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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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liegt Ihnen seine Sicherheit am Herzen, und ich nehme auch an, dass Sie treu zu ihm stehen, wenn Sie ihm schon nicht gehorchen?«
    Jetzt war sie so wütend, dass sie ihn am liebsten geohrfeigt hätte. Doch um Pitts willen zügelte sie sich. »Mr Narraway«, sagte sie und wäre fast an ihren Worten erstickt. »Ich würde Sie gern auffordern, sich um Ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern, und Sie fragen, wieso Sie es wagen, herzukommen und mir unverschämte Fragen zu stellen. Aber Sie sind nun einmal der Vorgesetzte meines Mannes, und ich möchte seine Stellung nicht mit einem solchen Verhalten gefährden. Mithin sind mir die Hände gebunden.«
    Sein Gesicht wurde weiß, und seine Augen blitzten. »Mir geht es um Ihre Sicherheit, Sie törichte Frau! Wenn Ihr Mann nicht fähig ist, Ihnen Ihre Grenzen aufzuzeigen, muss das jemand anders tun.«
    Der wahre Anlass für den Besuch bei Voisey lag ihr schon auf der Zungenspitze, doch wenn sie ihm den nannte, würde vielleicht auch er begreifen, dass sie die Beweismittel gegen Mrs Cavendish nie und nimmer verwenden konnte, ganz gleich, was mit Pitt geschah. Um sich und die Kinder zu schützen, musste sie es für sich behalten. Sie hatte mehr zu verlieren als Voisey, das hätte ihr von Anfang an klar sein müssen. Die Drohung, die sie Voisey gegenüber ausgestoßen hatte, mochte aus Pitts Mund funktionieren, um die Familie zu schützen, aus ihrem aber nicht. Sie wollte nicht, dass Narraway das begriff und auf diese Weise Zeuge ihrer Niederlage wurde. So sah sie ihn mit hilfloser Wut an.
    »Ihre Äußerungen sind beleidigend, Mr Narraway. Es ist wohl besser, wenn Sie gehen.« Sie versuchte sich möglichst würdevoll zu geben. Dann kam ihr mit einem Mal der Gedanke, dass er wortwörtlich gemeint hatte, was er gesagt hatte. Er hatte Angst um sie. Auf seinem Gesicht lag ein sonderbar verletzlicher Ausdruck. Er wirkte so starr, weil ihm ihre Sicherheit am Herzen lag und er es nicht gewohnt war, Fürsorge für andere zu zeigen. Er fühlte sich nackt und bloß.
    Sie merkte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg, und sah beiseite.
    »Ich versichere Ihnen, dass ich nicht die Absicht habe, Sir Charles noch einmal aufzusuchen«, sagte sie leise. »Es liegt weder
in meiner Absicht, Ihre Nachforschungen zu behindern, noch möchte ich meinem Mann Anlass zur Sorge um meine Sicherheit geben. Aber ich bin fest überzeugt, dass der Gesetzentwurf gefährlich ist, und ich beabsichtige weiterhin, alles zu tun, was ich kann, um die zu unterstützen, die dagegen kämpfen. Auf Wiedersehen, Mr Narraway.«
    »Auf Wiedersehen, Mrs Pitt«, sagte er ruhig. Sie begleitete ihn zur Haustür, vermied es aber, ihm in die Augen zu sehen, damit er nicht merkte, dass sie ihn verstand. Es war besser so.
    Sie schloss die Tür hinter ihm und blieb eine Weile schwer atmend stehen.

KAPITEL 10
    » Vermutlich sollte ich mich glücklich schätzen, dass Sie mit dem Leben davongekommen sind«, sagte Narraway bissig, als ihm Pitt am späten Nachmittag schilderte, was auf der Josephine geschehen war. Bei seinem Versuch, in der Zwischenzeit möglichst viel über die Verbindung zwischen Simbister und dem Lastkahn in Erfahrung zu bringen, war er zu seiner Freude auf schriftliches Beweismaterial gestoßen, aus dem hervorging, dass der Mann in der Tat dessen Eigner war.
    »Ja«, gab ihm Pitt Recht, der sich nur allzu lebhaft an die eiskalte Dunkelheit und das Gurgeln des Wassers um ihn herum erinnerte, während die Josephine langsam zu sinken begann, an den flackernden Lichtschein der Streichhölzer, die Voisey eins nach dem anderen angerissen hatte. Er fragte sich, wie groß dessen Angst gewesen sein mochte. Sie hatten nicht darüber gesprochen. Hatte er keine, oder war sie so sehr mit seinem Leben verflochten, dass er sie gar nicht erst zu beschreiben versuchte? Wem sollte man eine solche Angst auch mitteilen? Wer sie erlebt hatte, kannte sie, und anderen würde eine noch so eindringliche Beschreibung nichts von dem Entsetzen vermitteln, das sie verbreitete. Pitt hatte nicht einmal den Versuch unternommen, sie Charlotte zu erklären. Was sie wusste, hatte sie an seinem Zittern erkannt, am Blick seiner Augen und daran, dass er gar nicht erst versucht hatte, ihr darüber etwas mitzuteilen.
    »Dann wäre es wohl angebracht, dafür zu sorgen, dass jemand
den Kahn hebt«, sagte Narraway. Er wirkte bleich und angespannt, als falle es ihm schwer, seine Empfindungen zu beherrschen. Sollte er sich wirklich so große Sorgen um Pitts

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