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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Folter erpresst und viele Menschen durch untergeschobene Beweisstücke dem Feuertod auf dem Scheiterhaufen ausgeliefert. Diese Macht, die er als rechte Hand des Inquisitors ausüben konnte, hatte er lange Zeit genossen und sie nicht nur ein Mal zuungunsten anderer missbraucht. Daher fürchtete er sich vor der Rache von Verwandten oder Freunden seiner Opfer. Hier im Belagerungsring um Münster, in dem mehrere tausend Landsknechte darauf warteten, die Stadt im Sturm zu erobern, hatte es ein Meuchelmörder leicht, seine üble Tat zu vollbringen und sich dann in der Menge zu verstecken.
    »Eure Exzellenz sollten trotzdem vorsichtig sein«, warnte er Gerwardsborn. »Vielleicht wäre es besser für Euch, Eure unterbrochene Reise nach Rom anzutreten.«
    »Seid Ihr närrisch geworden?«, rief der Inquisitor empört aus. »Es ist meine Pflicht, die Ketzer in Münster ihrem gerechten Schicksal zu überantworten. Wenn ich gehe, lässt Waldeck, dieser Schwächling, sich auf Verhandlungen mit diesem Gesindel ein. Doch sie müssen alle sterben!«
    »Das freilich, aber …« Rübsam brach ab, als er den zornigen Blick seines Herrn auf sich gerichtet sah.
    Es ist wirklich schwer, Gerwardsborn zu dienen, sagte er sich. Da der Inquisitor immer wieder Opfer forderte, hatten er selbst und die anderen Gefolgsleute alles getan, um ihren Herrn zufriedenzustellen. Doch er wollte nicht umkommen, weil Gerwardsborn die Gefahr nicht ernst nahm.
    Unterdessen hatte der Inquisitor Wilken Steding entdeckt und ritt auf den Feldhauptmann zu. »Wie weit seid Ihr mit Euren Vorbereitungen zum Sturm?«, fragte er schroff.
    »Wenn ich sagen würde, ganz gut, wäre es nicht gelogen. Allerdings bereitet mir das Wetter ein wenig Sorge. Es hat gestern stark geregnet, und das Regenwasser macht die Erde schwer. Dadurch gehen die Arbeiten langsamer voran.« Steding blickte angespannt zum Himmel, der sich grau und von dicken Wolken verhangen über ihnen wölbte.
    Für Gerwardsborn stellten Stedings Worte nur Ausflüchte dar. »Nehmt notfalls die Peitsche, um dieses Bauerngesindel ans Arbeiten zu bringen, und holt, wenn Ihr mehr braucht, einfach neue dazu.«
    »Wenn wir mehr Arbeiter einsetzen, muss der Wall verbreitert werden, sonst werden uns die Bauern zu schnell von den Verteidigern zusammengeschossen«, erklärte Steding dem Inquisitor.
    »Seit wann bekümmert Euch dieses Gesindel?«
    »Wenn der Vortrieb des Dammes zu einem Himmelfahrtskommando wird, laufen uns die Bauern davon. Wollt Ihr etwa selbst eine Schaufel zur Hand nehmen und Euch dem Feuer der Ketzer aussetzen?«
    Steding war aufgebracht genug, dem Kirchenmann eine harsche Antwort zu geben. Immerhin mühte er sich nach bestem Wissen, die rebellische Stadt einzunehmen, und hatte wenig Lust, sich von Waldeck oder Gerwardsborn dreinreden zu lassen.
    An dieser Antwort hatte der Inquisitor zu kauen. Er wusste jedoch, dass es nicht hilfreich war, Steding weitere Vorhaltungen zu machen. Der Mann war so stur, wie es nur ein Westfale sein konnte, und zudem ein Soldat, dem das rüpelhafte Wesen in die Wiege gelegt worden war.
    »Sorgt dafür, dass Eure Leute arbeiten. Ich bete, auf dass die himmlischen Kräfte uns beistehen!« Mit diesen Worten zog er sein Maultier herum und ritt in Richtung Telgte davon.
    Wilken Steding sah ihm nach, spürte dann einen Tropfen auf dem Gesicht und brummte: »Mit dem Beten sollte er besser gleich anfangen.«
    Wie es aussah, hörten die Kräfte des Himmels nicht auf Gerwardsborn, denn dem einen Tropfen folgten zahllose weitere, bis Steding schließlich in einem Platzregen stand.
    Weiter vorne arbeiteten die Bauern und die dazu verdonnerten Landsknechte weiter. Zu diesen gehörte auch Draas. Obwohl Gardner es ihm freigestellt hatte, sich nur um die Suche nach den Botschaften zu kümmern, wollte er das Los seiner Kameraden teilen, um nicht deren Achtung zu verlieren. Allerdings mussten Moritz, Guntram, Margret und er immer wieder gewisse Stellen am Fluss absuchen, damit keine Nachricht von Lothar verlorenging. In letzter Zeit waren diese seltener geworden, denn nach Mollenheckes gescheiterter Verschwörung saßen Bockelson und dessen Vertraute fester im Sattel als je zuvor.
    Draas wusste nicht viel von dem, was in der Stadt vorging, aber er hatte durch seinen Umgang mit Magnus Gardner und dessen Vetter einiges mehr erfahren als seine Kameraden. Diese bauten verdrossen mit an dem Erdwall und fluchten offen auf den toten Emmerich von Brackenstein, der ihnen diese Arbeit eingebrockt

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