Flammenbraut
wahr?«
»Ja.«
James ließ die anderen drei im Flur zurück und folgte Arthur Corliss in dessen Büro. Seit James es zum ersten Mal gesehen hatte, war es noch voller geworden: mehr Unterlagen, mehr Bücher, mehr Zeitungen auf unterschiedlichen Stapeln (offensichtlich las er alle drei: die News , die Press und den Plain Dealer ), ein ordentlicher Vorrat an Mission-Orange-Limonade in ihren charakteristischen schwarzen Flaschen, ein großer Tisch zusätzlich zu dem Schreibtisch voller Berichte und Diagramme. Im Gegensatz zu seinem Nachbarn tat Corliss in seinem Büro mehr, als junge Mädchen zu vergewaltigen und Pillen an reiche Damen zu verkaufen.
Vor der Heizung lag ein Hund, der bei James’ Eintreten nur träge ein Auge öffnete.
»Nun, Detective, was führt Sie hierher?«, fragte Corliss, während er das mitgebrachte Essen auspackte.
»Wir behalten nur Ihren Nachbarn etwas im Auge, überprüfen, ob seine weiblichen Bekanntschaften auch alle volljährig sind.«
»Die, die ich so zu sehen bekomme, sind weitaus älter, das kann ich Ihnen versichern. Louis hat immer reichlich weiblichen Besuch.«
James drängte ihn nicht. »Ich habe auch an Sie eine Frage. Wenn ein Mann für die Eisenbahn arbeiten wollen würde, würde er dann hierherkommen und mit Ihnen sprechen, oder würde er zum Bahnhof gehen?«
Corliss richtete sich auf, erstaunt und gleichzeitig erfreut. »Überlegen Sie, bei der Eisenbahnpolizei anzuheuern? Hervorragend! Wir können immer erfahrene Leute gebrauchen. Ich war auch einer, wissen Sie, ein Detective wie Sie.«
»Bei der Eisenbahn?«
»Als ich noch jünger war. Ich war nicht besonders gut. Mir haben die Unglücklichen in diesem Land immer zu sehr leidgetan, die sich keine Fahrkarte leisten konnten – und jetzt gibt es so viele davon.« Corliss holte ein Messer aus einer Schublade und schnitt eines der Sandwiches mit einem energischen Hieb durch. »Natürlich könnten viele von ihnen es sich schon leisten; sie wollen nur nicht bezahlen, und die Eisenbahnen müssen sich dagegen schützen. Als ich älter wurde, lernte ich, dass man viel Geld braucht, um eine Eisenbahn zu gründen, und noch mehr, um sie zu betreiben, da kann ich es nicht einfach so durchgehen lassen, nur weil Kriminelle denken, dass eine Depression eine Entschuldigung ist, sich an meinem Besitz zu bereichern. Wir führen jeden Tag einen Kampf. Fast schon einen Krieg. Möchten Sie ein Sandwich?«
»Nein danke, aber ich nehme ein Stück für meinen Partner.« Enttäuschung zeichnete sich auf dem Gesicht des Mannes ab, sodass James rasch erklärte: »Ich habe mir nie etwas aus gepökeltem Fleisch gemacht. Mein Vater hat alles gepökelt, als ich noch ein Junge war. In seinen Augen war es die einzig zuverlässige Art des Konservierens.«
»Ihr Partner versteht es nicht, nicht wahr?«
»Das Pökeln?«
»Den Krieg.« Sein Blick ruhte auf dem ausgefransten Saum von James’ Mantel, den fast schon durchsichtigen Hosen. »Und dass jeder auf seine Weise damit fertigwerden muss.«
In diesem Moment wollte James nichts mehr, als sich einen Stuhl heranzuziehen und zu sprechen, mit dem Mann oder auch seinem Hund, über die Schwierigkeit, immer neue Entschuldigungen zu finden, um eine Spielhölle nicht beschützen zu müssen oder den Anteil des Departments aus einem Puff abzuholen, über Helen und das Baby, darüber, wie die Kälte durch das Klebeband um seinen Schuh drang.
Natürlich tat er das nicht. Er konnte sich niemandem offenbaren; Männer machten das nicht. Und er hatte gewisse Vorbehalte gegen die Mieter des Gebäudes. Die ersten zwei Leichen hatte man auf dem Hügel ganz in der Nähe gefunden, nur wenige Meter von der Westseite des Hauses entfernt. Der Mann in der blauen Jacke war vielleicht wegen Arbeit zu Corliss gekommen. Und Flo Polillo hatte bei Mike’s an der Bar gearbeitet. »Wegen des Jobs bei der Bahn … da habe ich nicht meinetwegen gefragt. Ich versuche die letzten Schritte eines Mannes zurückzuverfolgen, der vielleicht hier nach Arbeit als Mechaniker gefragt hat.«
Ein junger Mann mit zerzausten dunklen Locken und einem Bleistift hinter einem Ohr stürzte hinter James durch die Bürotür. »Haben Sie das Futter?«
Corliss streckte ihm ein Sandwich hin. »Hier, Mr. Metesky. Sie wissen aber, dass es ein Verbrechen ist, Corned Beef auf etwas anderem als Roggenbrot zu essen.«
»Was Sie nicht sagen. Hat Ihre Haushälterin Ihnen heute Brötchen mitgegeben? Nein? Schade.« Der Architekt nahm das eingepackte Sandwich
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