Flammen des Himmels
lachend.
Allmählich begriffen die Landsknechte, dass ihr Angriff sinnlos war, und wichen zurück. Bruder Cosmas stellte sich ihnen mit zornroter Miene in den Weg.
»Greift an, ihr Hunde! Macht die Ketzer nieder!«
Einer der Söldner packte ihn und stieß ihn auf die Brücke zu.
»Greif doch selber an, verdammter Mönch!«
Ehe Bruder Cosmas sichs versah, schoben ihn andere Landsknechte weiter nach vorne, bis er sich den Wiedertäufern gegenübersah. Er wollte entsetzt zurückweichen. Doch hinter ihm standen die eigenen Männer wie eine undurchdringliche Mauer, während Arno grinsend auf ihn zukam.
»Zuerst Graf Emmerich und jetzt noch ein Mönch. Dieser Tag ist ein guter Tag!«, rief der Söldner und stieß mit der Pike zu.
Bruder Cosmas fühlte den Schmerz und sah, wie Blut über seine Kutte lief. »Verflucht sollst du sein. Der Teufel …«
Mehr brachte er nicht mehr heraus. Arno versetzte ihm noch einen Tritt und stieß ihn von der Brücke. Während der Mönch gurgelnd in der Aa versank, gaben die bischöflichen Söldner Fersengeld.
Die Wiedertäufer wollten ihnen nachsetzen, doch da griff Heinrich Krechting ein. »Bleibt hier, Brüder! Seht ihr denn nicht die Reiter dort hinten? Sobald ihr die Brücke verlasst, werden sie euch niederhauen.«
Zufrieden sah er zu, wie Arno und die anderen stehen blieben und sich wieder durch das Tor zurückzogen. Dann gesellte er sich mit einem erleichterten Lachen zu Bockelson.
»Wir haben einen ersten Sieg errungen und unsere Feinde gedemütigt. Jetzt wird es einige Zeit dauern, bis Franz von Waldeck seine Leute erneut zum Sturm bewegen kann.«
»Ich habe es vorhergesehen!«, rief Bockelson begeistert aus. »Gott hat mir gesagt, dass wir siegen werden! Und er hat mir noch mehr offenbart. Sammelt sein Volk auf dem Domplatz, auf dass ich ihm den Willen des Herrn mitteilen kann.«
15.
D ie Leichtigkeit, mit der sie den ersten Sturmangriff der Belagerer hatten zurückschlagen können, schrieben die meisten Wiedertäufer Bockelsons Einfluss auf den Himmel zu. Daher erklangen aus der Menge, die sich auf dem Domplatz versammelte, enthusiastische Hochrufe, und die Prediger priesen ihn als den von Gott gesandten Propheten.
Bockelson genoss den Jubel sichtlich und lächelte Gertrude zu, der einstigen Witwe von Jan Matthys, die an diesem Tag seine Ehefrau werden sollte. Aus diesem Grund trug sie ein prachtvolles Kleid, das sich eher für eine adelige Dame geziemt hätte. Neben dem Paar hatten Bernd Knipperdolling und Johann Dusentschuer das Podest erklommen. Bockelsons Echos nannte Frauke sie im Stillen, weil sie dessen Weissagungen stets bestätigten. Diesmal setzten sich alle vier auf Stühle, und das war etwas, das sie vorher noch nie getan hatten.
»Irgendetwas geht hier vor«, raunte Frauke Lothar zu.
»Damit dürftest du recht haben.« Lothar beobachtete den Propheten nun genauer.
Bockelson lauschte zunächst nur Bernhard Rothmanns Predigt, der ihn mit weit hallender Stimme als neuen David und Salomon pries. Kaum hatte Rothmann geendet, stand er auf und hob die rechte Hand. »Brüder und Schwestern im Glauben! Mein Volk!«, begann er noch etwas stockend. »Gott der Herr hat sich mir offenbart und mir befohlen, was nun geschehen soll. Es ist Gottes Wille, dass wir sein Königreich auf Erden errichten. Diese Stadt hier wird für alle Zeiten das neue Jerusalem sein und wir das erwählte Volk!«
Jubel antwortete ihm, während Heinrich Gresbeck und zwei weitere Bürger, die sich in Fraukes und Lothars Nähe aufhielten, missmutig die Gesichter verzogen.
Bockelson wartete, bis die Menge sich beruhigt hatte, und sprach dann weiter. »Gott befahl mir, demütig mein Haupt zu senken, und setzte mir die Krone seines Reiches auf Erden auf. Von diesem Tage an bin ich der König von Neu-Jerusalem, und ihr seid mein Volk!«
»Jetzt ist er total übergeschnappt!«, stöhnte Gresbeck.
Auch Frauke schüttelte den Kopf. Die Täufer waren stets eine Gemeinschaft der Gleichen gewesen. Selbst ihre Prediger und Propheten hatten keine besonderen Rechte und Privilegien gefordert. Ihnen allen war es nur darum gegangen, ein gottgefälliges Leben zu führen und auf die Wiederkehr Christi zu warten. Doch was Jan Bockelson van Leiden hier tat, war ein Verrat an den Grundprinzipien ihres Glaubens. Daher erwartete sie einen Sturm der Entrüstung.
Stattdessen aber jubelten die meisten dem Mann zu. Nur wenige zeigten ihren Unwillen so offen wie Heinrich Gresbeck. Doch als der Söldnerführer
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