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Flammen im Sand

Flammen im Sand

Titel: Flammen im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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drehte er sich
wiederum halb von Mamma Carlotta weg und schob es in die Innentasche seines Jacketts.
Dorthin, wo vorher der Umschlag gesteckt hatte, der jetzt hinter Toves Theke
lag.
    Â»Uwe sagt, sein Kumpel hätte erst gemeint, das wäre ein Tier. Aber
dann hat sich rumgesprochen, dass das Menschenknochen gewesen sind.«
    Nun stand der elegante Herr auf, nickte Tove zum Abschied zu und
verließ Käptens Kajüte wieder. Und das, ohne seine Tote Tante getrunken und
ohne sie bezahlt zu haben.
    Mamma Carlotta
starrte Tove an. Wie der wohl darauf reagieren würde? Aber Tove blieb
erstaunlich gelassen. Dabei hatte Carlotta schon einmal erlebt, dass er einen
Zechpreller zurückgezerrt und dessen Kopf so lange gegen seinen eigenen geschlagen
hatte, bis ein Krankenwagen geholt werden musste. Für den Zechpreller
wohlgemerkt, nicht für Tove Griess, der einen harten Schädel hatte.
    Nun aber stellte er ohne ein Wort die Tote Tante hinter die Theke,
griff nach einem Löffel und aß die Sahne herunter, die er in Form einer
kunstvollen Rosette aufgesprüht hatte.
    Â»Ein Gerippe in List!«, sagte er dann. »Davon habe ich auch gehört.
Das muss vor ein paar Jahren verbuddelt worden sein. Wer das getan hat, konnte
nicht damit rechnen, dass gerade dort mal gebaut wird.«
    Mamma Carlotta merkte plötzlich, dass sie von beiden Männern fragend
angesehen wurde. Man erwartete etwas von ihr. Einen Kommentar, weil Tove und
Fietje darauf hofften, dass sie aufgrund ihrer verwandtschaftlichen Verhältnisse
mehr wusste als alle anderen.
    Â»Gerippe?«, fragte sie. »Aber das war doch nur … nur un scherzo!«
Gerade wollte sie auch Tove und Fietje von ihrem Lehrer erzählen, der das
Skelett aus dem Biologieunterricht in seinem Ehebett vorgefunden hatte, da
wurde ihr mit einem Schlage klar, dass sie Erik und Sören vorhin nicht
aufmerksam zugehört hatte. Die beiden hatten tatsächlich von einem menschlichen
Gerippe gesprochen. Aber sie hatte an nichts anderes gedacht als an ihre neuen
Aufgaben im Modeatelier, war so stolz darauf gewesen, demnächst Mode für die
reife und mollige Frau vorzuführen, dass die Berichte über das schauerliche
Skelett an ihr vorbeigerauscht waren, ohne sie zu berühren. Und sie hatte Erik
keine Unterstützung angeboten nach diesem entsetzlichen Erlebnis! Auch ein Mann
wie er, der von Berufs wegen ständig mit Mord und Totschlag zu tun hatte, brauchte
emotionalen Halt, wenn ihm etwas so Schreckliches widerfahren war!
    Mamma Carlottas Gewissen krümmte sich, als ihr klar wurde, dass sie
Erik allein gelassen hatte, als er sie dringend brauchte. Und nicht nur er!
Auch Sören hätte sicherlich gern die Last des Tages bei Mamma Carlotta
abgeladen. Und was hatte sie getan? Sie hatte den beiden nur ein paar Reste
aufgetischt, die sie nicht satt gemacht hatten, und ihnen etwas von Mode für
reife und mollige Frauen erzählt. Wie egoistisch von ihr! Dabei war sie doch
nach Sylt gekommen, um der Familie ihrer verstorbenen Tochter beizustehen!
Hatte Erik es nicht schon schwer genug mit seiner Trauer um Lucia, mit seiner
Rolle als alleinerziehender Vater? Und nun war seine Schwiegermutter da, um ihm
einen Teil der Last abzunehmen, aber was machte sie? Sie ließ ihn mit den
Gedanken an ein gruseliges Skelett allein und kümmerte sich um Mode. Mamma Carlotta
verstand sich selbst nicht mehr.
    Sie trank entschlossen ihr Glas leer und schüttelte den Kopf, als
Tove nachschenken wollte. Nein, das Allerschlimmste wäre, wenn Erik am Abend
feststellen müsste, dass sie eine Fahne hatte! Sie musste wiedergutmachen, was
sie angerichtet hatte, und das war am besten mit einem exzellenten Abendessen
zu schaffen.
    Eilig zog sie ihre Jacke über. Nun war sie zwar leider nicht dazu
gekommen, Tove und Fietje von ihren Neuigkeiten zu erzählen, aber das ließ sich
ja zum Glück später nachholen.
    Es wurde trotz der Gewissensbisse ein schöner Abend.
Carlotta hatte bei Feinkost Meyer eingekauft, als stünde eine längere
Hungersnot bevor. Ein Essen sollte es geben, bei dem Erik und Sören vergessen
mussten, wie gedankenlos sie gewesen war. Als Vorspeise würde sie Melone mit Schinken
servieren, danach Cannelloni mit Ricotta-Spinat-Füllung, als Secondo ein
Meeresfrüchterisotto und schließlich, als krönenden Abschluss, ihr berühmtes
Maronenparfait. Das Menü war exakt so zusammengestellt, wie es Eriks

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