Flammenbrut
trug.
Kate starrte das Telefon an, nahm den Hörer auf und wählte eine Nummer. Am anderen Ende klingelte es mehrmals, bis sie schließlich
Lucys Stimme hörte.
«Lucy, ich bin’s, Kate, hör mal, es tut mir leid …», sagte |350| sie überstürzt und brach ab. Lucys Stimme sprach weiter. Kate lauschte noch einige Sekunden der aufgezeichneten Nachricht
und legte dann auf.
Unten waren Caroline und Josefina angekommen. Sie hörte die beiden herumlaufen und reden. Kurz darauf piepte die Gegensprechanlage.
Kate sah, wie das Lämpchen aufblitzte, rührte sich aber nicht von der Stelle. Schließlich hörte es auf zu blinken.
Eine ganze Weile später nahm sie die Kaffeetasse mit der Zigarette darin vom Schreibtisch und spülte sie in der Küche aus.
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|351| Kapitel 20
In Folge der Zeitungsstory verloren sie noch mehrere Klienten. Einer davon war eine Firma zur Herstellung von Schwangerschaftskleidern.
Die Ironie der Situation entlockte Kate beinahe ein Lächeln.
Sie war sich der Tatsache bewusst, dass die Agentur sich dem Stadium näherte, in dem es eher um das Überleben ging als um
die Höhe des Gewinns. Sie wusste, dass sie die Dinge auf aggressivere Weise hätte angehen sollen, indem sie sich aktiv um
neue Klienten bemühte und gleichzeitig die ihr noch verbleibenden Klienten beruhigte. Aber das zu wissen war eine Sache. Sich
dazu durchzuringen, es zu tun, eine ganz andere.
Caroline und Josefina schlichen im Büro auf Zehenspitzen um sie herum, leise und rücksichtsvoll wie Schwestern an einem Krankenbett.
Die Mühe hätten sie sich sparen können. An Kate kam nichts heran. Selbst als ein oder zwei Klienten ihr telefonisch zu ihrer
Schwangerschaft gratulierten, war ihre Freude ein oberflächliches Gefühl, kurzlebig und schal.
Es schien ihr nur schwer vorstellbar, dass seit dem Auftauchen der ersten Poster bloß eine Woche vergangen war. Ihre Welt
beschränkte sich nunmehr auf den Weg zwischen ihrer Wohnung und der Agentur. Kate ging nirgends mehr |352| hin, wenn sie nicht unbedingt musste. Sie ging nicht mehr ins Fitnessstudio, und den Supermarkt suchte sie nur dann auf, wenn
ein leerer Kühlschrank sie dazu zwang. Jeden Tag telefonierte sie mit Collins, in der Hoffnung auf Neuigkeiten. Doch die ließen
auf sich warten.
Aber wenigstens schien die Poster-Flut nachzulassen. Immer weniger neue tauchten auf, und in Kate keimte die vorsichtige Hoffnung,
Ellis würde allmählich das Interesse verlieren. Oder vielleicht gingen ihm auch nur die Ideen aus.
Dann kam der gepolsterte Umschlag mit der Post. Sie hatte gewusst, von wem er war, sobald sie ihn geöffnet und den schweren
Geruch von Benzin wahrgenommen hatte. Das wieder verschließbare Klarsichttütchen darin hatte geleckt, und durch die Folie
konnte Kate die schmierige Asche erkennen. Nur ein Teil dessen, was einmal ein Poster gewesen war, war unversehrt geblieben
– ihr Gesicht. Sie konnte Ellis regelrecht vor sich sehen, wie er das brennende Papier vorsichtig hin und her gedreht hatte,
bis alles außer dem Gesicht den Flammen zum Opfer gefallen war. Dann hatte er es gelöscht, die Asche mit Benzin durchtränkt
und ihr geschickt.
«Das ist doch eine Drohung, oder etwa nicht?», sagte sie, als Collins in der Agentur erschien. Der hysterische Unterton in
ihrer Stimme missfiel ihr. Obwohl sie sich die Hände gründlich gewaschen hatte, fühlten sie sich ölig und schmutzig an.
Collins wirkte ungerührt. «Versuchen Sie erst mal, sich zu beruhigen …»
«Beruhigen?»
«Er versucht, Sie aus der Fassung zu bringen, das ist alles. Er will Ihnen Angst einjagen. Sie haben ihm wehgetan, und |353| jetzt versucht er, sich zu rächen. Wenn er es ernst meinen würde, hätte er längst etwas unternommen.»
«Er hat bereits versucht, meine Wohnung in Brand zu stecken, Herrgott nochmal!»
«Wenn Ellis ernsthaft vorgehabt hätte, Ihre Wohnung abzubrennen, hätte er es bei seiner Erfahrung wohl auch geschafft.»
Kate wollte nichts lieber als ihm glauben. «Sie meinen also, ich hätte keinen Grund zur Sorge?»
«Nein, nur dass Sie die Dinge in die richtige Perspektive rücken sollen. Diese Poster sind schlimm, und ich weiß, dass sie
Ihrem Geschäft geschadet haben. Aber Ihnen können sie nichts anhaben.»
Sie deutete auf den Plastikbeutel auf ihrem Schreibtisch, in dem jetzt die verbrannten Überreste des Posters als Beweismaterial
gesichert waren. «Und was ist
damit
? Es ist doch so, als würde er mir
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