Flammen der Rache
sie die öden bis ekelhaften Aufgaben verrichten musste, die nun mal zum Beruf einer Krankenschwester gehörten. Sie hatte sie freundlich und mit professioneller Perfektion ausgeführt, und das verflucht viele
Jahre
lang.
Sie würde alles tun, damit er ihr vergab und sie wieder in seiner Gunst stand.
Das Telefon klingelte und klingelte. Zehnmal, fünfzehnmal. Zoe wartete geduldig, während sie beobachtete, wie Lily ziellos zwischen den Blumenbeeten umherwanderte. King war ein viel beschäftigter und wichtiger Mann, der eine Menge um die Ohren hatte. Sie musste warten, bis er Zeit für sie fand.
Lily spähte wieder zu ihr hoch, während Zoe um Fassung bemüht nach unten starrte. Sie begann, im Kopf ein DeepWeave-Notfallprogramm zu rezitieren, um sich zu beruhigen, bevor …
»Zoe, meine Liebe«, sagte die Stimme, die sie so vergötterte. »Erzähl mir alles.«
Oh
. Zoe atmete mit bebenden Nasenflügeln tief durch. Diese Stimme. So tief, so voll, so perlend. Sie war einfach hypnotisch. Zoe unterdrückte ihre Aufregung, spannte jeden Muskel im Körper an und brachte ihre flatternden Nerven unter Kontrolle.
»Howard war ungezogen«, verkündete sie. Ihre Stimme zitterte kaum.
Am anderen Ende trat eine nachdenkliche Pause ein. »Er hat es dem Mädchen gesagt?«
»Ja.« Sie nahm ihren Mut zusammen und gestand den Rest. »Er hat Namen genannt.«
»Ich verstehe.« Es verstrichen weitere quälende Sekunden der Stille. »Und wieso hast du ihm das gestattet, meine Liebe?« Kings Tonfall war bedrohlich sanft. »Was war das Ziel dieses Auftrags? Ist es dir
entfallen
?«
»Nein!« Sie schluckte schwer. »Sie waren allein im Zimmer, so wie immer, und er … er hat mich kalt erwischt! Ich habe jede Mitschrift ihrer Gespräche der letzten vier Jahre genauestens studiert, und er hat bis heute nie ein Wort über die Sache verloren, darum …«
»Zoe«, unterbrach er sie freundlich. »Beruhige dich. Du faselst wirr.«
Zoe biss die Zähne zusammen. »Ich hatte die Worterkennung so programmiert, dass ich benachrichtigt werde, sobald Magda Ranieris Name fällt, aber es gab eine Zeitverzögerung von mehreren Minuten, mit der ich nicht gerechnet hatte. Darum … es war eine technische Panne. Howard hat eine Weile erzählt. Ich hatte noch nicht die Zeit, mir die Aufnahme anzuhören, weil ich zuerst Ihre weiteren Befehle einholen wollte. Möchten Sie, dass ich Ihnen das Rohmaterial sofort schicke? Ich könnte …«
»Nein. Das Wichtigste zuerst. Wo ist das Mädchen jetzt?«
»Sie wartet draußen auf ihr Taxi«, antwortete Zoe. »Ich stehe gerade am Fenster und behalte sie im Auge. Cal hat sie am Bahnhof aufgegabelt und hierhergefahren. Ich habe ihn bereits instruiert, so schnell wie möglich zurückzukommen und sie abzuholen. Er wird sich für Sie um die Frau kümmern. Allerdings habe ich erhebliche Zweifel, dass sie Howard überhaupt ein einziges Wort glaubt. Niemand würde das heute mehr tun.«
»Das ist nicht relevant.« Kings Stimme klang leicht gereizt. »Ich werde nicht länger Zeit und Geld auf diese Angelegenheit verschwenden. Diese dumme Sache darf mir jetzt, wo die Dinge endlich ins Rollen kommen, auf keinen Fall die Tour vermasseln.«
»Natürlich«, pflichtete Zoe ihm hastig bei. »Sie haben vollkommen recht.«
»Ich hätte diesen Schlamassel schon vor Jahren aus der Welt schaffen sollen«, fuhr King fort. »Ich will, dass das heute noch erledigt wird. Anschließend will ich nie wieder etwas davon hören.«
»Verstanden«, sagte sie. »Soll ich Cal sagen, dass er …«
»Ich werde Cal selbst kontaktieren. Konzentriere du dich auf Howard. Ist alles vorbereitet?«
Ihr Herz machte einen Satz, weil es jetzt losgehen sollte. »Selbstverständlich.«
Völlig aufgeregt steckte sie ihr Handy ein. Endlich! Nach Jahren der Langeweile war die Strafe nun abgebüßt. Ihre Zeit war gekommen, und sie durfte tun, wofür sie ausgebildet worden war. Und sie würde es richtigmachen. Er würde wahnsinnig stolz auf sie sein.
Die Endorphinausschüttung, die dieser Gedanke in ihr auslöste, raubte ihr für acht Sekunden die Konzentration. Zoe riss sich zusammen und holte die präparierte Sporttasche aus ihrem Spind im Personalbereich. Sie ging zu Howard Parrs Zimmer, überprüfte kurz den menschenleeren Flur und trat ein. Das vorhin verabreichte Schlafmittel hatte ihn in einen leichten Schlummer versetzt. Es war unwahrscheinlich, dass er ihre Vorbereitungen mitbekommen würde. Zudem wäre er wahrscheinlich ohnehin nicht in der Lage,
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