Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
gesagt, worin sie bestand. Seit zwei Tagen hatte sie Tellman keinen Augenblick unter vier Augen gesprochen. Pitt hatte ihr gesagt, er habe ein außerordentliches Maß an Mut und Klugheit bewiesen, war aber nicht bereit, ihr mehr mitzuteilen, und auch seiner Frau nicht.
    Um fünf Uhr tranken sie Tee und verbrannten sich dabei den Mund, weil sie nicht lange genug gewartet hatten, sagten, dass sie Kuchen wollten, aßen ihn aber nicht.
    Um Viertel vor sechs klingelte endlich das Telefon. Pitt stürmte in die Diele und nahm ab.
    »Ja?«
    »Wir haben es!«, sagte Voisey jubelnd. »Aber jemand muss Denoon etwas gesagt haben. Er ist bereits am Kai. Kommen Sie, so schnell Sie können. Zum Anleger beim King’s Arms auf der Isle of Dogs. Limehouse Reach …«
    »Ich weiß, wo es ist!«, stieß Pitt hervor.
    »Kommen Sie gleich!«, drängte Voisey. »So schnell Sie können! Ich fahre schon einmal hin. Wenn er uns entwischt, ist alles verloren.«
    »Ich komme.« Pitt hängte den Hörer auf den Haken und drehte sich zu Charlotte und Gracie um, die ihn ansahen. »Ich muss auf die Isle of Dogs, um Piers Denoon zu fassen, bevor er entkommt. Wetron muss ihn gewarnt haben.« Er machte sich auf den Weg zur Tür.
    »Du kannst ihn nicht festnehmen!«, rief ihm Charlotte nach. »Du bist nicht mehr bei der Polizei. Lass mich …«
    »Nein!«, entgegnete er und wandte sich ihr wieder zu. »Sag niemandem etwas! Du weißt nicht, wem du trauen kannst. Gib Narraway Bescheid, wenn du ihn findest, sonst zu niemandem ein Wort!«
    Sie nickte. Auf keinen Fall durfte sie versuchen, mit Tellman
Verbindung aufzunehmen. Er sah ihrem Gesicht an, dass ihr das klar war. Er küsste sie so flüchtig, dass er sie kaum berührte, und eilte dann aus dem Haus. Er rannte bis ans Ende der Straße, wo er die erste Droschke anhielt, die vorüberkam. »Millwall Dock!«, rief er dem Kutscher zu. »Dann weiter zum Anleger beim King’s Arms . Wissen Sie, wo das ist?«
    »Ja, Sir.«
    »So schnell Sie können! Ich zahle auch einen Zuschlag.«
    »Halten Sie sich gut fest.«
    Das Pferd zog an, und die Fahrt wurde immer schneller. Da der Kutscher auch in Kurven das Tempo nicht verminderte, musste sich Pitt mehr als gut festhalten. Allmählich wurde es dunkel. Durch die Oxford Street und High Holborn ging es nach Osten, weiter über Holborn Viaduct, Newgate Street und Cheapside. An der Einmündung von Mansion House mussten sie anhalten. Die Räder zweier Kutschen hatten sich ineinander verhakt.
    Pitt barst vor Ungeduld. Um sie herum ertönten Rufe und Geschrei, knarrten Räder, als Fahrzeuge gewendet wurden.
    Auch die Droschke machte kehrt, dann ging es durch die King William Street zur Themse hinab.
    »Dort kommen Sie nicht durch!«, rief Pitt aufgeregt. »Da landen Sie am Tower.«
    Der Kutscher rief etwas über die Schulter, was er nicht verstand. Nieselregen hatte eingesetzt. Die Fahrt wurde wieder schneller, aber es würde nichts nützen, denn sie würden den bereits unter William dem Eroberer im 11. Jahrhundert erbauten massiven Tower von London nicht umrunden können.
    Kurz davor bog der Kutscher nach Norden ab. Natürlich, Gracechurch Street, Leadenhall Street, Aldgate und wieder nach Osten. Pitt lehnte sich zurück, holte tief Luft und versuchte sich zu beruhigen. Bis zum Ziel war es noch weit. Inzwischen war es dunkel, es regnete, und die Straße glänzte nass im Licht der Kutschen-und Straßenlaternen. Das Zischen, mit dem die Räder das Wasser teilten, wurde durch den Hufschlag weitgehend übertönt.
    Schließlich kam die Droschke in beinahe völliger Dunkelheit am Anleger nahe dem Gasthaus King’s Arms zum Stehen. Fast im selben Augenblick löste sich Voiseys hohe Gestalt aus dem Schatten und zeichnete sich schwarz vor dem unruhigen Muster der Themse ab, auf der die Positionslichter von der Flut stromaufwärts geschobener Schiffe tanzten.
    Pitt sprang ab, dankte dem Kutscher und warf ihm einige Münzen zu – wahrscheinlich doppelt so viel, wie er ihm schuldete. Dann folgte er Voisey zur Kaimauer.
    »Er hält sich auf dem Schleppkahn da versteckt«, sagte Voisey mit belegter Stimme. »Bei ablaufendem Wasser wollen sie ihn wegschaffen. Bis dahin sind es noch etwa zwanzig Minuten.« Er wies auf den Fluss. »Ich habe von einem der Fährleute ein Ruderboot gemietet. Ein ziemlich klappriger Kahn, aber es bringt uns, wohin wir wollen.« Er ging die dunklen Stufen hinab und stützte sich mit einer Hand an der Kaimauer ab.
    Pitt konnte den schwarzen Rumpf eines auf dem

Weitere Kostenlose Bücher