Flammen des Himmels
hätten Fraukes Befreiung und die ihrer Mutter und Schwester nicht verhindern können. Doch das behielt er besser für sich. Daher lauschte er den Ausführungen seines Gastgebers, der etliche Ereignisse aufzählte, bei denen Luzifer selbst oder wenigstens Beelzebub aufgetaucht sein sollten. Zuletzt verlor der Dechant sich in schlüpfrigen Anekdoten, in denen es mehr darum ging, auf welch unzüchtige Weise es der entsprechende Teufel mit seinen Anhängerinnen getrieben hätte, als um eine theologische Erklärung solcher Erscheinungen.
Während er redete, trank der Dechant den Burgunderwein und ließ sich dabei immer wieder von einem Diener nachschenken. Auch seine Mätresse legte sich beim Trinken wenig Zügel an und kicherte über jede seiner Anzüglichkeiten. Zuletzt stahl sich ihre Hand auf seinen Unterleib und streichelte dort eine gewisse Stelle. Der Priester grunzte wollüstig und hatte es mit einem Mal sehr eilig, Lothar zu verabschieden.
»Es hat mich gefreut, mit dir zu sprechen, mein Sohn. Doch nun ist es spät geworden, und du wirst morgen gewiss früh aufstehen, um die Vorlesungen zu besuchen.«
»Sehr wohl, hochwürdigster Herr!« Erleichtert erhob Lothar sich und verbeugte sich vor dem Dechanten und der Frau. Als er kurz darauf im Freien stand, atmete er erst einmal tief durch.
Die angeblichen Diener der Kirche sind wirklich verderbt, dachte er. Dann aber kam ihm in den Sinn, dass die meisten Priester und Bischöfe ihre Ämter nicht aus Berufung wählten, sondern diese auf Befehl ihrer Familien übernehmen mussten. Da war es kein Wunder, wenn sie dem wahren geistlichen Leben nichts abgewinnen konnten und sich stattdessen in prächtige Gewänder hüllten und sich Beischläferinnen hielten.
»Sie sollten sich ein Weib nehmen dürfen«, murmelte er vor sich hin. »Die Lutherischen tun es doch auch!«
Im nächsten Moment zuckte er zusammen, denn von den falschen Ohren vernommen, konnte dieser Ausspruch ihn in Teufels Küche bringen. Er befand sich jedoch allein auf der Straße und ging nun mit raschen Schritten in Richtung seines Quartiers. Unterwegs ereiferte er sich zunächst noch über den Dechanten und dessen Buhle, spürte dann aber, dass er selbst auch nicht zum Heiligen erkoren war. Obwohl ihn das Verhalten der beiden abstieß, spürte er wachsende Erregung, und er sehnte sich danach, sich mit einem Weib zu vereinen.
»Da werde ich wohl Geduld haben müssen, bis Vater eine Frau für mich bestimmt«, murmelte er unglücklich.
Er blieb stehen und strich sich über die heiße Stirn. Als die Mätresse des Priesters sich vorhin zu ihm gebeugt hatte, hatte er für einige Augenblicke den Ansatz ihres weißen Busens sehen können. Nun wunderte er sich, dass ihn die Erinnerung daran mehr erregte als in dem Augenblick, in dem er ihr in den Ausschnitt geblickt hatte.
Mühsam rang er die unerwünschten Gefühle nieder und trat in das Haus, in dem sein Vater eine Kammer für ihn gemietet hatte. In Gedanken versunken, bemerkte er nicht, dass ihm zwei Studenten, die ebenfalls hier wohnten, hinterherstarrten. Als er seine Tür hinter sich geschlossen hatte, traten die beiden auf den Gang.
»Schau, Faustus, Gardner sieht immer noch aus wie ein Mädchen«, sagte der Schmächtigere zu seinem Freund.
»Wir sollten nachsehen, ob er auch als solches brauchbar ist!«, antwortete Faustus und ging auf Lothars Tür zu.
Doch sein Freund packte ihn am Arm. »Willst du es wirklich tun? Es ist eine Sünde und …«
»Wer sollte uns verraten? Soweit ich weiß, sind wir drei in dieser Nacht allein im Haus, und er wird aus Scham und Angst schweigen.« Faustus ließ keinen Zweifel daran, dass er sein Ziel erreichen wollte.
»Aber es ist eine schlimme Sünde«, warnte sein Freund ihn erneut.
»Glaubst du, das, was unser hochwürdiger Dechant mit seiner Hure macht, wäre keine?«, spottete Faustus. »Und jetzt komm mit, Isidor, und hilf mir! Notfalls musst du ihm den Mund zuhalten, damit er nicht schreit. Ich kenne da einen ganz besonderen Knebel. Man muss nur achtgeben, dass der Kerl nicht beißt.«
Widerstrebend folgte ihm sein Freund zu Lothars Kammer. Ohne anzuklopfen, traten sie ein und sahen, wie Lothar sich eben seiner Überbekleidung entledigte. Als dieser die beiden Studenten bemerkte, hielt er inne.
»Faustus? Isidor? Was führt euch zu mir?« Lothar klang verwundert, denn die beiden hatten bei fast jeder Begegnung Spott und Häme über ihm ausgegossen.
»Es ist …«, begann Isidor, wurde aber von seinem
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