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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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nachdenklich. »Ich habe es nicht anders erwartet. Dafür ist der hohe Herr zu selbstherrlich aufgetreten.«
    »Was können wir tun?«, fragte Lothar verzweifelt. »Der Inquisitor will heute zwei Menschen auf den Scheiterhaufen bringen.«
    »Wen?«
    »Zwei Männer!«
    Draas überlegte. Bisher hatte er nicht gehört, dass Hinrichs selbst oder dessen jüngster Sohn festgenommen worden wären. Auch würde man sie hier in Stillenbeck nicht mehr finden. Daher konnten nur der verschwundene Fremde und Haug Hinrichs gemeint sein. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie er den beiden helfen konnte.
    »Ich habe mich im Stadtarchiv umgesehen, aber keine Pläne vom Kloster gefunden«, sagte er leise zu Lothar.
    »Wir müssen einen Weg finden!« Lothar war der Verzweiflung nahe. Da die Gefangenen von den Männern des Inquisitors bewacht wurden, erschien es ihm unmöglich, in den Kerker zu gelangen und die Frauen zu befreien.
    »Ich befürchte, uns wird nicht rasch genug etwas einfallen«, antwortete Draas niedergeschlagen. »Vorhin am Klosterplatz habe ich beobachtet, wie die Knechte des Inquisitors einen Scheiterhaufen errichten. Auch ging bereits der Ausrufer herum und hat verkündet, dass sich alle Bewohner der Stadt beim sechsten Stundenschlag dort versammeln sollen.«
    »Es ist nicht mehr lange bis dorthin«, murmelte Lothar und schlug die Hände vors Gesicht. »Ich finde es schrecklich, so hilflos zu sein!«
    »Silke und ihre Familie werden es noch schrecklicher finden«, sagte Draas und unterstrich seinen Unmut mit einem heftigen Schlag auf den Tisch.
    Aber die Geste war eher ein Ausdruck seiner Machtlosigkeit als seines Aufbegehrens. Er liebte Silke, obwohl er sich nie Hoffnungen hatte machen können, sie für sich zu gewinnen. Nun zusehen zu müssen, wie der Inquisitor sie und ihre Familie auf den Scheiterhaufen brachte, war mehr, als er glaubte, ertragen zu können.
    »Nach dem zu urteilen, was mein Vater sagte, sollen die Frauen heute noch geschont werden. Vielleicht gibt sich der Inquisitor damit zufrieden, wenn sie ihrem Irrglauben abschwören und wieder in den Schoß der Kirche zurückkehren.«
    »Wollen wir es hoffen«, antwortete Draas, war aber nicht davon überzeugt. »Auf jeden Fall sollten wir uns morgen wieder treffen. Vielleicht fällt einem von uns doch etwas ein, wie wir Inken und ihre Kinder retten können.«
    »Das tun wir! Wieder um die gleiche Zeit?«, fragte Lothar.
    »Wenn du eher eine Idee hast, komm sofort zu mir. Das Risiko müssen wir eingehen. Jetzt aber sollten wir aufbrechen. Es kommen mir zu viele Leute in die Schenke, und ich will nicht, dass einer etwas aufschnappt und an den – du weißt schon, wen ich meine – weiterträgt!«
    Draas nannte Lothar noch die Straße, in der sein Haus zu finden war, und das Zeichen über der Tür des Gebäudes, dann stand er auf, zahlte und ging.

7.
    N achdem der Foltermeister sie verlassen hatte, war nichts mehr von einem heimlichen Beobachter zu sehen oder zu hören. Frauke wusste nicht, was schlimmer war, die Stille, die sich über das Kellergewölbe gesenkt hatte und die nur gelegentlich vom Weinen ihrer Schwester unterbrochen wurde, oder der Durst, der sie immer mehr quälte. Ihrer Mutter erging es weit schlimmer als ihr, doch weder sie noch ihre Geschwister wagten es, Inken Hinrichs anzusprechen. Gerwardsborns Männer hatten ihnen allen Mut und jegliche Hoffnung genommen. Während die Stunden vergingen, sagte Frauke sich, dass ihr ein Ende mit Schrecken lieber wäre als das von furchtbaren Bildern im Kopf erfüllte Warten auf die nächste Peinigung.
    Als sich endlich etwas tat, war es für Frauke jedoch viel schlimmer, als sie es sich hatte vorstellen können. Es musste schon auf den Abend zugehen, als die Tür des Kellers aufgerissen wurde und ein halbes Dutzend Männer hereinkamen. Als Erstes sah Frauke Magister Rübsam, den Magister des Satans, wie sie ihn für sich nannte, und direkt hinter ihm den Foltermeister, der ihre Mutter geschändet hatte.
    »Ihr seid schlimmer als Räuber und Mörder«, klagte sie die Männer voller Abscheu an.
    Rübsam lachte schallend. »Das Küken will bereits gackern. Dionys, du weißt, was du zu tun hast?«
    Der Knecht trat grinsend auf Frauke zu. Diese glaubte schon, er würde jetzt auch sie vergewaltigen, doch er zog nur ein Stück schmutzigen Tuches aus einer Tasche, zwang sie, den Mund aufzumachen, und steckte es als Knebel hinein. Sie würgte und versuchte, das Tuch mit der Zunge hinauszuschieben. Doch da band

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