Flamme von Jamaika
der Lady einen Mord zu unterstellen.» Gómez blieb hart. «Die Hausdiener haben Sir Edward in den Armen seiner Frau gefunden und …»
«Deshalb befürchtet Mister Hanson, die beiden Sklaven könnten mit Lady Blake unter einer Decke stecken», unterbrach ihn Bolton.
«Das ist absurd!», ereiferte sich Lena. Bisher hatte sie es vorgezogen zu schweigen. Doch jetzt reichte es ihr. «Mr. Hanson hat ein finanzielles Interesse daran, mich anzuprangern, damit ich die Plantage nicht übernehme. Er befürchtet, dass ich ihn entlassen und den Sklaven der Plantage die Freiheit schenken könnte.»
«Und?», fragte Bolton mit einem provokanten Lächeln. «Haben Sie so etwas vor?»
«Einspruch!», fiel Gómez ihm ins Wort. «Es hat niemanden zu interessieren, was Lady Blake mit ihrem Erbe anstellen wird.»
«Da muss ich Sie beide leider enttäuschen», erwiderte Bolton mit sichtlicher Genugtuung. «Ich habe mich nach den Anschuldigungen von Mr. Hanson bei Dr. Castlewood ein wenig kundig gemacht. Den Blakes war ihr Grund und Boden auf dieser Insel stets heilig. Nicht umsonst hat Lord William eine umfangreiche Nachlassregelung verfügt. So hat Lady Blake beispielsweise nur einen Anspruch auf Redfield Hall, wenn sie einen Erben gebiert, der dem Blut der Blakes entstammt. Bis dahin hat sie kein Recht, die Plantage zu führen oder zu veräußern.»
Er plusterte sich auf.
«Daher werde ich zwei Ermittlungsansätzen nachgehen, bevor diese leidige Erbschaftsangelegenheit endgültig geklärt werden kann. Zum einen werden wir weitere Zeugen in Redfield Hall befragen, um eine mögliche Schuld oder Mitschuld Lady Helenas am Tod ihres Schwiegervaters und ihres Gatten zu prüfen. Und zum anderen muss die Frage geklärt werden, ob das Kind, das in ihr heranwächst, ein echter Blake ist. Schließlich bestehen daran ernsthafte Zweifel.»
Nun grinste er süffisant.
«Oder wollen Sie bestreiten, Mylady, dass wir Sie im Bett dieses Pfaffen erwischt haben? Wer weiß denn, wie lange diese Geschichte schon ging?»
Lena wäre am liebsten im Erdboden versunken, als Gómez sie überrascht anschaute.
«Von wem redet er?»
«Ein gewisser Moses, der sich als Wanderprediger ausgibt, sitzt zurzeit in unserer Todeszelle und wartet auf seine Hinrichtung», erklärte Bolton ohne einen Anflug von Mitleid. «Angeblich hat er Lady Blake aus ihrem Haus entführt. Doch die beiden schienen seltsam vertraut.»
«Meinen Sie den Baptistenprediger?», warf Gómez eilig ein und sah Lena fragend an. «Aber ich dachte, dem Mann wird – wenn auch fälschlicherweise – ein Mord vorgeworfen.» Ganz offensichtlich war er irritiert.
«Von fälschlicherweise kann keine Rede sein. Er hat bei seiner Festnahme einen meiner Soldaten getötet. Hauptrichter Joshua Rowe hat in einem Schnellverfahren entschieden, dass der Gefangene dafür am kommenden Freitag in Montego Bay gehängt werden soll. Wenn bis dahin niemand auftaucht, der die geforderte Kaution für ihn aufbringen kann, wird das Urteil vollstreckt.»
«Es war Notwehr», ereiferte sich Lena, wobei sie bemerkte, wie sich Gómez’ Lider verengten.
«Hatte der Gefangene einen Rechtsbeistand bei seiner Verurteilung?», fragte er.
Bolton wich seinem Blick aus. «Er hat uns noch nicht einmal die Wahrheit über seine Herkunft verraten. Und auch Lady Blake konnte bedauerlicherweise nicht zur Aufklärung beitragen. Anhand der Narben auf seinem Rücken müssen wir aber davon ausgehen, dass es sich um einen entlaufenen Sklaven handelt. Somit besitzt er nicht mehr Rechte als ein Tier, das herrenlos durch die Gegend läuft.»
«Auch wenn mich Ihre Sichtweise zutiefst beschämt, kann ich Ihnen da kaum widersprechen, weil unsere Gesetze einem Sklaven nur eingeschränkte Rechte zusprechen. Aber ich möchte ihn mir trotzdem gerne einmal ansehen. Zumal Lady Blake darauf besteht, dass er ein freier Mann ist.»
Bolton zögerte einen Moment, doch dann gab er nach. Es sah ganz danach aus, dass er sich Gómez und seine Begleitung endlich vom Hals schaffen wollte.
«Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn Lady Blake mich begleitet?»
«Von mir aus», knurrte Bolton ungehalten und vollzog eine unwirsche Handbewegung, als ob er sie aus dem Raum scheuchen wollte. «Aber machen Sie Ihrer Mandantin klar, dass sie sich wegen der laufenden Untersuchungen zum Tode ihres Gatten und seines Vaters für die Beschuldigtenvernehmung jederzeit bereithalten muss.»
«Danke», sagte Lena mit schwacher Stimme, als sie und Gómez wenig
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