Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen über Arcadion

Flammen über Arcadion

Titel: Flammen über Arcadion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Perplies
Vom Netzwerk:
rang um Atem. Panik stieg in ihr auf.
    Oben ist unten, unten ist oben. Die Kapsel bockt und wird herumgewirbelt, als wäre sie ein loses Blatt im Wind. Sie wird in ihrem Sicherheitsharnisch umhergeschleudert. Eine unsichtbare Kraft, schwer wie ein Motorwagen, presst auf ihre Brust und macht jedes Atmen beinahe unmöglich.
    »Jonan!« Verzweifelt trommelte Carya gegen die Kapselluke, aber sie öffnete sich nicht. Ein Adrenalinstoß durchfuhr ihren Körper, als ihr entsetzt einfiel, dass sie vergessen hatte, ihm den Sicherheitscode zu geben.
    Das Licht geht aus, geht wieder an. Irgendwo heulen Triebwerke und versuchen, das Raketenflugzeug zu stabilisieren. Ein furchtbares Krachen ertönt, gefolgt von einem metallischen Kreischen. Die Kapsel wirbelt herum, überschlägt sich, wirft sie in ihrem Gurtwerk hin und her. Die Welt verliert alle Farbe, wird langsam grau und schmal. Sie hat das Gefühl, als blicke sie in einen tiefen Abgrund. Direkt vor ihr leuchtet ein großer roter Knopf. Alles andere ist grau, aber er glüht in tiefem Rot. In ihrer Angst schlägt sie darauf.
    Mit einem Knallen flog die Kapseltür auf. Carya sah Jonan mit einem erschrockenen Aufschrei zurückspringen. Im nächsten Moment eilte er bereits zu ihr und zog sie aus der Kapsel in seine Arme. »Carya! Geht es dir gut?«
    Zitternd und nach Atem ringend klammerte sie sich an ihn, während die Bilder derVision langsam verblassten. Ihr Geist kehrte ins Hier und Jetzt zurück. Sie befand sich wieder in dem kleinen, schäbigen Tempel am Dorfplatz der Mutantensiedlung, und um sie herum ragten die stummen Zeugen ihrer Vergangenheit auf. »Ich brauche etwas zu schreiben«, sagte Carya drängend, als sie sich etwas gefangen hatte. »Schnell.«
    »Ich … ich habe nichts bei mir«, stotterte Jonan.
    Sie löste sich von ihm und sah sich hektisch um. Nirgendwo lag ein Schreibgerät herum – natürlich nicht. Ihr Blick fiel auf Jonans Kampfmesser. Ohne zu zögern griff sie danach und zog es aus der Gürtelscheide.
    »He, Vorsicht!«, entfuhr es Jonan erschrocken. »Das Ding ist scharf.«
    Carya antwortete nicht, sondern bohrte sich die Spitze der Klinge in den Zeigefinger. Ein beißender Schmerz durchzuckte ihre Hand, und Blut quoll aus der Fingerspitze hervor. Vier acht Punkt sieben zwei fünf zwei sieben acht , schrieb sie hastig auf das graue Polster der Kapsel. Zwei Punkt drei fünf neun vier vier vier.
    Jonan zog die Augenbrauen zusammen und besah sich die Zahlenkolonne mit kritischem Blick. »Wo hast du das her?«, fragte er langsam.
    »Ich hatte eine Art Vision«, berichtete Carya, steckte sich den Finger in den Mund und lutschte daran, um die Wunde zu desinfizieren. »Die Zahlen«, fuhr sie kurz darauf fort, »wurden auf einem Apparat vor meinem Gesicht angezeigt.« Sie drehte sich zur aufgesprengten Kapseltür um und deutete auf das graue Anzeigefeld. »Hier. Da waren noch andere Zahlen, aber diese hier schienen mir besonders wichtig.«
    AufJonans Miene breitete sich ein Lächeln aus. »Nicht schlecht. Wenn wir Glück haben, hast du soeben die Zielkoordinaten des Raketenflugzeugs entdeckt!«

Kapitel 30
    A m Abend saßen Jonan, Carya und Pitlit auf der Dach terrasse ihres gegenwärtigen Domizils und nahmen ein gemeinsames Abendbrot ein. Ihre eigenen Vorräte waren mittlerweile aufgebraucht, aber die Mutanten ließen natürlich nicht zu, dass die Tochter des Himmels hungerte.
    Mit nicht geringer Belustigung bemerkte Jonan, wie sehr Pitlit sich bereits den neuen Gegebenheiten angepasst hatte. Der Straßenjunge trug einen Fellüberwurf über der Schulter, der von einer Ziege stammen musste, und ein buntes Stirnband bändigte seine schwarzen Haare. Die Kleider verliehen ihm ein verwegenes Aussehen, und das schien sein ohnehin schon großes Ego zusätzlich zu verstärken.
    Auch Carya sah besser aus als in den Tagen zuvor. Angst, Sorge und zunehmende Erschöpfung hatten sie gezeichnet, seit sie zusammen aus der Gasse hinter ihrem Elternhaus geflohen waren. Nach zwei Tagen Ruhe und Erholung in der Gesellschaft der Mutanten, nach einem ausgiebigen Bad, einer angenehmen Nacht in einem Bett und mehreren Mahlzeiten, die nicht in Hast auf der Straße verzehrt worden waren, wirkte sie fast wieder so frisch und reizend wie bei ihrer ersten Begegnung im Dom des Lichts.
    Nein , verbesserte Jonan sich innerlich, als er zu ihr hinüberschaute und sie heimlich dabei beobachtete, wie sie mit Pitlit einen Apfel teilte. Sie ist noch schöner als damals. Carya war nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher