Flammen im Sand
und
verabschiedete sich herzlich von Marikke Tadsen, die sie bat, sie bei nächster
Gelegenheit wieder zu besuchen.
Als Sören ihm den Telefonhörer reichte, fürchtete Erik für
einen kurzen Moment, einem seiner Kinder sei etwas zugestoÃen. Sörens Blick war
derart besorgt, dass Erik mit dem Schlimmsten rechnete. So war er geradezu
erleichtert, als er die Stimme der Staatsanwältin hörte. Ihr Anruf oder gar ihr
Besuch zählte zwar auch zu dem Schlimmsten, was dem Kommissariat Westerland
widerfahren konnte, aber als persönlicher Schicksalsschlag wurde beides dann
doch nicht eingestuft. Obwohl Erik oftmals dicht dran war â¦
Frau Dr. Speck klang klar und ausgeschlafen wie immer, sie
schien stets Wert darauf zu legen, dass man sie für eine dynamische Person
hielt, die ihren Job im Handumdrehen erledigte, doppelt so viel schaffte wie
ein Mann und dabei erheblich belastbarer war. Dass sie sich Hauptkommissar Wolf
haushoch überlegen fühlte, daran lieà sie nie einen Zweifel.
»Es hat gestern Abend einen Zwischenfall gegeben«, begann sie, ohne
sich mit Höflichkeiten aufzuhalten. »Im letzten Zug, der über den
Hindenburgdamm fuhr. Haben Sie davon gehört?«
Erik war bisher nichts zu Ohren gekommen, aber da er fürchtete, das
könnte ihm als schuldhaftes Verhalten ausgelegt werden, antwortete er nur mit
einem vagen Brummen.
»Ein Mann ist gestorben, der anscheinend heute auf Sylt einen Deal
plante.«
»Ermordet?«, fragte Erik erschrocken.
»Nein, er ist eines natürlichen Todes gestorben. Herzinfarkt! Der
Arzt sagt, es gibt keinen Zweifel. Anscheinend wäre der Typ besser Beamter
geworden. Das aufregende Leben als Krimineller war wohl zu viel für sein Herz.«
Frau Dr. Speck
stieà etwas aus, was wohl ein Lachen sein sollte. Aber Erik konnte sich nicht
entschlieÃen, aus Höflichkeit einzustimmen, obwohl er aus Erfahrung wusste,
dass der Umgang mit der Staatsanwältin leichter war, wenn man sich auf ihren
Humor einlieÃ.
»Was für einen Deal meinen Sie?«, fragte er vorsichtig.
»Er hatte einen Koffer voller Uhren dabei. Und zwar nicht
irgendwelche Uhren! Luxusuhren! Keine unter zehntausend Euro. Was der mit sich
rumtrug, war locker eine halbe Million wert. Kein Wunder, dass ihm das auf die
Pumpe geschlagen ist.«
Wieder dieses stoÃweise Lachen, und diesmal gelang es Erik, ein
wohldosiertes Haha zurückzugeben.
»Was wollte er mit den Uhren auf Sylt?«, fragte er dann. »Und wie
hieà der Mann?«
»Keine Ahnung! Er trug keine Papiere bei sich und sah aus, als wäre
er osteuropäischer Herkunft. Ein Handy hatte er auch nicht dabei. Also ein
durch und durch unbeschriebenes Blatt. Dass er nichts bei sich trug, was ihn
identifizieren konnte, ist sicherlich kein Zufall. Ich habe sofort einen Abgleich
mit der Vermisstendatei machen lassen, aber leider ohne Erfolg.«
»Hat ein Mitreisender mit ihm gesprochen?«, fragte Erik.
»Fehlanzeige! Ob er überhaupt deutsch sprach, ob gebrochen oder mit
Akzent, ist also völlig unklar.«
»Die Uhren sind vielleicht gut gemachte Plagiate?«, schlug Erik vor.
»Halten Sie mich für eine Dilettantin?«, fauchte die Staatsanwältin.
»Natürlich habe ich die Uhren heute Morgen gleich von einem Fachmann überprüfen
lassen. Keine Plagiate! Mal schauen, ob die irgendwo vermisst werden.
Vielleicht hat es einen Einbruch in einem Juweliergeschäft gegeben. Aber das
ist nicht Ihr Problem, Wolf. Sie halten die Augen offen! Klar?«
»Natürlich.«
»Versuchen Sie herauszufinden, was der Typ auf Sylt mit den Uhren
anstellen wollte. Nicht dass dort ein schwunghafter Handel entsteht, und wir
wissen nichts davon.«
Ganz offenbar hielt sie es für möglich, dass so etwas vor seiner
Nase geschah, ohne dass er es mitbekam.
»Aber der Mordfall geht natürlich vor«, fügte sie hinzu. »Wissen
Sie, was es mit diesem Skelett auf sich hat, das auf Sylt gefunden wurde?«
»Ich habe ebenfalls einen Abgleich mit der Vermisstendatei machen
lassen, auch ohne Erfolg.«
»Na, dann suchen Sie mal schön weiter! Und halten Sie mich auf dem
Laufenden.«
Sören schob ihm einen Riegel Trauben-Nuss-Schokolade hin, als Erik
das Gespräch beendet hatte. »Hier! Nervennahrung!« Erik brach dankbar ein Stück
ab und lieà es so lange auf der Zunge zergehen, bis er nur noch eine Rosine und
eine
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