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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Gefangenenlager neben dem Gerichtsgebäude auf ihren Prozess warten.
    Vor ein paar Nächten hatten Jess und einige seiner Männer auf Catos Befehl hin versucht, die drei Unglücklichen zu befreien. Das Unternehmen war extrem gefährlich gewesen, weil es nicht nur ihr eigenes Leben kosten konnte, sondern im Falle ihrer Gefangennahme schlimmste Folterungen hätte nach sich ziehen können. Unweit des Gouverneurspalastes waren sie auf dem Bauch liegend an Soldaten und Hunden vorbei bis an die dicken Wälle des Gefängnishauses gerobbt.
    Lautlos hatte Nathan einem der Wächter die Kehle durchschnitten und dessen Pistole an sich genommen. Jess erledigte inzwischen den zweiten Wachmann, indem er dem Mann mit einer gezielten Bewegung das Genick brach, bevor dieser Alarm schlagen konnte. Danach bekreuzigte er sich und sprach ein Vaterunser, obwohl das nicht ausreichen würde, um seine Seele von dieser Todsünde reinzuwaschen. Doch er tröstete sich damit, dass er es für das Leben der drei jungen Sklaven getan hatte. Immer noch hatte er die verzweifelten Schreie der Gefolterten im Ohr, denen man mit Daumenschrauben und glühenden Eisen zu Leibe gerückt war, um herauszufinden, wo sich das Lager der Rebellen befand. Nicht selten schnitt man den entflohenen Sklaven Nase und Ohren ab, um sie zum Reden zu bringen. Doch die drei konnten nichts verraten, weil sie nichts wussten. Potenzielle Flüchtlinge erfuhren zur Vorbereitung nur das, was sie unbedingt wissen mussten. In jener Nacht jedoch scheiterte die Rettungsaktion. Jess und seine Kameraden hatten die jungen Männer nicht aus ihrer Todeszelle befreien können, da die Mauern zu hoch gewesen waren und die Hunde Alarm geschlagen hatten.
    Jess wusch sich geistesabwesend sein dichtes Haar, das ihm bis weit über die Schultern reichte. Obwohl die Sonne zwischen den Wolken hervorbrach, fröstelte es ihn bei dem Gedanken, dass man die Gefangenen nach ihrem missglückten Befreiungsversuch nach Fort Charles gebracht hatte, wo ihnen nun der Prozess gemacht werden würde. Das Fort war berüchtigt für seinen brutalen Umgang mit den Insassen und lag auf einer Landzunge vor Port Royal. Für Jess und seine Leute war es aufgrund der Lage mitten im Meer so gut wie unerreichbar. Plötzlich hielt er inne. Ein Seitenblick bestätigte sein Gefühl. Er wurde beobachtet. Seit er im Dschungel lebte, waren all seine Sinne geschärft. Allerdings war ihm schnell klar, dass von den drei kichernden, dunkelhäutigen Mädchen, die sich hinter einem üppigen Strauch voll roter Blüten versteckt hielten, keine Gefahr ausging.
    Natürlich kannte er die drei. Zwei von ihnen hatten inzwischen das heiratsfähige Alter erreicht und interessierten sich seit einiger Zeit unübersehbar für die jungen Männer des Lagers. Oder sollte er sagen, für deren körperliche Ausstattung, denn offenbar amüsierten sie sich gerade köstlich über seinen entblößten Penis. Unbeeindruckt von seinen Zuschauerinnen, watete er zum Ufer und trocknete sich mit einem zerschlissenen Leinentuch ab, das er sich anschließend um die Hüften schlang. Danach stieg er hastig in seine Hose und schlüpfte in die abgetragenen Armeestiefel.
    Noch immer verfolgten ihn die Mädchen mit ihren Blicken und winkten ihm zaghaft zu, als er aufblickte. Die Älteste war knapp fünfzehn. Sie hob kurz ihre Röcke bis zu den Oberschenkeln und ließ wie bei einem Fruchtbarkeitstanz keck ihre Hüften kreisen.
    «So jung und schon so verdorben», murmelte Jess und schüttelte den Kopf.
    Doch wer wollte es ihnen verdenken? Viel Abwechslung gab es hier oben nicht. Und die meisten Bewohner des Lagers befanden sich in ständiger Anspannung, von weißen Häschern entdeckt und getötet zu werden. Da blieb für die Jugend nicht viel Zeit zum Träumen und Lieben – ein Zustand, an den die meisten Sklaven ohnehin nicht gewöhnt waren. In der Gefangenschaft weißer Herren gestattete man den wenigsten, sich einen Mann oder eine Frau fürs Leben zu wählen. Und selbst wenn, so waren die Kinder dieser Ehe Eigentum des Masters, wie Jess aus eigener, leidvoller Erfahrung wusste. Als er aufblickte, schaute er direkt in das ebenmäßige Gesicht von Selina, der Mutter der drei Mädchen. Sie war geschickter an ihn herangeschlichen als ihre Töchter. Leicht verlegen trat sie hinter einem Felsen hervor und lächelte ihn mit ihren samtbraunen Augen an. Ihre schwarzen, krausen Haare hatte sie sich zu mehreren lustig abstehenden Zöpfen geflochten, was nicht unbedingt seinem

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