Flammen über Arcadion
ihm fürchtete sich vor dem, was nun kommen würde. Aber es gab kein Zurück mehr.
Er erreichte die Tür und stellte die Kraftverstärkerservos auf höchste Leistung. Dann wechselte er sein Gewehr in die linke Hand und packte mit der rechten den verbogenen Rand der Tür.
Mit einem Ruck riss er die Tür auf und feuerte eine hoch gezielte Salve in den Raum, um alle Anwesenden instinktiv nach Deckung suchen zu lassen.
Blitzschnell erfasste er die Lage. Sie befanden sich in einer Kammer, die unmittelbar unter der Fertigungshalle liegen musste und in etwa deren Ausmaße hatte, wenngleich die Decke deutlich niedriger war.Auch hier zogen sich Rohre die Wände und die Decke entlang, und es standen Maschinen herum, deren Verwendungszweck sich Jonans Verständnis entzog. Einiges der Einrichtung stammte wohl noch aus der Zeit, als der Raum ein regulärer Teil der oben betriebenen Chemiefabrik gewesen war.
Interessanter wurde es im hinteren Teil des Raums, in dem sich drei Männer und eine Frau erschrocken zu Boden geworfen hatten. Zwei von ihnen hatten bereits graue Haare und schienen zur Generation von Jonans Vater zu gehören. Der dritte Mann und die Frau dagegen wirkten erstaunlich jung, nicht älter als Jonan selbst. Wenn sie Invitros waren, mussten sie Teil einer Züchtungsreihe sein, die nach den Dunklen Jahren das Licht der Welt erblickt hatte. Damit hätten die beiden regelrecht Seltenheitswert.
Um sie herum waren etliche der alten Maschinen entfernt worden, um einen freien Bereich zu schaffen, der mit Wannen, Labortischen und medizinischen Apparaten ausgefüllt war, die ganz offensichtlich nicht zur normalen Einrichtung zählten. Das Brutlabor der Invitros, durchfuhr es Jonan mit einem Schauer.
Er hatte Bilder von solchen Orten gesehen, an denen kranke Geister versuchten, künstliches Leben zu erschaffen. Viel zu oft ging dabei etwas schief, wie eine schonungslose Bilderserie bewies, die man ihm in den ersten Tagen bei der Garde gezeigt hatte. Die Aufnahmen verwachsener Zellklumpen, denen nur vage etwas Menschliches anhaftete, hatten sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt.
Seltsamerweise wirkte dieser Ort hier deutlich aufgeräumter als die vollgestopften Kellerlabore auf den Fotos des Tribunalpalastarchivs. Wo waren beispielsweise die sargähnlichen Tanks, die den Kern einer solchen Unternehmung bildeten? Und wo die Rechenmaschine, die den Brutprozess überwachte und steuerte? Diese Apparate konnten die Künstlichen unmöglich binnen der letzten zehn Minuten abgebaut und fortgeschafft haben. Hatte sie jemand vor dem Angriff gewarnt?
Egal , entschied er. »Im Namen des Lux Dei, ergeben Sie sich«, forderte er mit lauter Stimme, während er sich mit erhobener Waffe in den Raum schob. Lucai war direkt hinter ihm.
Jonans Aufforderung erreichte das genaue Gegenteil.
»Lauft weg, ich halte sie auf!« Einer der älteren Männer sprang auf und riss einen Revolver aus seinem Gürtel. Die Waffe hatte ein größeres Kaliber als die des Mannes oben im Korridor. Je nachdem, welche Munition er geladen hatte, bestand eine gewisse Gefahr.
Lucai reagierte schneller als Jonan und eröffnete aus seinem Sturmgewehr das Feuer. Obwohl er mit einer einzigen langen Salve vermutlich alle vier Gegner hätte töten können, beschränkte er sich auf gezielte Einzelschüsse. Nach wie vor hatten sie den Befehl, so viele Gefangene wie möglich zu machen.
Jonan ging hinter einem Maschinenblock in Deckung und wechselte sein Gewehr wieder in die rechte Hand. Ein rascher Blick zeigte ihm, dass die Frau und der andere Alte nach rechts außer Sicht eilten. Der junge Mann hatte sich zu dem Revolverschützen gesellt.
»Beschäftige sie, Lucai«, rief Jonan. »Ich kümmere mich um die anderen beiden.«
»Alles klar«, erwiderte sein Freund. Er hob die Stimme. »Hören Sie auf zu schießen. Sie können nicht gewinnen. Machen Sie Ihre Lage nicht noch schlimmer, als sie schon ist.«
»Halt’s Maul, du Mörder!«, schrie einer der Männer. »Inquisitorensklave!« Erneut hörte Jonan Revolverschüsse, gefolgt vom Hämmern eines Templersturmgewehrs.
So schnell es ihm in seiner Rüstung möglich war, eilte Jonan los. Am rechten Ende des Raums sah er etwas aufblitzen, das wie ein altes Motorrad aussah. Erstaunt hob er die Augenbrauen. Er hätte nicht gedacht, dass sich die Künstlichen treibstoffbetriebene Fahrzeuge leisten könnten.
Jonan umrundete einen übermannshohen Metallzylinder, und im nächsten Moment sah er, dass das Motorrad vor
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