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Flammenbrut

Titel: Flammenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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antworten. Paul wartete einen Augenblick; offensichtlich hoffte er, dass sie etwas sagen würde.
    «Kate? Ich sagte, es tut mir leid.»
    Von der Arroganz, die gewöhnlich in seiner Stimme lag, war diesmal keine Spur herauszuhören. Dennoch rechnete Kate schon damit,
     dass die Sache einen Haken hatte.
    «Es tut dir leid?», war alles, was ihr im Augenblick dazu einfiel.
    «Ja, ich weiß, es kommt ein bisschen spät, aber   … ich wollte es dir nur sagen.»
    Neugierig geworden, lauschte sie nun auf irgendein Anzeichen dafür, dass er schauspielerte. Aber seine Worte hatten nichts
     von ihrer gewohnten Schwülstigkeit.
    «Wie kommt denn das so plötzlich?»
    «Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht, und   …» Er stieß ein verlegenes Lachen aus. «Na schön, es lag daran, dass ich verhaftet worden bin. Wieder verhaftet, sollte ich
     wohl sagen.»
    Kate machte sich auf die Anschuldigung gefasst. Es kam keine.
    «Beim ersten Mal, nachdem ich den Ziegelstein durch dein Fenster geworfen hatte, war mir überhaupt nicht klar, was da vorging.
     Ich habe dir die Schuld gegeben. Du weißt ja, |357| wie ich bin, es ist immer die Schuld der anderen, nie meine eigene.»
    Oberflächlich hatte seine Stimme einen heiteren Klang, aber sie konnte seine Anspannung heraushören.
    «Diesmal war ich so betrunken, dass mich die Polizisten in eine Ausnüchterungszelle gesteckt haben. O Gott, es hat so gestunken,
     und ich konnte all diese Säufer in den anderen Zellen schreien und heulen hören. Dann hörte ich ein paar Cops durch den Flur
     kommen, die sich über den Säufer unterhielten, den sie wegen Einbruchs geschnappt hätten   … Erst als sie meine Zelle aufschlossen, begriff ich, dass sie mich meinten. Und dann setzte ich mich auf und sah, dass ich
     mich vollgepisst und mir auf das Hemd gekotzt hatte.»
    Er brach ab. Kate hörte ihn schlucken.
    «Na, jedenfalls hatte ich Glück, weil es ihnen gelang, den Taxifahrer aufzuspüren, der mich nach Hause gebracht hatte. Er
     hat sich an mich erinnert, weil ich mit ihm gestritten und mich dann in seinem Wagen übergeben habe. War anscheinend genau
     das Richtige.» Er stieß ein freudloses Lachen aus. «Da haben sie mich dann gehen lassen, aber als ich draußen stand, wurde
     mir klar, dass ich weder meine Brieftasche noch Bargeld bei mir hatte, um nach Hause zu kommen. Also stand ich da und habe
     einfach angefangen zu flennen. Wie ein verdammtes Kind. Ich dachte nur: ‹O Scheiße, was mache ich eigentlich?› Ich habe mich
     noch nie zuvor so am Boden gefühlt. Als ich endlich zu Hause war, habe ich also als Erstes alle Flaschen im Haus in den Müll
     geworfen. Jede einzelne. Dann habe ich die Anonymen Alkoholiker angerufen.»
    Er machte eine dramatische Pause, und Kate fragte sich, ob er das alles einstudiert hatte. Als sie nichts erwiderte, räusperte
     er sich und fuhr fort.
    |358| «Ich war jetzt schon bei mehreren Treffen und habe seither nichts getrunken. Sie sagen, man muss zwölf Schritte bewältigen.
     Der schwerste ist zu akzeptieren, dass man ein Problem hat. Und sich bei all den Leuten zu entschuldigen, denen gegenüber
     man sich wie der letzte Arsch benommen hat. Leuten wie dir.»
    Kate schloss die Augen. Es war nicht so, dass sie ihm nicht geglaubt hätte. Nur, nichts von alldem schien für sie jetzt noch
     von Bedeutung zu sein.
    «Ich weiß, dass ich dir das Leben schwergemacht habe», fügte er hinzu. «Nicht nur in letzter Zeit, auch davor.»
    Sie versuchte, sich auf eine passende Antwort zu besinnen. «Das ist alles lange her. Vergessen wir’s einfach.»
    «Nein, ich meine es ernst. Ich war echt ein Arschloch. Ich wünschte, ich könnte die ganze Schuld auf den Alkohol schieben,
     aber das kann ich nicht.»
    Er klang aufrichtig, beinahe flehentlich. Kate seufzte. «Ich bin froh, dass du reinen Tisch machst, Paul.» Und weil sie wusste,
     dass er etwas mehr erwartete, fügte sie hinzu: «Das war sicher nicht leicht.»
    Er lachte und schien erleichtert. «Es war das Schwierigste, was ich jemals getan habe. Ich bin heute Nachmittag zu dir ins
     Büro gefahren, um es dir zu sagen, aber ich konnte mich nicht überwinden hineinzugehen. Nach meinem letzten Besuch hättest
     du mich ja sicher nicht mit offenen Armen empfangen. Außerdem habe ich deinen Freund draußen gesehen, also hielt ich das Ganze
     für keine gute Idee.»
    Der Themawechsel verwirrte sie. Welchen Freund?, fragte sie sich.
    «Du weißt schon», fuhr Paul fort. «Der Typ, mit dem du im

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