Flammen im Sand
zu
einem Menschen bekannt hatte, dann blieb es dabei. Ob es sich um einen Freund
oder um seine Frau handelte.
Wilko Tadsen blieb stehen und sah Erik an, als hätte er einen
weitreichenden Entschluss gefasst. »Ich möchte diese Frage nicht beantworten«,
erklärte er. »Nicht mit Ja. Aber ⦠auch nicht mit Nein.«
Erik war zufrieden. »Das reicht mir als Antwort.« Wenn sogar Wilko
Tadsen daran glaubte, dass Jannes Pedersen zu einem Mord fähig war, dann
mussten sie wirklich das Augenmerk auf ihn lenken. Aber wie sollte seine Schuld
nach fünf Jahren bewiesen werden?
Erik zögerte. »Waren Sie auch mit Elske befreundet?«, fragte er
dann.
Wilko schien sich über diese Frage zu wundern. »Ja, irgendwie schon«,
antwortete er. »Andererseits ⦠es war eine Freundschaft, die abgeleitet war von
meiner Freundschaft zu Jannes.«
»Wie ich eben schon sagte«, mischte sich Marikke ein. »Die
Freundschaft der beiden Männer hat uns vier verbunden.«
»Gilt das Gleiche für Yvonne Perrette?«
»Mein Fall ist sie nicht«, antwortete Marikke. »Die hat nur Mode im
Kopf.«
Wilko betrachtete seine Frau mit sanftem Tadel. »Marikke hat sich
nie die Mühe gemacht, Yvonne näher kennenzulernen. Nein, sie hat nicht nur Mode
im Kopf. Allerdings war ihr das Geschäft sehr wichtig. Ist das nicht verständlich?«
»Trotzdem ist sie einfach gegangen.«
Wilko Tadsen nickte. »Sie hat es mit Jannes nicht mehr ausgehalten.
Mehr als einmal hat sie mir gesagt, dass sie hier nicht glücklich ist.«
»Sie hat sich ständig bei meinem Mann ausgeheult«, sagte Marikke.
Wilko warf ihr einen weiteren tadelnden Blick zu. »Sie brauchte
jemanden, dem sie ihr Herz ausschütten konnte. Ihrer Schwester durfte sie nicht
damit kommen, die kann Jannes nicht leiden und hätte kein Verständnis für
Yvonnes Klagen gehabt. Ich kenne Jannes am besten, ich konnte Yvonne verstehen.
Und oftmals konnte ich ihr auch erklären, wie sie am besten mit ihm umgeht. Und
dass er es nicht immer so meint, wenn er â¦Â«
»â¦Â ihr ein blaues Auge verpasst?«, ergänzte Sören, dem anzusehen war,
wie wenig es ihm gefiel, dass Wilko Tadsen um Verständnis für seinen Freund
warb.
»Sie haben ja recht.« Wilko Tadsen nickte Sören zu, als wollte er
sich dafür entschuldigen, dass er mit einem Mann wie Jannes Pedersen befreundet
war. »Ich habe Jannes immer verteidigt, schon, als wir noch Kinder waren. Ich
bin daran gewöhnt, mich vor ihn zu stellen.« Unglücklich sah er auf seine FüÃe.
»Mag sein, dass es nicht richtig ist. Vielleicht sollte ich einfach schweigen,
wenn es um Jannes geht.«
Seufzend erhob Erik sich. »Bitte überlegen Sie sich, ob Ihnen noch
etwas einfällt, was wichtig für uns sein könnte.« Er ging in den Flur, holte
seine Jacke, zog eine Visitenkarte aus seiner Innentasche und legte sie auf den
Tisch. »Jede Kleinigkeit kann von Bedeutung sein.«
Endlich war es so weit: Es war der 21. Februar, der Tag
des Biikebrennens! Die Kinder freuten sich auf den Abend, Erik und Sören sahen
mit gemischten Gefühlen dem Eintreffen der Staatsanwältin entgegen, und Mamma
Carlotta hoffte, dass ihr Schwiegersohn bald das Haus verlassen würde.
Sie fühlte sich beobachtet. Genau genommen wurde sie seit dem Mittag
des vergangenen Tages beobachtet. Seit ihr das Missgeschick widerfahren war,
schlafend auf dem Sofa gefunden zu werden. Noch nie war etwas Derartiges
vorgekommen, und sie selbst war mindestens genauso erschrocken darüber gewesen
wie Erik und Sören. Nur ein halbes Stündchen hatte sie sich aufs Ohr legen
wollen, in der sicheren Erwartung, dass gegen zwölf ihre innere Uhr schrillen
und sie an den Herd holen würde. Aber die war nach der schlaflosen Nacht auf
Toves Küchenstuhl offenbar in Unordnung geraten. Mamma Carlotta hatte groÃe
Mühe, ihren Schwiegersohn daran zu hindern, einen Arzt zu verständigen, und ihn
davon zu überzeugen, dass sie keinesfalls den Rest des Tages mit einer Wärmflasche
im Bett verbringen wollte. Sie war auch ganz sicher, dass ihr das Klima auf
Sylt, die Kälte und der Wind gut bekamen, dass ihr die Arbeit im Modeatelier
nicht zu viel wurde, dass sie lediglich ein wenig müde gewesen war. So etwas
kam bei jedem Menschen mal vor.
»Aber nicht bei dir!«, hatte Erik gesagt und damit
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