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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Männer könnten umherschweifen, ohne aufzufallen.«
    »Ich weiß nicht, ob es gut ist, Fremde zu nehmen«, wandte Gardner ein.
    Aber ihm wurde nach kurzem Nachdenken klar, dass sie sich der Treue der hier aufgewachsenen Knechte nicht sicher sein konnten. Fast alle hatten Bekannte oder Verwandte in der Stadt und konnten zudem von den Leuten dort bestochen werden. Die Landsknechte hingegen besaßen keinerlei Beziehungen zu Münster und waren daher verlässlicher.
    »Macht es, wie es Euch am besten dünkt. Doch nun will ich diese Kleider loswerden. Wieso muss ein Bauer so stinken?«, erklärte Gardner und beschloss, Emmerich von Brackenstein nach Telgte zu begleiten, um sich mit dem Fürstbischof beraten zu können.

14.
    F rauke hatte sich daran gewöhnt, jeden Morgen als eine der Ersten am Brunnen zu sein, um Lotte zu treffen. Diese half ihr, das Wasser zu schöpfen, und trug ihr meist sogar einen der Eimer bis zum Haus. Dort hatte sich wenig verändert. Der Vater lebte mit Katrijn wie Mann und Frau zusammen, während ihre Mutter sich nicht im Geringsten um das kümmerte, was um sie herum geschah. Wenn Frauke oder Silke sie ansprachen, antwortete sie auf so seltsame Weise, als befänden sie sich noch in Stillenbeck. Manchmal behauptete sie sogar, dass sie eben mit Haug geredet hätte, der ihr von ihren Kindern doch das liebste wäre. Mittlerweile verließ Inken Hinrichs ihre Kammer auch nicht mehr zu den Mahlzeiten, und so brachten die Töchter ihr das Essen ans Bett.
    Frauke und Silke übernahmen den Löwenanteil der Arbeit, denn Helm musste dem Vater helfen, Gürtel zu schneiden und Schnallen anzunähen.
    Auch an diesem Tag verließ Frauke in aller Herrgottsfrühe das Haus und eilte durch die dunklen Straßen zum Brunnen. Dort rührte sich noch nichts, aber kurz nach ihr traf Lotte ein.
    »Guten Morgen«, grüßte Frauke.
    »Ich wünsche dir ebenfalls einen guten Morgen! Findest du nicht auch, dass es über Nacht kalt geworden ist?« Lothar klopfte sich gegen die Oberarme und fragte sich gleichzeitig, wer ein so unmögliches Kleidungsstück wie einen Rock erfunden haben mochte. Obwohl er Unterhosen trug, waren seine Beine darunter nackt, und er spürte bei jedem Schritt einen kalten Luftzug an Waden und Knien.
    »Es ist wirklich kalt geworden«, antwortete Frauke. »Aber im Winter ist das nun mal so! Daher sollten wir uns beeilen.«
    »Schade! Ich würde gerne ein wenig mit dir schwatzen.«
    Es gab zwar keinen besonderen Grund dafür, doch Lothar genoss es jeden Tag, einfach Fraukes Stimme zu hören. Sie war so viel sanfter als die der Prediger, welche die Unmoral der Welt geißelten und ihre Anhänger zu einem gottgefälligen Leben aufriefen. Seit die Truppen des Fürstbischofs immer mehr Straßen blockierten, war der Umgangston in der Stadt rauher geworden. Zwar kamen immer noch Gruppen von Wiedertäufern nach Münster, doch diese Menschen mussten die feindlichen Truppen umgehen und konnten daher nicht viel bei sich tragen.
    »Du lebst doch allein. Da können wir zu dir gehen und ein wenig plaudern. Ein Viertelstündchen habe ich Zeit«, schlug Frauke in aller Unschuld vor.
    Lothar atmete schneller. Der Reiz, den das Mädchen auf ihn ausübte, war mit jedem Tage stärker geworden. Wenn er nachts schlaflos in seinem Bett lag, stellte er sich vor, sie wäre bei ihm und würde in seinen Armen schlummern.
    Nimm dich zusammen, schalt er sich und rang sich ein Lächeln ab. »Mich würde es freuen. Dafür trage ich dir hinterher die vollen Eimer nach Hause.«
    »Es ist nicht mein Zuhause«, sagte Frauke bitter. »Das war ganz woanders, zuletzt dort, wo mein Bruder Haug sterben musste. Diese Stadt hier ist mir fremd, und viele, die in ihr wohnen, flößen mir Angst ein.«
    Sie musste keine Namen nennen, denn Lothar wusste genau, wen sie meinte. Da war zum einen Bernhard Rothmann, der in seinen Predigten immer radikaler wurde, dann Bernd Knipperdolling, der nur noch mit einem Schwert bewaffnet herumlief und damit drohte, jeden niederzuschlagen, der sich als Feind der Täufer erwies. Auch Heinrich Krechting gehörte zu jenen, die keine Gnade für Altgläubige kannten. Am meisten aber fürchtete Frauke sich vor Jan Bockelson. Dieser trat immer mehr als die rechte Hand Gottes auf und ließ keinen Widerspruch gelten.
    »Solange ich hier bin, brauchst du keine Angst zu haben«, versuchte Lothar, das Mädchen zu beruhigen.
    »Das ist lieb von dir, aber du bist auch nur eine Frau. Diese Männer, sage ich dir, führen uns noch

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