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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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kurz aufflammenden Streichholz bücken, um einen Blick auf den dritten zu werfen.
    »Die Josephine !«, sagte Pitt mit tiefer Befriedigung.
    Voisey schwieg.
    Pitt ging voraus, wobei er für den Fall, dass das Deck glatt war, äußerst achtsam Schritt vor Schritt setzte. Wenn er fiel, konnte er sich verletzen oder gar ins Wasser stürzen. Schlimmer aber war
die Möglichkeit, dass dann jemand auf einem der größeren Lastkähne, die sicherlich Wachen an Bord hatten, Alarm schlug.
    Die Josephine lag ziemlich tief im Wasser, doch ließ sich der Abstand dorthin mit einem Sprung überwinden. Pitt schob sich auf Händen und Füßen über das Deck, einerseits, damit man ihn nicht sah, andererseits, um sein Gleichgewicht besser halten zu können, denn der Lastkahn hatte angefangen zu schaukeln.
    Voisey tat es ihm nach.
    Schweigend tasteten sie nach einer Ladeluke und suchten dann nach einer Möglichkeit, sie zu öffnen. Die Decksplanken rochen vermodert, und einige von ihnen fühlten sich viel zu weich an. Der Lastkahn musste ziemlich alt sein. Mit Sicherheit konnte man damit nicht einmal mehr auf der Themse herumfahren; er diente lediglich als schwimmender Lagerbehälter.
    Die Ladeluke war nicht verschlossen und ließ sich mit dem daran befindlichen Griff leicht öffnen. Das beunruhigte Pitt ein wenig. Hatte man das Dynamit womöglich schon fortgeschafft? Oder war es auf irgendeine andere Weise gesichert?
    »Worauf warten Sie?«, flüsterte Voisey.
    Pitt wünschte, Tellman wäre bei ihm. Zwar sagte ihm sein Verstand, dass Voisey es sich nicht leisten konnte, ihm jetzt in den Rücken zu fallen, doch sein Instinkt lehnte sich gegen das Argument auf.
    Sollte er sich in den Laderaum wagen oder lieber nicht? Mit einem Mal kamen ihm die schimmernden Lichter über der Themse, die Weite, der Geruch nach Salz und Fischen, den die Flut mit sich brachte, und sogar der Gestank des Schlamms wie das Versprechen von Freiheit vor. Mit der abgestandenen Luft des Laderaums schien ein leichter Geruch nach Chemikalien aufzusteigen.
    Im Schutz des Lukensülls riss Pitt ein weiteres Zündholz an und hielt es mit größter Vorsicht nach unten. Auf keinen Fall durfte er es fallen lassen, und wenn es ihm die Fingerkuppen verbrannte. Er spürte, dass Voisey nur wenige Zentimeter hinter ihm war.
    Der Laderaum war so gut wie leer. Es dauerte eine Weile, bis Pitt im entferntesten Winkel einige aufgestapelte Pakete sah. Es war denkbar, dass sie Dynamit enthielten, doch konnte es ebenso gut alles Mögliche andere sein, zum Beispiel einige Stapel alter Zeitungen.
    »Ich gehe nach unten«, sagte er leise. »Sie auch«, fügte er hinzu.
    »Soll ich nicht hier bleiben und aufpassen?«, fragte Voisey mit leichter Belustigung in der Stimme.
    »Nein!«, fuhr ihn Pitt an. »Jemand muss das Streichholz halten.«
    Voisey stieß ein leises nervöses Lachen aus. »Ich dachte nur, dass Sie mir vielleicht nicht trauen.«
    »Das tue ich auch nicht.«
    »Wir können uns nicht gleichzeitig durch die Luke hinunterlassen«, sagte Voisey. »Einer von uns muss den Anfang machen. Eine Münze zu werfen hat keinen Sinn – wir würden nicht sehen, auf welcher Seite sie landet. Da ich Ihnen traue, gehe ich als Erster.« Er schob sich an Pitt vorbei. Nach kurzem Überlegen ergriff er die Ränder der Luke, ließ sich hinab und stand gleich darauf auf dem Boden des Laderaums.
    Pitt folgte ihm, dann gingen sie gemeinsam dorthin, wo die Päckchen lagen. Voisey riss ein Zündholz an und hielt es, während Pitt eins der Päckchen untersuchte. Er brauchte nur wenige Sekunden, um festzustellen, dass es sich um Dynamit handelte.
    »Simbister«, sagte Voisey mit tiefer Befriedigung und einem Anflug von Überraschung. Die Flamme erlosch. Im Lagerraum war es vollständig finster. Man konnte nichts sehen, nicht einmal das blasse Viereck des Himmels durch die offene Luke.
    Dann begriff Pitt, dass sie nicht mehr offen stand. Aber er hatte sie nicht zufallen hören!
    Dass Voisey neben ihm stand, merkte er ausschließlich an dessen Atemzügen. Er konnte nichts sehen.
    »Ist sie zugefallen?«, flüsterte Voisey, obwohl ihm die Antwort klar war. Es kostete ihn größte Mühe, mit ruhiger Stimme zu sprechen und seine Angst nicht zu zeigen. »Gibt es einen anderen Weg nach draußen?«
    Pitts Gedanken jagten sich. Er bemühte sich, nicht in Panik zu verfallen. Da Voisey bei ihm war, konnte es dessen Werk nicht sein, und so kam nur Grover infrage, wenn nicht gar Simbister selbst. »Nein«, sagte er und

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