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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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hatten, ihn abzuschütteln.
    «Für seine Treue sollte man ihm glatt einen Orden verleihen», spöttelte Maggie, als er ihnen ein paar Tage später in einiger Entfernung zur Krankenstation folgte.
    Als sie die lang gezogene Bretterbude betraten, die gut achthundert Meter von der Villa entfernt lag und eher einer Scheune als einem Hospital glich, zog er es vor, draußen Aufstellung zu nehmen und auf sie zu warten. Anny, eine bereits ergraute, schwarzhäutige Pflegerin, bot sich an, sie ein wenig herumzuführen.
    Bereitwillig erklärte sie den beiden Frauen, dass der Arzt alle zwei Wochen vorbeikam, um den Zustand der Insassen zu überprüfen.
    «Nur alle zwei Wochen?», fragte Maggie.
    «Soweit ich weiß», gab Lena zu bedenken, «betreibt Dr. Lafayette neben seiner Anstellung im Militärhospital in Fort Littleton auch noch eine Privatpraxis. Da bleibt anscheinend nicht viel Zeit.»
    Lena und Maggie waren entsetzt über das, was sie im Inneren des Hauses erwartete. Boden und Wände wirkten ungepflegt, das Mobiliar war hoffnungslos veraltet. Es gab keine Betten, sondern nur abgewetzte Strohmatratzen mit grauen Wolldecken, die schon lange keinen Waschbottich mehr gesehen hatten.
    Die Luft war stickig, und die anwesenden Patienten schliefen oder starrten lethargisch ins Nichts. Maggie warf Lena einen bedeutungsschwangeren Blick zu. Ob Edward und sein Vater gar nicht wussten, wie schlecht es den Kranken dort erging?, überlegte Lena verdrossen.
    Sie wunderte sich, warum Edward ihr so stolz von der Krankenstation und dem behandelnden Arzt erzählt hatte.
    «Die meisten der Männer hier vertrauen ohnehin keinem weißen Doktor», erklärte Anny. Was sie anstelle dessen zur Heilung ihrer Leiden bevorzugten, verriet sie allerdings auch nicht.
    Mit einem parfümierten Tüchlein vor Mund und Nase schritt Lena die Pritschen der Kranken ab, dicht gefolgt von Maggie, die den Rundgang am liebsten so schnell wie möglich beendet hätte.
    «Seltsam, dass bei annähernd tausend Sklaven nur insgesamt vierzehn Männer den Krankensaal bevölkern», wunderte sich Lena.
    Einige schienen von der Schwindsucht ergriffen zu sein, weil sie Blut spuckten und stark abgemagert waren. Lena wusste, dass die Krankheit auch bei den Ärmeren auf den Straßen von London und Hamburg auftrat, aber auch längst die Salons der Großstädte erreicht hatte. Es hieß, Licht und Sonne würden die Leiden lindern, was in Anbetracht der Lage, dass sie sich hier auf einer tropischen Insel befanden, wohl nicht zu stimmen schien.
    «Die meisten von ihnen haben während der Arbeit an der Zuckermühle Quetschungen erlitten», erklärte Anny mit Bedauern in der Stimme. «Die Heilung ist zu langwierig, um sie anderweitig einzusetzen.»
    Lena machte an der Pritsche eines noch jungen, ausgemergelten Sklaven halt, dessen rechte Schulter unter der verfilzten Wolldecke verborgen lag. Er schien sie überhaupt nicht zu bemerken, denn sein fiebriger Blick ging ins Leere. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
    «Was ist mit ihm?», fragte sie Anny besorgt.
    «Nichts von Bedeutung, Madame», beeilte sich die Pflegerin zu sagen und drängte Lena weiter.
    «Nichts?»
    In der untrüglichen Ahnung, dass an der Geschichte was faul sein musste, hob Lena die Decke an. Was sie sah, nahm ihr förmlich den Atem. Dem Mann fehlte der gesamte rechte Arm. Der Verband an seiner Schulter, der auch seine Brust umspannte, war schmutzig und von übel riechenden Sekreten durchtränkt.
    «Um Himmels willen!», rief sie und wandte sich entsetzt ab.
    Auch Maggie war kaum fähig, ein Würgen zu unterdrücken. «Was ist ihm bloß widerfahren?»
    Anny zuckte mit den Schultern. «Er ist vor drei Monaten mit der Hand in die Zuckermühle geraten. Das hat ihm den Arm abgerissen. Der Doktor hat ihn operiert, aber das Fleisch will nicht heilen.»
    «Es sieht mir nicht danach aus, als ob er eine anständige medizinische Versorgung bekäme.»
    Trotz Übelkeit erwachte Lenas Kampfgeist. Offenbar kümmerten Edward und sein Vater sich nicht besonders um den Zustand der Kranken.
    «Der Master sagt, wir dürfen kein weiteres Geld für Arzt oder Medizin ausgeben. Entweder er schafft es von alleine, oder Gott wird ihn zu sich holen.»
    «Und bis es so weit ist, soll er leiden wie ein Hund?», stieß Maggie spöttisch hervor.
    «Bitte, Madame», flehte Anny und sah Lena mit großen Augen an. «Sagen Sie dem Master nicht, dass ich Sie zu ihm geführt habe. Er wird ihn sonst ganz aus dem Hospital verbannen und mich

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