Flammenbraut
Beamten – und dass sie auch lieber in ihrer Küche auf und ab gegangen wäre, um darüber nachzudenken, was sie kochen sollte, damit sie ihre Teenagertochter aus dem Bett locken konnte. Elf Uhr. Rachael schlief bestimmt noch, es sei denn, Harry weckte sie.
Die Beamten hatten bereits einen Trampelpfad durch das Gelände gelaufen, daher hätte Theresa eigentlich gar nicht mehr zu suchen brauchen. Sicher hatten sie bereits alles gefunden, was von Bedeutung war. Sie wusste, sie sollte ihnen einfach auftragen, den Tatort freizugeben und nach Hause zu fahren. Frank würde sie informieren, wenn er bei den Befragungen etwas Wichtiges herausfand, und sie könnte sich in der Zwischenzeit überlegen, wie sie Leo die Kontaminierung der Kleidung des Opfers mit ihren Tierhaaren beibringen sollte.
Und doch ging sie weiter von der getrockneten Blutlache zum Zug und wieder zurück, trat den Pfad mit jedem Schritt breiter. Vielleicht hatte der Mörder etwas fallen lassen. Wie sie dieses Etwas erkennen sollte, wenn sie es sah, war eine andere Frage, weshalb sie jeden Gegenstand, der noch nicht von Matsch verkrustet war, am besten genauer unter die Lupe nahm. Bis jetzt hatte sie noch nichts Entsprechendes gefunden.
Der Streifenbeamte beobachtete sie von dem verlassenen Bahnsteig aus, gelangweilt in seinem kleinen Käfig aus gelbem Absperrband. Sie würde den Tatort freigeben müssen, wenn sie fertig war – sie konnte einfach nicht rechtfertigen, den Beamten noch länger hier festzuhalten, weil sie nach Hause zu ihrer Tochter wollte. Und die Bahn wollte ihren Zug zurück.
Ein schmutziges Streichholzbriefchen, ein verdrecktes Garnknäuel. Theresa ging weiter. Die Sonne wärmte ihre Kopfhaut, und sie zog ihren Pullover aus und band ihn sich um die Taille. Das Tal roch nach Diesel und Laub.
Eine zerbrochene Plastikgabel. Ein Penny. Ein Rumpeln ertönte, und sie blickte auf. Der Zug der Roten Linie um elf Uhr acht tuckerte Richtung Westen.
Ein gebrauchtes Kondom. Ein Stück überraschend weißes Papier.
Sie machte vorsichtig einen Schritt über eine abgestorbene Goldrute hinweg, um ein Stück Papier aufzuheben. Es war von der oberen linken Ecke eines unlinierten Spiralblocks abgerissen worden, doch waren keine Buchstaben darauf zu sehen, sondern schwarze Linien und Punkte, einige gerade, einige wellig, manche formten eine Kante, und irgendwie erinnerte es sie …
Sie blickte zu dem Zug vor ihr auf. Das hintere Ende des Güterwaggons, mit dem Trittbrett und der Kupplung … Jemand hatte einen Zug gezeichnet.
Sie konnte es nicht beweisen ohne den dazugehörigen Zeichenblock, aber sie vermutete stark, dass Van Horn am Vortag eines seiner Lieblingsmotive – einen Zug – gezeichnet hatte. Dabei hatte er vermutlich nahe an den Gleisen gestanden, der Lärm der durchfahrenden Züge hätte alle anderen Geräusche überdeckt, vor allem die des Mörders, der sich anschlich, ihn niederschlug und in ein wartendes Auto verfrachtete. Vielleicht hatte sich die Hand des Opfers in seine Zeichnung gekrallt, das Papier zerrissen. Vielleicht lag der Block noch irgendwo bei den Gleisen. Für sie oder die Beamten war es eine zu große Strecke, um sie abzulaufen. Sie sollte beim Hauptsitz der Preservation Society anfangen, der Ort, den Van Horn wohl am ehesten gewählt hätte, um zu zeichnen.
41
Samstag, 11. September
Frank klopfte an die Tür. Der Bungalow in Brookpark war sorgfältig gepflegt, der Rasen gemäht, das Laub zusammengerecht, ein bisschen Spielzeug lag herum, um dem Ganzen einen heimeligen Anstrich zu geben. Zumindest von außen.
Sanchez neben ihm klopfte erneut, und er hoffte, der Ehemann wäre nicht daheim. Bei der Befragung von verheirateten Frauen machten sich nach Franks Erfahrung die Ehemänner immer wichtig. Sie wollten alles wissen. Er wäre der Erste, der zugeben würde, dass Männer durch die Bank paranoid waren. Vielleicht hatten sie das damals gelernt, als man noch vor Säbelzahntigern flüchten musste.
Die Innentür wurde von einer kleinen, schlanken Frau mit hellbraunem Haar und einem pummeligen Baby auf der Hüfte aufgezogen. Die Fliegengittertür blieb allerdings noch geschlossen. Hinter ihr blickte ihnen ein kleiner, ebenfalls recht stämmiger Junge mit dunklen Augen entgegen, der einen Spielzeuglastwagen fest umklammert hielt. Mit ihm musste die Frau schwanger gewesen sein, als sie mit Kim Hammond im Bauamt gearbeitet hatte.
»Sonia Kettle?«, fragte Frank.
»Ja?«
Die beiden Polizisten zeigten ihre Marken,
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