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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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blonder Bursche, der Engelbert
Conradi heißt, aber Tom genannt wird — macht ’nen handfesten Eindruck — und,
aber halt dich fest!, eine süße Puppe namens Nina Rehm. Ja, die Tochter von
unserem Intimfeind (vertrauter Feind), dem Pressefritzen vom Tagblatt.“
    Er
berichtete ausführlich.
    Als er Locke
und Tom beschrieb, sagte Korac: „Mensch, Franz! Fällt dir nichts auf?“
    „Was soll
mir auffallen?“
    „Die Bälger
waren dabei, als Rehm uns bei der Schoeffe störte. Er und der Junge rannten,
kaum daß sie die Tür aufgedrückt hatten, in den Wohnraum. Aber das Mädchen
blieb zurück, und ich habe sie beiseite gestoßen. So ‘ne hübsche Schmale mit
langem dunklen Haar. Scheint, die helfen dem Rehm. Verdammtes Gelichter!“
    Bedrückende
Stille breitete sich aus, nur hin und wieder vom Klirren der Gläser
unterbrochen.
    Mollai
entkorkte eine neue Flasche und hielt seine Goldzähne ins Lampenlicht. Roter
Sekt — ahhhhhh! Den hatte er sich verdient! Den hatten sich er und Luka verdient!
Den ganzen Tag waren sie als Anwerber unterwegs gewesen. Mit Erfolg. Die
Arbeitskolonnen standen, waren eingeteilt und würden morgen früh bei der
Baustelle Feldkirchner Straße anrücken. Heidenreich konnte zufrieden sein. Avdi
Korac und seine Leute erfüllten jeden Auftrag. Daß es sich um teure Illegale
handelte, nämlich um hiesige, erfahrene, ausgebuffte und nicht um
eingeschleuste Ausländer — das stand auf einem andern Blatt. Den Heidenreich
kümmerte das nicht. Der zahlte deshalb keine Mark mehr. Besser war’s, ihm aus
Gründen des Ansehens davon gar nichts zu sagen. So oder so — diesmal verdienten
Avdi Korac und seine Leute nicht viel.
    „An eurer
Stelle“, sagte Bossert, „würde ich heute nacht nicht nach Hause gehen.“
    „Meinst du?“
knurrte Korac.
    „Könnte sein,
die Bullen warten.“
    „Na, und?
Wir haben unser Alibi.“
    „Hm. Die
Bälger machten nicht den Eindruck, als wären sie auf den Kopf gefallen. Die
Bullen werden ihnen glauben.“
    „Sollen sie.
Es sind Minderjährige. Uns kann niemand was anhaben. Jemanden böswillig
belasten, ist eine Sache, uns nachts beim Feuerschein erkennen — eine andere.“
    „Sie konnten
sogar deinen Straßenkreuzer beschreiben, den du intelligenterweise ohne Licht
geparkt hast.“
    „Na und?
Mein Wagen stand den ganzen Abend hier auf dem Hof. Um jemanden böswillig zu
beschuldigen, besorgt man sich natürlich Informationen über ihn. Man kennt
seinen Wagen.“
    „Hoffen wir,
daß wir damit durchkommen“, sagte Bossert. „Immerhin — dieser Rehm ist jemand
in dieser Stadt.“
    „Das besagt
nichts. Es gibt Väter, die sind Oberbürgermeister, und die Söhne dealen, werfen
Molotow-Cocktails (selbstgebastelte Brandbomben) oder besetzen
Abbruchhäuser.“
    Wieder
kehrte Stille ein, durchwachsen von Unbehagen wie Speck von Schinken bei einer bewegungsfreudigen
Schlachtsau. Die Zeichen standen auf Sturm. Der Anlaß zum Feiern wurde
überdeckt von Gefahr. Da half es auch wenig, daß der Wirt mit drei neuen,
eiskalten Sektflaschen kam. Er spürte die Endzeitstimmung, hörte sich an, worum
es ging, und versicherte, auf seine Verläßlichkeit als Alibi-Zeugen könnten sie
bauen: Wolkenkratzer und — wenn’s sein mußte — sogar ihre Zukunft.

    „Schenk
ein!“ sagte Korac — und kehrte die Stimmung zum zweiten Mal ins Gegenteil. „Uns
wird nichts passieren. Aber einem andern wird was passieren. Diesem Rehm!
Scheißkerl, verdammter! Du kommst uns zu nahe.“
    „Daß die
Bälger beim Schimmelhaus waren“, meinte Bos-sert, „ist doch kein Zufall.“
    „Nein, das
ist kein Zufall. Diese Tugendwächter haben Honold am Kanthaken.“
    „Der ist
brutal und hart. Aber wenn’s drauf ankommt, kennt er nur sich selbst. Damit
meine ich: Wenn Rehm ihn in die Enge treibt, verpfeift Honold uns alle.“
    Korac
nickte. „Aber dazu kommt es nicht. Denn Honold wird Rehm ausschalten.“
    „Wie das?“
    „Du sagtest
doch, Fromm und Eckert wären dagewesen und hätten gehört, wie die Bälger uns
mit ihrer Aussage belasten.“
    „So ist es.“
Bossert grinste. „Wahrscheinlich waren Fromm und Eckert angewiesen, das
Schimmelhaus zu bewachen. Aber weil alles so schön ruhig blieb, haben sie im
Wagen gepennt. Oder sind in ‘ner Kneipe gehockt. Jedenfalls,“ sein Grinsen
wurde breiter, „tauchten sie erst auf, als nichts mehr zu retten war. Jetzt, da
wette ich, sind sie bei Honold und berichten brühwarm.“
    Korac
streckte den Arm aus. „Gebt mal das Telefon her.

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