Flammen des Himmels
Arno in seiner Nähe vorbeikam, stieß sogar Gresbeck ein paar Rufe aus, die als Jubel aufgefasst werden konnten.
Bockelson blickte über die Menge. Die Ausrufung des Königreichs und seine Selbsternennung zum König war nur ein Teil dessen, was er verkünden wollte. Als es stiller wurde, winkte er Johann Dusentschuer zu sich, sprach zunächst aber selbst.
»Als Gott mich zum König krönte, wehrte ich ab und sagte: ›Oh Herr, die Last ist zu schwer für meine Schultern.‹ Da schlug Gott mich mit seinem Stab, und ich spürte meine Kräfte wachsen. Doch noch immer glaubte ich mich der Ehre nicht würdig und sagte zu Gott: ›Herr, wie soll ich dein Volk führen, wenn es darin so viel mehr Weiber als Männer gibt? Wie sollen wir da in Erwartung des Heils leben können? Wie soll ich verhindern, dass Unzucht und Hurerei Einzug halten?‹
Da berührte Gott mich erneut mit seinem Stab und sagte: ›Hast du nicht in der Heiligen Schrift gelesen, dass der Erzvater Abraham neben Sara, der Mutter des Isaak, auch Hagar in sein Haus aufnahm und diese ihm Ismail gebar? Hast du nicht gelesen, dass Jakob nicht nur Lea und Rachel gemeinsam zum Weibe nahm, sondern auch deren Mägde Bilha und Silpa erkannte und diese ihm Söhne gebaren?‹«
»Worauf will er hinaus?«, fragte Frauke sich bang, als Dusentschuer anstelle des Propheten weitersprach.
»Ich erlebte den Kampf unseres Königs Jan ebenfalls mit. Er rang mit Gott, wie einst Jakob mit ihm gerungen hat, und wurde wie dieser erleuchtet. Es ist der Wille des Herrn, dass wir als Patriarchen von Neu-Jerusalem es den Erzvätern des Glaubens gleichtun und uns nicht nur ein Eheweib ins Haus nehmen, sondern so viele, wie unser Rang in unserer heiligen Gemeinschaft es erlaubt.«
»So ist es!«, ergriff nun wieder Bockelson das Wort. »Auch sagte Gott zu mir, dass kein Mann und kein Weib in der Stadt unverheiratet bleiben dürfen. Innerhalb von drei Tagen soll ein jeder von euch sich so viele Weiber wählen, wie es für ihn ziemlich ist, und kein Weib darf sich der Werbung versagen.«
Diesmal blieb der Jubel aus. Selbst Bockelsons engste Anhänger sahen einander verwirrt an.
Frauke zupfte Lothar am Ärmel. »Bei Gott, was sollen wir nun tun?«
»Wenn ich das wüsste, wäre ich klug zu nennen«, stöhnte er und verfluchte seine Verkleidung, die in dem Augenblick auffliegen würde, in dem ihm irgendein Mann die Heirat antrug.
Achter Teil
Die Belagerung
1.
I n seiner Wut hätte Franz von Waldeck seinen Feldhauptmann am liebsten in Eisen schlagen und in den Kerker werfen lassen. Doch ihm war schmerzhaft bewusst, dass er Wilken Steding dringend benötigte. Es gab in seiner ganzen Umgebung keinen Zweiten, dem es gelingen könnte, die aufgebrachten Landsknechte zur Besinnung zu bringen.
»Dieser Angriff wurde äußerst närrisch ausgeführt«, stieß Waldeck mit eisiger Stimme hervor.
Es lag Wilken Steding auf der Zunge zu sagen, dass der Fürstbischof selbst angeordnet hatte, einen Sturm auf die Stadt zu wagen. Doch damit hätte er sich Waldeck endgültig zum Feind gemacht. Mühsam beherrscht, trat er einen Schritt vor und begann mit säuerlicher Miene zu sprechen.
»Ich habe diesen Angriff nicht angeordnet, Eure Hoheit. Er ging eigenmächtig von den Hauptleuten des Brackensteiner und des Mainzer Fähnleins aus. Diese Herren waren ebenso betrunken wie ihre Landsknechte. Ich habe den Mainzer bereits zur Rechenschaft gezogen und ihn seines Kommandos enthoben. Bei Emmerich von Brackenstein ist dies nicht mehr möglich, denn er ist seinen Verletzungen erlegen, die er sich bei dem Angriff zugezogen hat.«
»Wir sollten nicht über Dinge streiten, die geschehen sind, sondern uns Gedanken machen, wie wir die Landsknechte wieder unter Kontrolle bringen. Die Männer befürchten, dass sie ein zweites Mal ähnlich sinnlos gegen die Mauern Münsters getrieben werden und dort verbluten«, warf Magnus Gardner ein, um die beiden aufgebrachten Herren zu beruhigen.
»Es wird einige Wochen dauern und einige pünktliche Soldzahlungen brauchen, bis die Kerle wieder so gehorchen, wie es nötig ist«, fügte Steding hinzu.
»Wo sollen Wir das Geld für den Sold hernehmen?«, fragte Franz von Waldeck. »Wir haben bereits mehrmals Sonderabgaben in Unseren Herrschaftsgebieten erhoben und mehr als tausend fronpflichtige Bauern hierhergeholt, damit sie Schanzen aufwerfen und Unterkünfte für die Soldaten errichten.«
»Ihr solltet Herrn Philipp von Hessen um einen Kredit bitten«, schlug Gardner
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