Haltung zu wahren. «Mein Leben ist so gut wie verwirkt, und ich denke nicht, dass Sie daran noch etwas ändern können. Aber Lena ist durch mich in etwas hineingeraten, dessen Ausmaße sie nicht versteht. Ich will nicht, dass ihr am Ende etwas zustößt, egal von welcher Seite. Deshalb muss sie so schnell wie möglich außer Landes geschafft werden. Ich bitte Sie, bei allem, was mir heilig ist, helfen Sie ihr, aus Jamaika zu verschwinden!»
    Er sah Gómez eindringlich an.
    «Und was ist mit Ihnen? Ich könnte Sie doch ungeachtet der falschen Anschuldigungen gegen Lady Blake vor Gericht vertreten. Ein Versuch wäre es auf jeden Fall wert. Vorausgesetzt, Sie spielen mit offenen Karten», gab Gómez zurück.
    Jess schüttelte den Kopf, dann schaute er Gómez so eindringlich an, als ob er ihn einer Hypnose unterziehen wollte.
    «Wenn Sie anfangen in meiner Vergangenheit herumzustochern – und Ihnen wird nichts anderes übrig bleiben, falls Sie meine Verteidigung übernehmen wollen –, werden eine Menge Dinge ans Tageslicht kommen, die keinem von uns nützlich sind. Am allerwenigsten Lady Helena. Deshalb will ich», presste er energisch hervor, «dass Sie Ihrer Mandantin so schnell wie möglich eine Passage nach Deutschland buchen, die sie

Weitere Kostenlose Bücher