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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Straße. Alles Illegale. Wir wissen das aus sicherer
Quelle, und mein Vater hat’s an das zuständige Kommissariat weitergegeben.
Morgen findet die Razzia statt.“
    „Davon habe
ich gehört“, meinte der Fahrer. „Ist eine Baustelle von Otto Fleidenreich,
nicht wahr?“
    „Richtig.“
    „Na, dann
halte ich die Daumen. Aber geht nicht zu nah ran. Man weiß nie, wie der eine
oder andere reagiert. Gefahr ist immer dabei.“
     
    *
     
    Im
Hinterzimmer der Kneipe knallten die Sektkorken. Immer wieder stieß Korac mit
seinen Kapos an. Sie tranken aus Halblitergläsern, und die Gesichter waren
schon so rot wie der rote Sekt, ihre bevorzugte Marke.
    Mollai
zeigte unentwegt seine Goldzähne. Luka wirkte mehr denn je wie ein
beutegieriger Geier.
    Der Wirt,
ein finsterer Balkanese mit wechselvoller Vergangenheit, kam des öfteren herein
und trank ein Glas mit. Er war das Alibi des Trios (drei). Er würde
notfalls unter Eid versichern, keiner von ihnen hätte sich während des langen
Abends aus der Kneipe gerührt.
    Stumme
Zeugen sollten außerdem viele leere Sektflaschen sein, und die Sippschaft
beeilte sich, um den Rückstand nun aufzuholen, Zeit, die sie verloren hatten —
als Brandstifter draußen beim Schimmelhaus.
    „Stand
sofort in hellen Flammen“, erzählte Korac dem Wirt. „Mann, was wir an Benzin
verspritzt haben! Damit wären drei Lastzüge bis Beograd ( Belgrad )
gekommen — und zurück.“
    Der Wirt
grinste. Er konnte Honold nicht leiden. War kein Gast von ihm und überhaupt ein
falscher Hund!
    „So kriegen
wir ihn klein“, behauptete Mollai. „Der überlegt sich in Zukunft, ob er uns
nochmal an den Wagen fährt.“
    „Und was ist
mit den Illegalen?“ fragte der Wirt.
    „Was soll
sein?“ lachte Korac. „Sie hatten Feuer unterm Hintern. Sicherlich haben sie
fluchtartig die Bude verlassen.“
    „Umgekommen
ist keiner?“
    „Woher soll
ich das wissen? Und kommt’s darauf an?“
    Der Wirt
schüttelte den Kopf. Türken dieser Einkommensklasse gehörten nicht zu seinen
Gästen. Also war ihr Schicksal ihm gleichgültig.
    Korac trank
noch ein Glas. Plötzlich kippte seine Stimmung. Die Fröhlichkeit verflog. Von
einer Sekunde zur nächsten starrte er brütend vor sich hin, umwölkt die Stirn,
mit zuckenden Fleischwülsten im stumpfen Gesicht.
    „Honold ist
out“, sagte er. „Der macht mir die wenigsten Sorgen.“
    „Sorgen?“
lachte der Wirt. „Die kennst du doch gar nicht — bei deinem Verdienst und ‘ner
Arbeit, die sich mit links macht.“
    „Vonwegen!
Ich muß ständig auf der Hut sein. Da gibt es Tugendwächter, die verfolgen mich,
als wäre ich der Satan. Einer ist besonders beharrlich. Ich meine diesen Gunter
Rehm vom Tagblatt. Der hat sich’s zum Ziel gemacht, im Baugewerbe die Mißstände
aufzudecken. Der schnüffelt und bohrt, gräbt aus, befragt jedermann und läßt
nicht locker. Uns, die Vermittler der Illegalen, hat er an die erste Stelle
gesetzt auf seiner Abschußliste. Uns und unsere Partner, die Baulöwen.“
    „Löwen?
Wieso mehrere?“ grinste der Wirt. „Ihr habt doch nur einen Partner, der in
jedes Dreckgeschäft einsteigt, wenn’s seinem Konto guttut. Oder gibt es einen
zweiten Heidenreich in der Stadt?“
    „Stimmt
zwar, was du sagst. Aber in kleinerem Rahmen sind auch andere Bauunternehmer
unsere Kunden. Nach dem Motto: Spare am Arbeiter, dann hast du in der Not —
nämlich fette Bankkonten in der Schweiz, einen Landsitz am Mittelmeer, eine
Jacht in der Karibik und...“
    Er blickte
auf, denn die Tür hatte sich geöffnet, und sein Freund Franz Bossert trat ein.
    In seinen
Raubfischaugen stand ein beunruhigender Ausdruck. Schweiß glänzte auf der
Stirnglatze, und Rußflocken des Schimmelhaus-Brandes hatten Spuren auf seinem
schnieken Anzug hinterlassen.
    Alle
spürten, daß er unfrohe Kunde brachte, aber den Wirt interessierte das nicht.
Er ging in die Gaststube zurück, nachdem er Bossert begrüßt hatte.
    „Nun?“
fragte Korac. „Hat sich’s gelohnt, daß du als vorgeschobener Beobachter dort
warst?“
    Erst trank
Bossert einen Schluck. Dann sagte er: „Ihr wurdet beobachtet. Die Zeugen haben
Gani und Vidac“, wie Mollai und Luka mit Vornamen hießen, „erkannt. Dich, Avdi,
kennen sie nicht. Aber sie können dich prima beschreiben und mutmaßen sogar,
daß es der Korac sei. Jedenfalls haben sie das der Polizei in die Ohren
geflötet.“
    „Wer,
verdammt nochmal, sind die Zeugen?“
    „Du wirst es
nicht für möglich halten: zwei Jugendliche. So’n

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