Flammen des Himmels
brennen, wie es sich für deinesgleichen gehört. Ich werde mich an deinem Schreien erfreuen und zu Gott beten, dass er dir das Sterben höllisch schwermacht.«
»Das ist wahrlich christlich gedacht!«, schimpfte Frauke.
Der Mönch winkte ab. »Ihr vier werdet viele Schmerzen erleiden müssen. Das macht eure Seelen so leicht, dass sie nicht schnurstracks in die Hölle fahren, sondern nach reichlicher Läuterung im Fegefeuer am letzten aller Tage vor dem himmlischen Gericht bestehen können.«
»Du wirst zur Hölle fahren!«, schrie Inken Hinrichs ihn an.
»Gott kennt seine Diener und wird sie an der Hand nehmen und ins Himmelreich geleiten. Jeder Ketzer, den wir auf den Scheiterhaufen werfen lassen, bringt uns einen Sitz näher an unseren Herrn Jesus Christus und die Heilige Jungfrau Maria«, antwortete Bruder Cosmas mit einem verzückten Lächeln.
Frauke begriff, dass der Mönch tatsächlich an das glaubte, was er sagte, und spürte, wie eine eisige Hand nach ihrem Herzen griff. Wenn er und gewiss auch der Inquisitor selbst ihren angeblichen Rang im Himmelreich nach der Anzahl der Ketzer maßen, die sie den Feuertod sterben ließen, konnten ihre Opfer wahrlich keine Gnade erwarten.
Bruder Cosmas malte den vieren nun den Glanz des Paradieses aus, das auch sie noch erreichen konnten, wenn sie ihren verderblichen Irrlehren abschworen und sich wieder unter das Dach der einzig wahren Kirche begaben.
»Tut ihr das aus vollem Herzen, so sei euch die Gnade gewährt, erdrosselt zu werden, bevor das Feuer entzündet wird und eure Seelen reinigt.«
Es war ein verlockendes Angebot, auf das schon viele Ketzer eingegangen waren. Sterben war schwer, doch der schrecklichste aller Tode war es, bei lebendigem Leib verbrannt zu werden. Dies betonte der Mönch auch und berichtete, unter welchen Qualen jene, die sich störrisch gezeigt hatten, in die Ewigkeit gegangen waren.
Silke war von dem Vortrag sichtlich beeindruckt, wagte aber nichts zu sagen. Selbst Frauke überlegte, ob es nicht besser war, mit den Wölfen zu heulen, um wenigstens schnell und ohne Schmerzen sterben zu können. Im Gegensatz dazu war ihre Mutter nicht bereit, sich zu unterwerfen – und sei es auch nur zum Schein. In ihren Augen hatten sie und ihre Familie bereits genug gesündigt, indem sie ihren Glauben verleugnet und die katholische Messe besucht hatten. Vielleicht war das Schicksal, das ihnen bevorstand, sogar die Strafe dafür.
»Geh zum Teufel, Kuttenträger, und lass uns so sterben, wie Gott es uns befiehlt!«, rief sie mit einer Stimme, die kaum noch etwas Menschliches an sich hatte.
»Wie du meinst!« Bruder Cosmas wandte sich mit einer verächtlichen Handbewegung ab und verließ den Keller. Im Vorraum traf er auf Dionys, den Foltermeister, dessen Aufgabe es war, die Gefangenen zu demütigen, wo immer es möglich war.
»Die Kinder würden sich wohl unterwerfen, doch die Alte zeigt sich verstockt! Kümmere dich um sie!«, befahl er dem Mann.
»Nur zu gerne!«
Dionys nahm neben der Laterne noch eine Fackel und trat ein. Zuerst fiel der Lichtschein auf Frauke, und er sah ein kindlich verschrecktes Gesicht mit weit aufgerissenen Augen. Silkes Schönheit hatte bisher noch nicht gelitten, und Dionys überlegte, ob er sich nicht ihr zuwenden sollte. Sein Befehl war jedoch, den Willen der Alten zu brechen. Daher trat er zu Inken Hinrichs, steckte die Fackel in eine Halterung und hängte die Laterne so auf, dass sie die Frau beleuchtete. Dann zog er den Kopf der Gefangenen herum, so dass sie ihm ins Gesicht sehen musste.
»Der ehrwürdige Bruder Cosmas sagt, dass du eine verstockte Ketzerin bist und brennen sollst. Aber du dauerst mich, und ich würde dir gerne helfen.«
»Wie denn?«, fragte Inken Hinrichs misstrauisch.
»Ich könnte dir, wenn ich dich auf dem Scheiterhaufen festbinde, die Kehle so weit zudrücken, dass du bewusstlos bist, wenn die Flammen dich verzehren. Dann spürst du nichts. Allerdings kostet das etwas.«
»Einen Preis, den ich nicht bezahlen kann, denn ich besitze nicht einmal mehr mein Hemd!«, antwortete Inken Hinrichs mit bitterer Stimme.
»Den Preis kannst du ganz leicht bezahlen. Jedes Weib kann das! Ich bin auch bereit, deiner ältesten Tochter auf diese Weise zu helfen, wenn sie bereitwillig die Schenkel für mich spreizt, wie du es jetzt tun wirst! Ich …«
Weiter kam Dionys nicht, denn Inken Hinrichs spie ihm ins Gesicht und schrie ihn mit sich überschlagender Stimme an: »Du bist ein Knecht des Teufels!
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