Flammen im Sand
verdrossen an. »Ich gebe gar
nichts zu! Da können Sie mich noch so oft fragen! Gar nichts!«
Erik schlug die Beine übereinander und rutschte so lange hin und
her, bis er das Gefühl hatte, es auf dem harten Stuhl eine Weile aushalten zu
können. Er hasste diese Stühle. Und er hasste diesen Raum. Diese Kargheit, die
dunklen Wände, das primitive Mobiliar! Erik hätte die Vernehmung lieber in
seinem Büro geführt. Aber natürlich wusste er, dass das bei einem Choleriker
wie Jannes Pedersen leichtsinnig gewesen wäre.
»Sie wollen auch nicht zugeben, dass Sie sich am Dienstagabend in
List am Hafen aufgehalten haben, um Beute entgegenzunehmen? Luxusuhren im Werte
von über hunderttausend Euro?«
»Gar nichts!«, wiederholte Pedersen.
Erik schüttelte den Kopf. »Ich verstehe Sie nicht. Immerhin hätten
Sie damit ein Alibi für den zweiten Mordfall.«
»Ich brauche kein Alibi! Ich habe Yvonne nicht umgebracht. Elske
auch nicht. Basta!«
Erik stand auf und machte ein paar Schritte hin und her. »Entweder
Sie haben sich das Haus in der Toskana mit Hehlerei verdient, oder Sie haben es
von dem Lottogewinn Ihrer Frau gekauft. Sie können sich entscheiden.« Als
Jannes nicht antwortete, fuhr er fort: »Und entweder haben Sie sich in List mit
den Juwelenräubern getroffen, oder Sie haben kein Alibi für den Mord an Yvonne
Perrette.« Als Jannes noch immer schwieg, fügte er hinzu: »Mir ist klar, warum
Sie nichts sagen wollen. Sie haben Angst vor Rache. Ernest Getty geht nicht
zimperlich mit Leuten um, die ihn verraten haben. Und er ist leider noch auf
freiem FuÃ. Umso erstaunlicher, dass einer von denen, die festgenommen wurden,
eine Aussage gemacht hat. Sam Steiner hat das nicht gewagt. Tja, wenn er
gewusst hätte, dass er nie mehr in Freiheit kommt ⦠Aber wer konnte das schon
ahnen?«
Nun endlich blickte Jannes Pedersen auf. »Sie reden mit dem
Falschen, Herr Hauptkommissar. Tove Griess sollten Sie fragen. Der hat schon
öfter Andeutungen gemacht, dass er neuerdings das groÃe Geld verdient. Schauen
Sie sich mal in Käptens Kajüte um. Sie werden sich wundern.«
»Haben wir schon«, entgegnete Erik und unterdrückte ein Lächeln.
»Und gewundert haben wir uns tatsächlich. Denn wir haben nichts gefunden. Keine
einzige Uhr. Käptens Kajüte ist sauber.«
Erik hörte, dass Jannes Pedersen mit den Zähnen knirschte. Ein
rhythmisches Mahlen, so unangenehm wie der Bohrer beim Zahnarzt.
»Ziemlich miese Tour, Herr Pedersen«, sagte er und nahm wieder
Platz. »Tove Griess hat sich geweigert, Ihnen ein falsches Alibi zu geben, und
aus Rache schwärzen Sie ihn an?« Er betrachtete sein Gegenüber kopfschüttelnd.
»Sie werden unfair, wenn Sie mit dem Rücken an der Wand stehen. Auch was Sie
mit Ihrem besten Freund abgezogen haben, ist mies. Wie konnten Sie erwarten,
dass er für Sie eine Falschaussage macht?«
»Weil er mein bester Freund ist. Würde ich auch machen.«
»Auch in einem Mordfall?«
»Ist Ehrensache. Ich habe ihn immer gedeckt.«
Erik runzelte die Stirn. »Wobei?«
»Bei seinen Weibergeschichten. Wenn ich nicht Wilkos bester Freund
wäre, wüsste Marikke längst, dass er ein Verhältnis mit Geraldine hat.«
Erik sah ihn überrascht an. »Wilko Tadsen und Madame Bertrand?«
»Ich habe immer stillgehalten. Es wäre nicht richtig, wenn er Marikke
verlässt. Aber das wird er nicht tun, das weià ich! Genauso, wie Wilko mir
einen Mord nicht zutraut.«
Erik nickte widerstrebend. »Aber eines traut Ihnen jeder zu. Auch
Ihr Freund Wilko Tadsen! Dass Sie in Wut und Raserei auf einen Menschen
einschlagen.«
Als wollte Jannes Pedersen beweisen, dass Erik recht hatte, sprang
er auf und kam drohend auf ihn zu. »Das lasse ich mir nicht bieten!«, sagte er
leise und fing dann unvermittelt an zu brüllen: »So was sagen Sie nicht noch
einmal! Sie ⦠Sie â¦Â«
Weiter kam er nicht. Der junge Beamte, der neben der Tür gestanden
hatte, sprang hinzu und drehte Pedersen einen Arm auf den Rücken. Die Tür
sprang auf, zwei weitere Beamte kamen in den Raum und warfen sich auf Pedersen.
Im Nu hatte man ihm Handschellen angelegt und ihn auf seinen Stuhl zurückgedrängt.
Erik fragte sich gerade, ob es Sinn hatte, unter diesen Umständen
das Verhör fortzuführen, da hörte er eine Stimme über die
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