Flammen im Sand
dann
Tove an, als wäre es möglich, dass den beiden der Sturm entgangen war, der an
den Fensterläden rüttelte.
Fietje, der eindeutig der Sensiblere war, fragte prompt: »Sie sehen
aus, Signora, als hätten Sie was auf dem Herzen!«
Mamma Carlotta war verwirrt, dass man sie so flott durchschaut
hatte. Aber vielleicht war es ja gut, dass Fietje schnell aus ihr klug geworden
war. So musste es jetzt raus, was sie zu sagen hatte. Und wenn Tove sie
anschlieÃend rauswarf wie einen Zechpreller, dann musste sie sich eben damit
abfinden. Immer noch besser, als ihn in sein Unglück rennen zu lassen.
»Allora! Was ich sagen wollte â¦Â«
Sie stockte, weil sie merkte, dass Tove ihr nicht zuhörte. Er sah
ihr nicht einmal ins Gesicht, sondern blickte an ihrem rechten Ohr vorbei, als
gäbe es vor den Fenstern seiner Imbiss-Stube etwas, was ihm wichtiger war als
Mamma Carlottas Eröffnung. Plötzlich sagte er: »Hat sich irgendwas geändert,
Signora? Darf Ihr Schwiegersohn erfahren, dass Sie gelegentlich bei mir
einkehren?«
»No, no! Sie wissen doch â¦Â«
»Dann sollten Sie verschwinden!« Eilig setzte er hinzu, als schon
die Schritte vor der Tür zu hören waren: »Und zwar sofort!«
Mamma Carlotta begriff! Und sie begriff auch, dass keine Zeit für
Fragen war. Mit einem Sprung, auf den sie stolz gewesen wäre, wenn sie Zeit für
dieses Gefühl gehabt hätte, schwang sie sich vom Hocker und war mit zwei, drei
Schritten an der Tür, die sowohl in die Toilette als auch in den Vorratsraum
von Käptens Kajüte führte. Keine Sekunde zu früh! Sie hatte gerade die Tür
hinter sich zugezogen, als schon Eriks Stimme ertönte:
»Moin, die Herren!«
Wie gelähmt blieb sie stehen, ohne sich entschlieÃen zu können, wo
sie sich verstecken sollte. In der Toilette oder im Vorratsraum? Sie entschied
sich weder für das eine noch für das andere, sondern blieb, wo sie war, um zu
hören, was Erik und Sören in Käptens Kajüte getrieben hatte. Waren sie ihr etwa
zuvorgekommen?
»Wir haben einen Durchsuchungsbeschluss«, hörte sie da Eriks Stimme.
»Wir glauben, dass in Ihrer Imbiss-Stube Luxusuhren verkauft werden, die aus
Einbrüchen in Juwelierläden stammen.«
Tatsächlich! Erik wusste, dass Tove etwas mit dieser Sache zu tun
hatte! Anscheinend hatte Jannes Pedersen ein Geständnis abgelegt und Tove
belastet.
»Wie kommen Sie denn auf so was, Herr Hauptkommissar?«, fragte Tove,
und Mamma Carlotta wunderte sich, wie naiv und harmlos seine Stimme klingen
konnte. »Luxusuhren? In meiner bescheidenen Imbiss-Stube?«
»Die hat sich ganz schön rausgemacht«, sagte Sörens Stimme. »AuÃen
sieht sie schon viel besser als früher. Können Sie uns sagen, wovon Sie das
bezahlt haben?«
»Lange gespart«, gab Tove zurück.
»Tut mir leid, dass wir Ihnen nicht glauben«, sagte Erik.
»Und was glauben Sie, Herr Hauptkommissar?«
»Dass Jannes Pedersen am Dienstagabend nicht zu Ihnen gekommen ist,
um mit Ihnen Genever zu trinken, sondern um Beute abzuliefern, die er in List
in Empfang genommen hat. Und dass er Sie nicht betrogen hat, indem er Ihnen ein
Werkzeug zu wenig lieferte. Nein, Sie haben eine Uhr zu wenig bekommen! Wer
würde sich denn auch über fehlendes Werkzeug so aufregen! Aber eine Luxusuhr,
die bringt schon was ein!«
»Ich weià nicht, wovon Sie reden«, sagte Tove.
»Wir werden es Ihnen gleich zeigen«, erwiderte Sören. »Sobald wir
Ihren Laden durchsucht und die Uhren gefunden haben.«
»Da kann ja jeder kommen!« Tove versuchte, sich unbeeindruckt zu
geben, aber Mamma Carlotta hörte, dass seine Stimme schwankte. »Erst mal will
ich diesen Durchsuchungsbeschluss lesen.«
Mamma Carlotta huschte auf leisen Sohlen in den Vorratsraum und sah
sich hektisch um. Wo hatte sie die Kartons mit den Uhren entdeckt? Richtig, in
einer Kiste, die angeblich Flaschen mit ZigeunersoÃe enthielt, und in einer mit
der Aufschrift âºGetrocknete Salatkräuterâ¹! Sie war ganz sicher.
Eilig begann sie zu suchen, während Tove sich, vermutlich in einem
Akt der Verzweiflung, jeden einzelnen Paragrafen erklären lieÃ, der in dem
Durchsuchungsbeschluss aufgeführt wurde. Warum er sich so viel Zeit lieÃ, wurde
ihr klar, als sie Erik sagen hörte: »Sie müssen ausgerechnet jetzt zur
Toilette, Herr Tiensch? Tut
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