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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hatte. Durch das Abwehrfeuer, das ihnen immer wieder aus Münster entgegenschlug, waren bereits einige von ihnen gefallen oder verstümmelt worden.
    Draas zwang sich, nicht an solche Dinge zu denken, sondern schaufelte weiter Erde in seinen Korb. Als er diesen heben wollte, war er so schwer, dass er ihn kaum hochbrachte, und zwischen den verflochtenen Weidenzweigen lief Wasser heraus. Nach ein paar Schritten rutschte er aus und klatschte der Länge nach in den Matsch.
    »So wird das nichts mehr«, rief Moritz ihm zu. »Wenn wir weitermachen sollen, brauchen wir Leitern. Sonst müssen wir warten, bis der Regen aufhört.«
    »Dazu muss er erst den Befehl geben!« Guntram wies mit seinem dreckverschmierten Zeigefinger auf Wilken Steding, der ein Stück weiter hinten starr wie ein Standbild dem Regen trotzte.
    Die Männer schufteten weiter, obwohl die von Regen vollgesogene Erde schwer wie Blei in den Körben lag und kaum, dass sie nach oben gebracht worden war, durch die vom Himmel stürzenden Fluten fortgeschwemmt wurde. Dazu schossen die Kanonen auf dem Turm der Lambertikirche in stetem Takt. Jeder Schuss wühlte Erde an der Spitze des Dammes auf, und sie wurde noch schneller vom Regenwasser mitgerissen. Das Blut der getroffenen Bauern und Söldner mischte sich mit dem Wasser, und die Schreie der Verletzten und Sterbenden hallten grausig über das Land.
    Franz von Waldeck vernahm die Schreie ebenfalls. Anders als sein Feldhauptmann stand er vor dem Regen geschützt in einer Blockhütte, in der er mit seiner Begleitung Unterschlupf gesucht hatte, und konnte kaum glauben, was die Augen ihm zeigten.
    »Mein Gott, warum hast du mich verlassen?«, stöhnte er angesichts der nassen, schmutzigen Gestalten, die längst nicht mehr so viel Erde auf den Wall schaffen konnten, wie der Wolkenbruch fortschwemmte. Plötzlich zuckte er zusammen. »Ist das dort nicht der Mann, der die Botschaften aus dem Fluss fischt? Was hat der hier zu suchen?«
    Magnus Gardner trat an die Seite des Fürstbischofs und spähte zu Draas hinüber. Dieser drehte ihnen gerade das Gesicht zu. »Der Mann gehört zum ehemaligen Brackensteiner Fähnlein, das auf Euren Befehl hier mitschanzen muss!«, erklärte er.
    »Doch nicht dieser Mann und auch nicht die anderen, die Ihr ausgesucht habt, um die Nachrichten Eures Sohnes zu überbringen! Hat Lothar sich in der letzten Zeit wieder gemeldet?«
    »Gestern, Eure Hoheit. Er schreibt, dass die Leute in Münster den sogenannten König und sein Gefolge mittlerweile so fürchten, dass sie jeden seiner Befehle blindlings befolgen. Auch würden bei einem Sturm selbst diejenigen für Bockelson kämpfen, die eigentlich auf Eurer Seite stehen.« Gardner wollte noch mehr sagen, doch Waldeck winkte ab.
    »Wenn der Himmel uns weiter so zürnt, wird es nichts mit dem Sturm. Bei dem Regen ist es unmöglich, den Wall voranzutreiben. Auch verlieren Wir zu viele Unserer Bauern und Söldner bei dieser Arbeit, ohne etwas zu gewinnen.«
    Der Fürstbischof klang enttäuscht. Dann aber nahm er sich zusammen und klopfte Gardner auf die Schulter. »Erinnert Ihr Euch an Euren Vorschlag, die Stadt vollständig zu umschließen und auszuhungern?«
    »Das ist auch jetzt noch mein Rat«, antwortete Gardner.
    Franz von Waldeck nickte unwillkürlich. »Wir werden ihn befolgen. Zwar kostet er Uns Zeit und Geld, aber dafür halten sich Unsere Verluste in Grenzen. Unsere Bauern sind keine Söldner, die nach dem Krieg ihrer Wege ziehen. Wenn sie sterben, fehlen sie Uns auf den Feldern. Sie sollten von dem Wall ablassen und beginnen, den Graben auszuheben. Dafür werden sie Uns dankbar sein.«
    Dies bezweifelte Gardner zwar, doch er kommentierte diesen Plan nicht. Bei diesem Regen einen Graben um die Stadt zu ziehen, war eine nicht minder mühselige Arbeit und bot lediglich den Vorteil, dass die Arbeiter nicht mehr aus der Stadt heraus beschossen werden konnten.
    »Wir werden mehr Lebensmittel brauchen und dafür auch weiteres Geld«, mahnte er.
    »Gewiss! Das brauchen Wir«, sagte Waldeck ganz in Gedanken. »Also werden Wir erneut beim Landgrafen und den anderen Nachbarn betteln gehen.«
    Gardner war klar, dass es nicht leicht sein würde, neues Geld aufzutreiben. Aber Münster musste fallen, wenn Recht und Gesetz im Reich aufrechterhalten werden sollten. Wenn es den Wiedertäufern gelang, sich dort auf Dauer festzusetzen, war das ein Fanal, das alle Eiferer und Ketzer zur Rebellion aufrief.

11.
    I n Münster pries Bockelson den Sturzregen, der

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