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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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fast die ganze Nacht auf, um eine falsche Spur zu legen, während ein Einbrecher aus Wetrons Haus wichtiges Beweismaterial entwendet hat, so, wie Sie es angeregt haben.«
    Voiseys Gesicht leuchtete auf. Seine Augen glänzten. »Was ist es?«
    Er hatte das so aufgeregt hervorgestoßen, dass sich die beiden älteren Leute erstaunt umwandten. Der Mann war gerade dabei, Donnes vermutlich berühmtestes Gedicht zu zitieren: »Begehre daher nie zu wissen, wem die Stunde schlägt; …«
    »Sie schlägt dir«, beendete Pitt den Vers in Gedanken. »Genau das, womit Sie gerechnet haben«, sagte er fast flüsternd.
    »Um Gottes willen!«, stieß Voisey hervor. »Und wer?«
    »Piers Denoon. Eine Anklage wegen Vergewaltigung, die einige Jahre zurückliegt.«
    Voisey stieß den Atem in einem Seufzer aus, als hätte sich in ihm etwas lange Aufgestautes gelöst. »Genügt das?«
    »Fast. Wir müssen alle Verbindungen beweisen können. Bisher haben wir die zwischen dem Dynamit und Simbister sowie die zwischen Grover und Simbister. Durch Denoons Geständnis kommt die zwischen Simbister und Wetron hinzu. Trotzdem könnte Wetron immer noch leugnen und behaupten, er sei erst kürzlich auf das Geständnis gestoßen und habe beabsichtigt, der Sache nachzugehen, sobald er die Gewissheit hatte, dass etwas daran war. Das würde zwar das Ende Simbisters bedeuten, doch könnte ihn Wetron einfach durch einen anderen ersetzen.«
    »Ich verstehe«, sagte Voisey ungeduldig. »Wir müssen unbedingt beweisen, dass er Piers Denoon benutzt hat, dann kann er uns nicht mehr entkommen. Sofern der junge Denoon Magnus Landsborough erschossen hat, können Sie ihn unter Mordanklage stellen lassen. Er wäre sicher gern bereit zu schwören, dass man ihn dazu erpresst hat. Sind die Papiere in Sicherheit? Doch nicht etwa in Ihrem Haus?«
    »Nein, sie sind in Sicherheit«, teilte ihm Pitt müde mit.
    Der Anflug eines Lächelns trat auf Voiseys Gesicht. Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass Pitt ihm mehr sagen würde.
    »Nutzen Sie Ihre alten Beziehungen zum Inneren Kreis«, fuhr Pitt fort. »Wir brauchen das fehlende Bindeglied rasch. Wetron weiß, dass wir die Papiere haben.«
    Das Lächeln wurde breiter. »Ach ja? Da hätte ich gern sein Gesicht gesehen.« Voiseys Stimme klang bedauernd. Das Bestreben, sich zu rächen, war überdeutlich. Er genoss die Worte, während er sie sagte.
    Ein leichtes Unbehagen überkam Pitt. Er spürte, wie ihn ein Schauder erfasste, aber es gab keine andere Möglichkeit, als mit Voisey zusammenzuarbeiten. Es war sinnlos, sich zu überlegen, wie er sich dem entziehen konnte. »Tun Sie das gleich heute«, sagte er. »Finden Sie den Beweis dafür, dass Wetron von der Sache mit der Vergewaltigung wusste und mithilfe dieses Wissens den jungen Denoon dazu gebracht hat, die Anarchisten zu finanzieren und Magnus Landsborough zu ermorden.«
    Voisey leckte sich genüsslich die Lippen, offenkundig, ohne es selbst zu merken. »Ja«, sagte er, den Blick auf Pitt gerichtet. »Ja, ich weiß genau, wer dafür infrage kommt. Es gibt noch einige alte Schulden einzutreiben. Sie haben doch ein Telefon? Halten Sie sich ab vier Uhr in seiner Nähe auf. Es stimmt, wir haben keine Zeit zu verlieren.« Er zuckte kaum wahrnehmbar mit den Achseln. »Um Tellmans willen!«
    Pitt gab ihm seine Nummer, wandte sich dann um und ging rasch fort, aus Furcht, er könnte dem Impuls nachgeben, Voisey ins widerlich lächelnde Gesicht zu schlagen. Seine Schritte hallten auf den Steinen. Zwar standen sie unmittelbar vor dem Erfolg, doch konnte er ihm noch im letzten Augenblick entgleiten. Es war ohne weiteres vorstellbar, dass ihn Voisey hinterging, Wetron und Simbister mit dem Beweismaterial zugrunde richtete, mit seinem Wissen über dessen eigenen Sohn Schande über Edward Denoon brachte und selbst wieder an die Spitze des Inneren Kreises trat. Es war sogar denkbar, dass er den Gesetzentwurf im Unterhaus für seine eigenen Zwecke nutzte – und es gab nichts, was Pitt tun könnte, um ihm in den Arm zu fallen. Er hatte in Voiseys Augen gesehen, dass das auch diesem bewusst war – und er es genoss, so wie man bei einem hundert Jahre alten Kognak den Duft einsaugt, bis dieser die Sinne benebelt.

    Pitt wartete schon vor vier Uhr zu Hause, ging unruhig auf und ab und schrak bei jedem Geräusch zusammen. Charlotte beobachtete ihn aufmerksam. Gracie wischte den Boden und brabbelte Unverständliches vor sich hin. Sie wusste, dass Gefahr drohte, doch hatte ihr niemand

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